Kapitel 136 - Samu

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Diese ganze Sache ging Elena noch immer sagenhaft nahe, sie hatte sie nicht überwunden, ganz und gar nicht, doch das konnte man auch kaum erwarten. Sie konnte das immer sehr gut verstecken und kaschieren, aber vergessen war das alles nicht. Ich wollte ihr alles was ich hatte, an Sicherheit, Kraft und Halt geben und hoffte nur, dass wir es gemeinsam schaffen konnten, darüber hinweg zu kommen. Auch ich dachte dann und wann an diese Tage bei Elena, als sie nichts aß, nichts trank, sich übergab, weinte, nicht mit mir redete und wie eine leere Hülle einfach nur existierte. Es war das schlimmste, was ich jemals miterlebt hatte und ich dachte immer es trifft die anderen, doch so einfach konnte man dem Schicksal nicht entgehen. Manchmal tritt es einem direkt ins Gesicht, ohne Vorwarnung und das mit einer Wucht, die man nicht mehr auffangen kann. Ich liebte Elena über alles und es tat mir körperlich weh, sie so zerbrechlich zu sehen und nichts effektiv dagegen tun zu können. Am Flughafen setzten wir uns noch kurz in ein kleines Kaffee, bevor ich durch die Sicherheitskontrolle ging. "Ich schreib dir, wenn ich da bin", streichelte ich über ihre Wange. Nachdem Paul da war und sie wieder so mitgenommen auf dem Boden kauerte, wollte ich gar nicht fliegen, doch sie versicherte mir immer wieder, dass alles in Ordnung sei. Elena zu widersprechen wäre ohnehin nicht zielführend. "Ich würde gerne mitkommen", sagte sie und setzte sich auf meine Schoß. "Wenn du willst, kauf ich dir sofort ein Ticket. Aber one-way", grinste ich und küsste sie sanft. "Irgendwann darfst du mir ein one-way-Ticket kaufen. Nichts lieber als das", lächelte sie und verschloss unsere Lippen erneut. Mein Herz begann zu rasen und in meinem Bauch rumorten die ganzen Schmetterlinge. Schmerzlich lösten wir uns voneinander und gingen in Richtung Kontrolle. "Pass auf dich auf und wenn was ist ruf an. Jederzeit! Ich liebe dich mein Engelchen", streichelte ich über ihr Haar und ihre Wangen, bevor ich sie in eine enge Umarmung an mich zog. "Ich liebe dich auch", flüsterte sie, griff in meinen Nacken und zog mich auf ihre wundervollen Lippen. Am liebsten hätte ich gehabt, dass sie nicht mitgekommen wäre, denn nun fiel es mir nur noch schwerer sie alleine zu lassen. Nachdem wir uns endlich voneinander lösen konnten ging ich Richtung Gate. Nach einigen Stunden war ich auch schon in Helsinki, wo ich so schnell es ging zu mir nach Hause fuhr, doch als ich die Tür aufschloss war es so gähnend leer und niemand war da, der auf mich wartete. Ich fühlte mich etwas einsam und rief Elena sofort an. "Hi, angekommen?", sagte sie gut gelaunt. "Ja bin ich und wo bist du? Gott ich vermiss dich jetzt schon. Hier ist es so leer", schmiss ich mich auf die Couch. "Guck mal in deinen Koffer", lachte sie. "Dieses Mal anders herum?", machte ich die Reißverschlüsse auf und hatte einen meiner Hoodies in der Hand, den ich sofort an meine Nase drückte. Er roch nach dem Waschmittel, welches Elena benutze und nach ihrem Parfüm, aber gleichzeitig auch nach ihrem ganz eigenen, angenehmen Duft. Ich führte mich auf wie ein Teenager und sie genauso, doch es war nicht einfach so getrennt zu leben und sich trotzdem nahe zu sein. Diese Kleinigkeiten, wie ihr Geruch oder Bilder von ihr, brachten mich zum Lächeln und hielten die Sehnsucht auf einem erträglichen Level. "Danke Baby", flüsterte ich fast. "Hast du es gefunden?", fragte sie. "Ja so klein ist der Pulli ja nicht", lachte ich. "Guck mal in die Tasche vorne", gab sie zurück. Ich griff in die Tasche und hielt einen kleinen Zettel in der Hand. 'People think a soul mate is your perfect fit and that's what everyone wants. But a true soul mate is a mirror, the person who shows you everything that is holding you back, the person who brings you to your own attention so you can change your life', war in ihrer unverwechselbaren, geschwungenen Schrift darauf geschrieben und ich las ihn mir immer und immer wieder durch. Elena sagte nichts, doch ich hörte sie atmen, während mein Herz einfach nur unkontrolliert in meinem Brustkorb herumsprang. "Du machst es einem nicht einfach, dich nicht zu vermissen", biss ich mir auf die Unterlippe. "Ich will es dir ja auch nicht einfach machen Herr Haber", lachte sie etwas. "Bekomm ich jetzt immer so eine kleine Nachricht?", fragte ich. "Ja, jedes Mal, wenn wir uns wieder trennen müssen, bis wir das nicht mehr tun müssen. Ich will das mit dir so sehr Samu und ich kann mir nichts schöneres vorstellen als eine Zukunft mit dir", sagte sie ganz ruhig. So überwältig von dem was sie sagte, war ich noch niemals von den Worten einer Frau. Wir hatte die letzten Tage viel über unsere gemeinsame Zukunft geredet, doch sie machte das ganze gerade so richtig real und ich freute mich auf diesen einen Tag, wenn der letzte dieser kleinen Zettel in meinem Pulli versteckt liegen würde und ich sie einfach bei mir in den Arm schließen könnte, immer, jeden Tag.

Beautiful Lifesaver | Samu & Elena (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt