Julia und Britta blieben noch etwa einen Stunde, dann verabschiedeten sie sich gemeinsam mit Tobias und drei weiteren ehemaligen Mitschülern von den anderen, auch Frau Igel und der ehemalige Klassenlehrer begleiteten sie, als sie sich auf den Weg zum Parkplatz machten.
„Die Julia, die sieht man ja jetzt auch oft hier!“, lachte Frau Igel und wäre fast gegen die Türe gerannt, als sie das Gebäude verlassen wollte.
„Guckt mal, die sind hässlich!“, rief Tobias und zeigte auf die vier Statuen, die noch genau so unheimlich wirkten wir zuvor.
„Ja, Geschmack scheint unser neuer Herr Dirokter, ähm Herr Direktor, nicht zu haben,“ sagte Frau Igel kichernd und klammerte sich an den Arm ihres Kollegen.
„Spätestens nach den Ferien ist ihr das Verhalten peinlich,“ dachte Julia mit einem Grinsen und sah, dass auch Britta sich mühsam das Lachen verkniff.
Jedoch die Statuen sah sie lieber nicht an. „Solchen Dingen gehe ich aus dem Weg, außerdem, was erwarte ich denn? Dass die Augen rot leuchten?“, fragte sie sich und war froh, als sie und Britta bald darauf im Auto saßen und nach Hause fuhren, während Tobias, in seinem guten Anzug, auf das Motorrad, das Britta zuvor noch so bewundert hatte, stieg.
„Für den hast du damals ja ganz schön geschwärmt,“ lästerte Britta, als sie vom Parkplatz auf die Straße fuhren. „Ich weiß noch, wie du in deine Hefte lauter Herzchen mit seinem Namen gemalt hast!“
„Wenn man noch so klein ist wie ich damals, dann darf man das! Außerdem liebe ich inzwischen nur noch meinen Sebastian!“, verteidigte sich Julia und lachte, als eine Schneeflocke auf ihrer Windschutzscheibe landeten.
„Ich glaube, wir bekommen weiße Weihnachten!“, freute sie sich.
„Das wäre toll,“ antwortete Britta.
„Ich finde es übrigens auch toll, dass Jonas gekommen ist. Damit hätte ich ehrlich gesagt gar nicht gerechnet, aber er tut mir leid, dass er noch einmal gegen einen Dämon kämpfen musste, der eine hat doch gereicht!“
„Ja, er hat auch ziemlich....fertig ausgesehen, als er davon erzählt hat,“ sagte Julia nachdenklich. „Ich glaube, diese ganze Sache, Auserwählter hin oder her, das macht ihm doch mehr zu schaffen, als er zugegeben hat. Ich möchte nicht mit ihm tauschen!“
„Ich auch nicht,“ gab Britta zu.
Zwei Stunden später, es ging bereits auf 1 Uhr zu, verließen als letztes auch die Organisatorin Diana sowie Nils und Alex das Klassenzimmer und Diana schloss die Türe ab.
„Jetzt geht es ab ins Bettchen,“ freute sich Alex und grinste Nils an. „Du bist doch mit dem Auto da, kann ich fahren? Ich kann das auch betrunken!“
Diana schüttelte den Kopf. „Das sollte man aber nicht machen, da kann man schlimmer Unfälle mit verursachen, das ist ganz gefährlich, sagte sie mit erhobenem Zeigefinger, jedoch dieses entlockte Alex nur ein müdes Lächeln.
„Spießerin,“ murmelte er und Diana sah ihn empört an.
Gemeinsam traten sie auf den Schulhof und zogen die Türe hinter sich zu. „Morgen komme ich noch zum Aufräumen, dann ist die Schule für dieses Jahr endgültig geschlossen,“ stellte sie zufrieden fest.
„Das fand ich früher immer so schön, der letzte Tag vor den Ferien!“
„Ist ja auch klasse, aber ich muss noch mal! Geht Ihr doch mal vor, ich komme gleich nach,“ lallte Nils und torkelte davon.
„Die Toiletten sind doch drinnen, empörte sich Diana, jedoch Alex zog sie hinter sich her. „Wir Jungs können das auch draußen,“ sagte er mit wichtiger Miene.
„Wisst ihr was, ihr seid beide sturzbetrunken, ich fahre euch nach Hause, da können wir uns noch unterhalten! Wir warten am besten in meinem Auto auf Nils!“, schlug Diana vor und überhörte die letzte Bemerkung von Alex.
Nachdem Nils in den Büschen am Rande des Schulhofes direkt neben den Statuen sein Bedürfnis erledigt hatte blieb er vor diesen stehen.
„Ihr seid wirklich ganz schön hässlich, und es ist echt nicht nett, was ihr da mit dem Kleinen macht!“, lallte er und deutete auf die kniende Statue.
Dann bückte er sich und hob einen Stein auf. „Euch werde ich es zeigen, arme hilflose Merschen, ähm Menschen zu quälen!“
Er warf den Stein und traf die Henkersstatue mit der Axt, die ihre Hand ins Haar des Jungen gekrallt hatte, am Bauch.
„Blöde Teile!“, lachte Alex. „Aber jetzt machts gut, Jungs, ich muss nach Hause gehen! Tschüs!“
Er winkte den Statuen zu und wollte sich gerade umdrehen, als er vor Schreck erstarrte.
Mit einem Mal leuchteten die Augen der Henkersstatue rot und die Hand löste sich vom Haar des Verurteilten, leuchteten nicht auch dessen Augen, allerdings in einem weißen Licht, während nun auch die der beiden anderen Statuen rot glühten?
Das konnte doch gar nicht sein....
Nils machte einen Schritt zurück und unterdrückte einen Schrei, dann drehte er sich um und stolperte davon, jedoch als nächstes hörte er einen dumpfen Aufprall hinter sich und er sah nun, dass die drei Henker ihren Platz verlassen hatten und ihm folgten.
Das durfte doch gar nicht sein, und so viel hatte er doch gar nicht getrunken! Er wollte schneller laufen, jedoch leider stolperte er und mit einem Mal packte ihn eine Hand und zog ihn wieder auf die Füße.
„Du hast uns beleidigt! Du gehörst uns!“, ertönte eine unheimliche Stimme. Hatte dieses Ding, das sich wie ein Mensch bewegte, tatsächlich mit ihm gesprochen?
Nils wollte schreien, jedoch er brachte vor Angst keinen Ton hervor, und mit einem Mal fühlte er sich vollkommen nüchtern.
„Ich hab nichts gemacht! Es tut mir leid!“, sagte er flehentlich, aber ein anderer Henker, der mit dem Schwert, antwortete mit dröhnender Stimme: „Wir bekommen alle Verbrecher, und du bist einer!“
Jetzt fiel der angstvolle Blick von Nils auf die vierte Statue, auch diese hatte sich verändert, jedoch im Gegensatz zu den anderen sah diese nicht mehr aus, als bestehe sie nach wie vor aus Stein, statt dessen sah sie aus wie ein Junge aus Fleisch und Blut, sein Haar war hellbraun und er trug eine Hose aus blauem und ein Hemd aus braunem Stoff, fast schien es Nils, als würde dieser Junge, der immer noch an den Steinblock gekettet war, ihn mitleidig ansehen.
Dieser Anblick erschreckte Nils fast noch mehr als der der lebendig gewordenen drei Henker, einer von ihnen riss ihn nun brutal zu sich herum und legte eine Hand auf seinen Brustkorb.
„Diese Seele ist für mich!“, war das letzte, was Nils hörte, bevor er starb und ihm die Seele heraus gerissen wurde.....
Diana und Alex warteten bereits eine halbe Stunde und es hatte nun begonnen heftig zu schneien.
Bereits während der letzten zwei Stunden war vereinzelt die ein- oder andere Schneeflocke gefallen, jedoch nun fielen dicke Flocken auf die Windschutzscheibe.
„Dianachen, du bist wirklich süß,“ lallte auf einmal Alex auf dem Beifahrersitz und legte seinen Kopf an Dianas Schulter.
„Lass das! Du bist betrunken,“ beschwerte sich Diana.
Genau so hatte er sich vor Jahren einmal auf der Abschlussfahrt benommen. Da hatte er in betrunkenem Zustand mit ihr herum geknutscht, weiter getrunken und als er zwei Tage später, nachdem er eine Alkoholvergiftung auskuriert hatte, aus dem Krankenhaus entlassen wurde, nichts mehr von ihr wissen wollen.
Tagelang war sie im Anschluss unglücklich gewesen. Aber mittlerweile war sei ein wenig älter und ganz sicherlich würde sie sich nicht noch einmal auf ihn einlassen.
Mit einem Mal hatte Diana es eilig, aus dem Auto zu steigen. „Ich schaue mal nach, wo Nils bleibt!“, sagte sie.
„Na gut, ich komme mit! Muss dich doch beschützen!“, lachte Alex und stolperte hinter ihr her, als sie den Schulhof betrat.
„Nils?“, rief sie, erhielt jedoch keine Antwort.
„Ob er zu Fuß nach Hause gegangen ist?“, wunderte sich Diana. „Aber da hat er einen sehr weiten Weg vor sich.“
Jedoch dann sah sie zu den Statuen herüber, und ihr blieb fast das Herz stehen. Lag dort nicht ein Körper auf dem Boden? Hatte Alex nur zu viel getrunken oder war es ihm schlecht geworden?
Schnell lief Diana, gefolgt von Alex, auf den Regungslosen zu, bückte sich neben ihm und drehte ihn auf den Rücken. „Nils?“
„Niiillllls!“, hallte ihr Schrei durch die Nacht, als sie feststellte, dass er tot war.
Wenig später waren Alex und Diana von Polizisten umringt.
„Wir können auf den ersten Blick nicht erkennen, dass der junge Mann einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könne, aber Sie sagen, er hätte viel getrunken? Vielleicht ist ihm das nicht bekommen, und er hat einen Herzinfarkt bekommen!“, vermutete eine freundliche Polizeibeamtin, die vergeblich versuchte, Diana zu beruhigen.
„Das war so ein schönes Klassentreffen, und jetzt musste es so enden! Das ist einfach nur schrecklich!“, schluchzte Diana.
„Ausgerechnet bei einem Treffen, das ich organisiert habe geschieht so was! Wie stehe ich denn jetzt da? Darin erinnern sich doch bestimmt alle noch, wenn wir uns das nächste mal treffen!“, stammelte sie nun und die Polizistin strich mitleidig über ihren Arm.