Kapitel 4 - Samu

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Tour-Zeit! Wie ich diese Aufregung, dieses Gefühl dort oben zu stehen, in die Augen der Fans zu schauen vermisst hatte. Ich fühlte mich richtig gut und von Konzert zu Konzert stieg das Selbstvertrauen in der gesamten Band. Immerzu bauschten wir uns gegenseitig auf, nahmen uns in den Arm und waren wie eine kleine Familie, die in dieser Zeit enger den je zusammenhielt. Viele Konzerte waren bereits frühzeitig ausverkauft, weswegen wir einige Zusatztermine spielten, schließlich sollte jeder unserer langjährigen, treuen Fans die Möglichkeit bekommen uns zu hören und zu sehen. So eben auch in Berlin, wo wir schon ein paar Tage früher anreisten, was mir einerseits gefiel, da ich diese Stadt sehr mochte. Ihre Gegensätze waren absolut beeindruckend und machten Berlin irgendwie einzigartig. Andererseits wollte ich mit Vivi, meiner Freundin, noch einige schöne Tage gemeinsam verbringen. Während ich auf Achse war, sahen wir uns immer sehr selten und ich vermisste sie wahnsinnig, doch darauf hatten wir uns beide bewusst eingelassen. Anfangs war sie öfter mit dabei, doch seitdem sie selbst immer mehr in ihrem Job eingebunden war, blieb für diese Zweisamkeit immer weniger Platz. Außerdem hatte ich immer zu das Gefühl, als hätte sie sich an unserer Musik und unseren Auftritten sattgesehen, denn selbst wenn wir in Finnland spielten unternahm sie lieber etwas mit Freunden oder blieb zuhause. Es war ja kein Problem, doch ich hätte mir schon manchmal mehr Unterstützung von ihr gewünscht, aber in letzter Zeit war das mehr Fehlanzeige. In meinem Hotelzimmer packte ich ein paar Dinge aus meinem Koffer, als es an der Tür klopfte. "Überraschung", sahen mir Vivis blaue Augen entgegen, wobei sie mir sofort in die Arme sprang und mich einnehmend küsste. "Was ... warum?", stotterte ich, doch sie küsste mich immer stürmischer, weswegen es nur kurze Zeit dauerte und wir wild übereinander herfielen. Ich liebte sie wirklich von ganzem Herzen, aber seit ein paar Monaten fehlte mir irgendwie diese Leidenschaft, dieser Pepp. Unser Sex war nicht schlecht und schon gar nicht selten, da wir beinahe bei jeder Gelegenheit übereinander lagen, aber er war eben auch schon besser, genauso wie unser restliches Leben. Ich wünschte mir mehr mit ihr, doch so wirklich begeistert davon war sie noch nicht. Im Moment drehte sich eben alles um ihre Karriere, ihre Freunde, ihre Familie ja, eben um sie. Klar, man lebte nicht nur für seinen Partner, aber mehr solcher Kleinigkeiten, wie eben dieser Besuch in Berlin, hätten unserer Beziehung wirklich gut getan. Ich versuchte mich wirklich zu bemühen, mit allen Mitteln, aber vieles war ihr entweder egal, zu öde oder viel zu scheiß kitschig. Aber sollte man die Romantik in einer Beziehung irgendwann vernachlässigen? Ich sah das nicht so und obwohl Vivi mich bei solchen Versuchen ganz schön auflaufen ließ, hielt mich das nicht davon ab es weiter zu tun. Nachdem wir uns wieder voneinander lösen konnten brauchte ich gegen späten Nachmittag etwas frische Luft und musste mir wirklich mal die Beine vertreten. "Müssen wir immer spazieren gehen?", wälzte sie sich immer noch splitterfasernackt im Bett. Sie hatte etwas abgenommen, ihre Rundungen waren eben nicht mehr so wirklich rund und irgendwie turnte ihr laszives Räkeln mich gar nicht mehr so richtig an. "Komm schon, nur eine kurze Runde. Es ist wunderschön draußen", versuchte ich sie zu überreden. "Wollen wir nicht lieber hier noch eine Runde drehen?", zwinkerte sie mir zu. Nachdem wir schon mehrere 'Runden gedreht' hatten war ich wirklich nicht mehr in der Stimmung. "Baby, auf geht's, wir können nicht den ganzen Tag aufeinander liegen", lachte ich, wobei sie enttäuscht aufstand und sich anzog. Schmollend und widerwillig nahm sie meine Hand und begleitete mich nach draußen. Ich liebte es draußen zu sein, entweder unter Menschen oder ganz abgeschieden. Die frische Luft tat sagenhaft gut und nach nur ein paar hundert Metern kamen wir an diesem ebenen, weitläufigen Gelände an. Die Sonne ging gerade unter und es war einfach nur unfassbar schön hier. Ich schaute nach oben und konnte den Mond und einige kleine Sterne sehen. Überglücklich sah ich zu Vivi herunter und zog sie in meinen Arm. Ihre Haare leuchteten in diesem Licht so richtig, sie war wirklich wunderschön. "Starr mich nicht immer so an", blickte sie zu mir auf und lächelte etwas verschmitzt. "Würde ich niemals tun", grinste ich, doch sie erwiderte es nicht, wie schon so oft. Ich liebte Vivi, aber immer mehr hatte ich das Gefühl, dass ihre Gefühle von Tag zu Tag weniger wurden. Ich löste meinen Blick von ihr und sah schräg zur Seite, wo eine junge, blonde Frau im Gras saß und in den Himmel schaute. Mein Gott war diese Frau hübsch und in diesem roten Licht, sah ihr verträumter, sehnsüchtigen Blick in den Nachthimmel nur noch wunderschöner aus. Sofort schaute ich wieder zu Vivi, doch sie hatte gar nicht meine abschweifenden Blicke oder Gedanken gemerkt, drum sah ich noch einmal herüber, wo mich ihre großen, eindringlichen, hellblauen Augen vollkommen einnahmen und beinahe von den Füßen rissen. Was sie wohl gerade dachte, als sie mich und Vivi sah? Machte sie sich überhaupt Gedanken? Sie sah so glücklich aus, so im Reinen mit sich und der Welt, dass ich meine Augen gar nicht von ihr lassen konnte. Selbst als sie zur Seite sah und ihre langen blonden, leicht gewellten Haare ihre schmalen Schulter umspielten konnte ich nicht anders als sie anzusehen. Als wir schon fast vorbei waren rief ich mich wieder zur Vernunft und sah zu Vivi herunter, die immer noch mit genervter Mine zur anderen Seite sah. Sie mochte es noch nie mit mir draußen etwas zu unternehmen, da sie das nicht so genießen konnte wie ich und wenn sie dann mitkam hielt sie mit ihrer schlechten Laune wirklich nicht hinterm Berg. Es war ja nicht dramatisch, doch diese Kleinigkeiten, die mich an ihr störten wurden mir in den letzten Monaten nur noch bewusster und häufiger aufgezeigt. War ich eigentlich mit ihr so richtig glücklich? Oder sie mit mir? Wir sprachen nie darüber, wir redeten generell nie viel über die wirklich wichtigen Dinge, doch so war unsere Beziehung, schon immer. Zurück im Hotel dauerte es nur wenige Sekunden, da hatten wir uns unserer Kleider wieder entledigt. Verdammt ich liebte sie und konnte mir mit niemand anderem mehr vorstellen zu leben, doch würde sich nicht bald etwas ändern, oder würden wie unsere Beziehung nicht bald auf ein höheres Level anheben konnte ich mir nicht vorstellen, wie das weitergehen sollte.

Beautiful Lifesaver | Samu & Elena (Teil 1)Where stories live. Discover now