Kapitel 49 - Elena

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"Mama?", ging ich einige Schritte auf sie zu, bevor sie sich in meine Arme fallen ließ und begann ohne Hemmungen zu weinen. "Oh Gott, was ist denn passiert? Komm schnell rein", stützte ich sie, wobei immer weiter die Tränen ihr Gesicht herunter rannen. Im Wohnzimmer setzte ich sie an den Esstisch, kochte ihr schnell einen Kaffee, hockte mich vor sie und nahm ihre Hände in meine. "Mama, was ist denn? Was machst du hier? Warum hast du denn nicht früher Bescheid gesagt, dass du kommst?", fragte ich ungeduldig. "Ich ... Elli, ich ... Papa ...", brach ihre Stimme ab und sie warf sich wieder um meinen Hals. "Beruhige dich erstmal. Durchatmen ok? Tief ein und aus. Lass dir Zeit", nahm ich ihren Kopf in die Hände und schaute in ihre braun-grünen Augen. Langsam stand ich wieder auf und holte den Kaffee, den ich ihr reichte. "Geht's wieder?", streichelte ich ihr mehr als nur besorgt über ihr dunkelbraunes Haar. Immer noch schluchzte sie wie wild, weswegen ich aufstand und ins Bad lief um eine Packung Tempo zu holen, als mir Samu aus dem Schlafzimmer entgegenkam, den ich total vergessen hatte. "Elena, ist alles in Ordnung?", legte er besorgt seine Hand auf meine Schulter. "Ich weiß es nicht, meine Mutter sitzt gerade völlig aufgelöst im Wohnzimmer, ich glaube es wäre besser, wenn du gehen würdest, ich melde mich später ok", strich ich über seine Wange, woraufhin er sofort nickte. "Gut, wenn was ist, ruf direkt an, ich bin für dich da, wenn du mich brauchst", schloss er mich in seine Arme und sofort bildete sich ein dicker Kloß in meinem Hals. In meinem Kopf spielten sich gerade unendlich viele Szenarien ab, was mit meiner Mutter wohl los sein könnte. "Mach ich", stellte ich mich auf die Zehenspitzen und gab ihm ein Kuss auf die Wange, bevor ich wieder zu meiner Mutter zurückkehrte, die offenbar nicht bemerkt hatte, dass noch jemand anderes in der Wohnung war. "Mama, kannst du mir jetzt vielleicht sagen, was los ist, du machst mir Sorgen." - "Wir, dein Vater und ich, wir haben uns ... voneinander ... getrennt", brach sie wieder völlig in Tränen aus. Ich musste mich verhört haben, das war vollkommen unmöglich. Meine Eltern waren immer das Traumpaar, meine großen Vorbilder, so unheimlich liebevoll, respektvoll, herzlich und zärtlich zueinander. Sie kannten sich schon seit Beginn ihres Studiums, heirateten, als meine Mutter etwa in meinem jetzigen Alter mit mir schwanger war und waren seit dem immer glücklich. Was war da passiert, dass eine solche Ehe zerrüttet wurde? Ich versuchte wirklich stark zu bleiben, damit ich meiner Mutter beistehen konnte, aber es funktionierte natürlich nicht, weswegen sich bei mir alle Tore öffneten und die Tränen nur so meine Wangen herunterliefen. Meine Mutter und ich lagen uns in den Armen und durchnässten uns gegenseitig die Schultern. Es konnte nicht wahr sein, dass sie sich getrennt hatten, das war falsch. "Aber ... Mama, warum?", fragte ich, als ich mich etwas beruhigt hatte. "Als du ausgezogen bist, dann nach München und jetzt hier her und Jannis macht auch bald Abi hatten wir auf einmal wieder so viel Zeit füreinander und das ... es hat nicht mehr so wirklich geklappt, es war nicht wie früher. Ich muss zugeben, dass es nicht mehr perfekt war und wir hätten uns beide mehr Mühe geben müssen", wurde sie von Wort zu Wort klarer. Ich konnte immer noch nicht glauben, was sie mir da erzählte. Es machte immer so einen harmonischen Eindruck, wenn ich mal wieder zuhause war, doch das war alles nur Fassade, oder wie sollte ich das verstehen? "Was ist mit Jannis? Wo ist er?", fragte ich. "Bei seiner Freundin, er wollte nicht mitkommen, er wollte weder mich noch deinen Vater sehen. Vielleicht kannst du ihn mal versuchen zu erreichen, ich mache mir Sorgen", biss sie sich auf die Lippe. "Mach ich, aber Mama, ihr wart doch immer so glücklich oder?" - "Ja schon, aber mit der Zeit, da kann die Liebe eben vergehen, wenn man sie nicht immer, mit allem was man hat, hegt und pflegt. Für mich und deinen Vater war es irgendwann Gewohnheit, es war selbstverständlich und das sollte es niemals werden. Es ist was wunderbares jemanden zu finden, den man von ganzem Herzen liebt und selbst wenn es manchmal schwer ist, muss man darum kämpfen, man muss sich darum kümmern und diesen Zeitpunkt haben dein Vater und ich schlicht verpasst. Ich glaube, ich hätte es noch weiter so laufen lassen, aber als wir so beisammen saßen und darüber sprachen, da war uns beiden klar, dass es kein wir mehr gab", streichelte sie mir über den Arm. Mein Kopf war vollkommen leer, ich konnte es nicht begreifen, was hier gerade abging, das war absolut surreal.

Beautiful Lifesaver | Samu & Elena (Teil 1)Where stories live. Discover now