Gaku Yashiro (Erased)

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Dieser Oneshot wurde sich gewünscht von lilav100.

Schon als Kind mochte ich Dinge, die Andere anwiderte, das hat sich bis heute nicht geändert. Deshalb ist es für mich nicht sehr verwunderlich, dass ich mich zu meinem Kollegen Yashiro Gaku hingezogen fühle. In der Öffentlichkeit spielt er den freundlichen und verständnisvollen Lehrer, doch in Wahrheit ist er eine sadistische und amoralische Person. Nur wenigen gelang es hinter seine Fassade zu blicken, die meisten von ihnen sind tot. Allerdings schreckte mich diese Tatsache nicht ab, sie machte ihn nur interessanter für mich. Ich selbst verstellen mich auch, um die Menschen in meinem Umfeld nicht zu vergraulen, immerhin unterrichte ich Grundschüler.

Mit einem aufgesetzten Lächeln entließ ich die Schüler vom Unterricht und begab mich ins Lehrerzimmer, wo ich der Person begegnete, die mich so fasziniert.
"Guten Morgen, Yashiro-san", grüßte ich ihn, als ich mich neben ihn auf meinen Platz setzte.
"Auch dir einen guten Morgen, (N/N)-san", tat er es mir gleich.
Mit wenig Begeisterung korrigierte ich einige Arbeiten. Manchmal glaube ich, die Kinder schreiben absichtlich so schlechte Noten. Sie wollen bei mir einfach nicht anständig lernen, obwohl ich mir Mühe gebe den Lernstoff gut verständlich rüberzubringen. Bei Yashiro sind die Schüler viel aufmerksamer, das ist wirklich frustrierend. Mir liegt zwar nicht viel an dem Beruf, dennoch will ich den Kleinen etwas für ihr späteres Leben mitgeben. Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und seufzte. So wird das nie etwas.

"Deine Schüler haben ja schon wieder im Test schlecht abgeschnitten", stellte Gaku, der zu mir rüber sah, fest.
"Ja, ich hab schon alles versucht. Ich weiß langsam nicht mehr weiter", meinte ich wahrheitsgemäß.
"Du wirkst den Schülern gegenüber ziemlich verklemmt, als würdest du ihnen etwas vorspielen, versuch doch einfach du selbst zu sein. Die Kinder werden dich mit all deinen Fehlern akzeptieren. Sollte das nicht funktionieren, dann versuch sie mit Süßigkeiten zu bestechen", meinte er aufmunternd.
Wenn er wüsste, wie Recht er mit seiner Vermutung hat. Ihnen mein wahres Ich zu zeigen, halte ich für keine gute Idee, ich würde garantiert gefeuert werden, wenn ich das täte. Aber wieso fällt ihm der Umgang mit Kindern so leicht? Immerhin spielt er ihnen doch auch nur etwas vor.
"Vielen Dank für den Rat", bedankte ich mich bei ihm, bevor ich mich wieder von meinem Platz erhob.

Ich werde wohl zu dem vorgeschlagenen anderen Mittel greifen müssen, um die Kinder zum Lernen zu bringen. Aus meinen Wagen holte ich eine Tüte mit Süßigkeiten hervor. Diese hatte ich dort nur, weil ich erfahren habe, dass Gaku oft Lollis isst, um keine Zigaretten zu rauchen. Hoffentlich klappt das wirklich, sonst zieht mir der Direktor die Schlinge um meinen Hals noch enger und dann feuert er mich sicher.
Die Süßigkeiten zeigten die gewünschte Wirkung, die Kinder meldeten sich viel öfters und hatten mehr Spaß am Lernen, als zuvor. Es war das erste Mal, dass ich den Unterricht mit einem aufrichtigen Lächeln beendete. Yashiro hat die Denkweise von Kindern bereits sehr gut erfasst, was bei mir keineswegs der Fall war.
Ob es mir je gelingen wird sein Wesen vollends zu begreifen?

Zufrieden lief ich auf den Parkplatz zu, ich hatte glücklicherweise endlich Feierabend. Dort kam mir Gaku entgegen, der mich freundlich anlächelte.
"Und wie waren deine letzten beiden Stunden?", fragte er.
"Sehr gut, du hattest Recht. Die Süßigkeiten haben wahre Wunder bewirkt, die Kinder waren viel aufmerksamer. Vielen Dank. Es sind noch welche übrig, wenn du magst", ich verbeugte mich leicht und hielt ihm anschließend die Tüte mit den Süßwaren entgegen.
"Gern geschehen und Danke. Aber sag mal (N/N)-san, wieso verstellst du dich in der Schule immer?", meinte er nachdenklich, während er sich einen Lolli nahm.
Das Gleiche könnte ich ihn auch fragen, nur kenne ich die Antwort darauf bereits.

"Ich spiele den Kollegen und vor allem den Kindern etwas vor, um sie nicht zu verschrecken. Aber scheinbar bin ich ziemlich schlecht darin", erwiderte ich und hielt meinen Blick gesenkt.
"Nein, ganz im Gegenteil du bist sehr gut darin. Mir ist es selbst erst vor kurzem aufgefallen. Und ich muss sagen, das hat mich neugierig gemacht", kam es von ihm, ehe er sich den Lutscher in den Mund steckte.
Mit so einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte eher angenommen, dass er mich als langweilig deklarieren würde.
"Ich muss offen gestanden zugeben, dass es mir manchmal schwer fällt deine Emotionen zu deuten, Gaku. Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich dich beim Vornamen anspreche."
"Natürlich darfst du es, wenn es für mich ebenfalls gilt. Um ehrlich zu sein, habe ich das gleiche Problem bei dir auch", gestand er.
"Oh, wirklich? Hast du vielleicht Lust mit mir einen Kaffee zu trinken, um uns besser kennenzulernen?", fragte ich schlussendlich.
Er willigte ein und wir beide machte uns auf den Weg.

Das ist also das Resultat, wenn zwei Individuen mit einer ähnlichen Auffassung aufeinander treffen. Beidseitiges Interesse entstand, doch bleibt der Ausgang ungewiss.

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