Kapitel 197

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Ein paar Tage später, am 30. Oktober, besuchte Julia, bewaffnet mit einem großen Blumenstrauß, ihre Freundin Britta im Krankenhaus. Am frühen Morgen war deren kleine Tochter Anna-Lena zur Welt gekommen.

Die Kleine hatte es eilig gehabt und war ungefähr zwei Wochen zu früh geboren worden, aber es ging ihr und ihrer Mutter offenbar gut.

Voller Neugier auf das Baby betrat Julia das Zimmer, in dem ihre Freundin untergebracht worden war und reichte ihr den Strauß.

Britta saß, mit ihrer Tochter im Arm, auf dem Bett. Sie wirkte ein wenig mitgenommen, freute sich aber über die Blumen und vor allem über Julias Besuch. Julia setzte sich neben ihre Freundin aufs Bett und sah auf das Baby in Brittas Arm.

„Die ist ja niedlich! Die kleine Nase! Und die Bäckchen! Ein bisschen zerknautscht ist sie ja noch, aber süß!“, lobte Julia das Baby von dem sie im Stillen fand, dass es wie ein verschrumpelter Gnom aussah. 

Doch das konnte sie Britta ja schlecht sagen. Außerdem hatte sie sich sagen lassen, dass Babys nach einigen Tagen erst hübsch wurden und am Anfang alle ein wenig zerquetscht wirkten.

„Ja, sie ist wirklich süß! Also ich finde, sie sieht aus wie ein drolliger kleiner Wurzelgnom. Ich nenne sie auch mein Gnömchen! Dennis findet das übrigens gar nicht komisch, er sagt Häslein zu ihr,“ lachte Britta und legte das Baby in ein kleines, neben ihrem Bett stehendes Bettchen.

„War es sehr schlimm?“, erkundigte sich Julia mitfühlend bei ihrer Freundin nach der Geburt.

Britta zögerte einen kurzen Moment. „Also ich hatte es mir im großen und ganzen schlimmer vorgestellt! Allerdings meinte die Hebamme, dass es bei mir fürs erste Mal auch recht schnell und einfach gegangen sei. Da hätte sie schon andere Sachen erlebt....“

Britta gähnte. „Aber ich bin furchtbar müde. Dennis und ich sind gestern Abend nach hier gefahren, und ich war die ganze Nacht über beschäftigt, wenn man es denn so nennen will. Gegen vier Uhr war Anna-Lena dann da. Aber ich habe seitdem kein Auge zugemacht und die ganze Familie hat mich schon besucht. Meine Eltern, die von Dennis, meine Oma....“

„Ich bleibe auch nicht lange! Ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Und mir dein kleines Gnömchen ansehen!“, sagte Julia, als eine empörte Stimme erklang.

„Meine Tochter ist kein Gnömchen! Sie ist ein Häslein! Das sieht man doch!“

Julia drehte sich um und wandte sich an Dennis, der mit einem Tablett, auf dem sich eine Tasse sowie ein Teller mit einem Brötchen befanden, den Raum betrat. 

„Herzlichen Glückwunsch, Dennis. Die Kleine ist wirklich süß!“, sagte Julia und erhob sich.

„Ich komme euch demnächst zu Hause mal besuchen!“

Britta nickte. „Ja, und sprich mal mit Jonas! Macht auch eins, dann schieben wir die Kleinen demnächst zusammen durch die Gegend!“

Julia wollte nichts Falsches sagten, daher verabschiedete sie sich schnell. „Also das werde ich Jonas ganz bestimmt nicht vorschlagen! Wir haben beide erst die zwanzig überschritten und momentan wäre das, bei der ganzen Dämonensache, sowieso das Verkehrteste, was passieren könnte. Obwohl, süß sind sie ja schon, auch wenn sie wie Gnome aussehen. Aber geht das überhaupt, mit Jonas und mir? Immerhin ist er nicht....ganz menschlich. Wäre das Kind dann so wie er? Da fällt mir glatt „Rosemarys Baby“ ein....“

Sie schüttelte den Kopf. Es war Unsinn, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Auch wenn man alles Dämonische weg ließ, waren sie ihrer Ansicht nach noch zu jung und vor allem viel zu kurz zusammen, um an Babys zu denken.

Trotzdem beschloss Julia, am nächsten Tag ein paar Strampler für Brittas Baby zu kaufen. Irgendwie hatten die Babyabteilungen der Kaufhäuser eine anziehende Wirkung auf sie. 

Ein anderer Gedanke kam ihr. Zwar hatte sie noch nicht vor, an die Gründung einer menschlichen oder dämonischen Familie zu denken. Aber in den vergangenen Tagen, wenn sie allein war, hatte sie oft daran gedacht, dass es doch schön sei, Abends nach Hause zu kommen und dort auf Jonas zu treffen.

Dafür hätte sie auch einen längeren Weg zur Arbeit in Kauf genommen. Der Gedanken, morgens neben Jonas auf zu wachen, hatte ebenfalls etwas verlockendes. Doch war es noch nicht zu früh, darüber nachzudenken?

„Vielleicht ist das aber etwas worüber wir wirklich nachdenken sollten. Zusammenziehen und abends aneinander gekuschelt ein zu schlafen....“, dachte Julia mit einem Lächeln.

Doch wäre sie überhaupt für ein solches Zusammenleben geschaffen? Jonas hatte bereits eine Zeitlang mit seiner Ex-Freundin Nadine zusammen gelebt, sie hatte darin überhaupt keine Erfahrung. Auf der anderen Seite reizte sie der Gedanke, einen Alltag mit ihrem Freund zu erleben und diesen Schritt zu wagen.

War es nicht sowieso an der Zeit, dass sie ihr Zuhause verließ? Sei es nun, indem sie zu Jonas zog, oder aber sich eine eigene Wohnung nahm? Gehörte dies nicht irgendwie dazu? Finanziell war sie mittlerweile dazu in der Lage.

„Ich will aber nicht allein wohnen. Mit Jonas, das wäre sehr schön. Eine hübsche Wohnung hat er ja schon. Ob er sich freuen würde, Gesellschaft zu bekommen?“, überlegte Julia und machte sich auf den Heimweg.

Dämonische StatuenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt