Kapitel 14 - Samu

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Das mit dem Klavier war eine fantastische Idee. Wir saßen nah nebeneinander und ich zeigte ihr ein paar Melodien die wir gemeinsam spielten. Zwischendurch legte ich ihre Finger auf die richtigen Tasten, was wieder dieses Kribbeln verursachte und spürte, wie sie durch meine Nähe immer wärmer wurde. Der Abend war wunderbar und ich fühlte mich einfach nur befreit von all dem Stress, der jetzt, mit der Tour, den Terminen und vor allem mit dem Rechtsstreit, erst so richtig begann. Mein Kopf war endlich wieder frei.

Gebannt überlegte ich, was ich ihr vorspielen konnte. Ein Love-Song wäre jetzt ziemlich unangebracht, da hätte ich ihr ja direkt ins Gesicht sagen können, dass ich sie süß fand und sie schon jetzt sehr mochte. Vor allem aber war ihr mein Körperkontakt am Tisch sehr unangenehm, wobei es sie hier am Klavier nicht zu stören schien. Die Frau verwirrte nich ganz schön. Ich entschied mich für 'Lifesaver' vielleicht kannte sie es sogar und irgendwie empfand ich es gerade als passend, es war das richtige Lied für diese Situation. Schon lange war ich nicht mehr so glücklich wie im Moment mit Elena, sie war gerade sowas wie mein Lebensretter, obwohl wir uns kaum kannten. Endlich konnte ich wieder unbeschwert nur den Moment mit ihr genießen. Ohne viel überlegen zu müssen spielte ich die Tonabfolgen und wurde ungewöhnlich aufgeregt, bevor ich mit dem Gesang einsetzte. Mein Herz schlug bis zum Anschlag, es war etwas ganz anderes ein Lied nur vor einer Person zu singen, die genau auf jede Kleinigkeit achtete, die dir so nah war. Schließlich räusperte ich mich ein weiteres Mal und sang mit so viel Gefühl, wie ich es schon Ewigkeiten nicht mehr tat. Die Musik spielte in letzter Zeit nicht mehr für mich, es fühlte sich alles falsch an, nur in der Zeit in Australien hatte ich einige neue Ideen, aber jetzt war es ganz anders, mit Elena neben mir war es richtig, die Musik durchflutete meinen Körper mit diesem warmen, angenehmen Bitzeln unter der Haut. Ich schloss die Augen und ließ dieses Gefühl zu. Etwa bei der Hälfte des Songs sah ich kurz rüber zu Elena und stoppte sofort. "Shit, hab ich was falsch gemacht?", legte ich augenblicklich meinen Arm um sie und wischte die Tränen auf ihrer Wange beiseite. Mit tränenunterlaufenen Augen sah sie zu mir auf - meine Güte war sie hübsch - und schüttelte den Kopf, "Sorry, ich ... scheiße ... das war gerade ... ich musste an etwas denken, es ist nicht wegen dir, keine Sorge." Noch bevor ich etwas sagen oder tun konnte stand sie auf und lief ins Bad. In ihren Augen war dieser Schmerz, aber noch so viel mehr, was ich nicht wirklich ergründen konnte. Was ging ihr denn durch den Kopf? Geduldig wartete ich, bis sie nach einiger Zeit mit einem angespannten Lächeln wieder den Raum betrat. "Alles wieder gut?", fragte ich besorgt, machte ein paar Schritte auf sie zu, legte meine Hände an ihre Wangen und sah sie einfühlsam an. "Ja, tut mir leid, es ist nichts, mach dir keine Gedanken. Wirklich", beteuerte sie und streichelte mir dabei liebevoll über den Arm. "Sicher?", fragte ich noch einmal nach. "Ja, sicher. Können wir das vielleicht einfach vergessen. Es hat mir sehr gefallen, wirklich. Du kannst ja sogar richtig singen", zwinkerte sie mir zu und sogleich huschte mir wieder ein Lächeln übers Gesicht. Sofort knuffte ich sie leicht in die Seite, "Es reicht ja wohl um mir meine Brötchen zu verdienen meine Liebe." Elena schaute kurz auf die Uhr und meinte erschrocken, „Schon so spät, ich habe morgen noch einiges vor, ich will dich jetzt ja nicht rauswerfen, aber muss nun wirklich ins Bett." Sie hatte recht, wir hatten total die Zeit vergessen. Ich half ihr noch beim Abräumen, bis sie mich zur Tür begleitete.

Ich drehte mich zum Abschied um und schaute sie intensiv an, „Der Abend war schön und es würde mich sehr freuen, wenn wir das vielleicht wiederholen könnten, oder ich dich bei Gelegenheit zum Essen ausführen dürfte." Ihr Blick wich nun zögerlich aus und sie begann zu reden, „Ich fand den Abend auch unglaublich schön und konnte das alles hier sehr genießen, doch ich möchte und kann mich nicht ein weiteres Mal mit dir treffen, ich denke, dass das einfach keine gute Idee wäre. Das heute war eine Ausnahme, ich konnte und wollte dich nicht unverrichteter Dinge gehen lassen, ich bin kein Unmensch und ich bereue es auch nicht, auf gar keinen Fall tue ich das. Ich habe lange keinen so schönen Abend gehabt und dennoch. Es tut mir sehr leid." Das waren klare und direkte Worte, darauf konnte ich ihr kein Kontra bieten um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Man merkte, dass sie mit Sprache umgehen konnte und ich sah sie einfach nur betrübt und etwas schamvoll an. Ihre fragenden Augen trafen meine und ich versuchte ein Grinsen aufzusetzen. „Schon ok, ich verstehe das, mir bleibt wohl auch nichts anderes übrig, dann werde ich wohl einfach in meinen Erinnerungen weiter schwelgen müssen." Sie musste schmunzeln, kam auf mich zu und nahm mich zaghaft und doch liebevoll in den Arm. Ich erwiderte ihre Umarmung und legte meine Arme fest um sie. Ihr Haar duftete ganz leicht und ihre Nähe fühlte sich einfach richtig an. Es kribbelte wieder ganz leicht, was von den Stellen, an denen wir uns berührten meinen gesamten Körper infizierte. Ihr Kopf war an meine Brust gedrückt und ich hörte ein säuselndes, „Danke für dein Verständnis", bevor sie unsere Umarmung löste.

Vor der Tür atmete ich tief die kühle Luft ein. Es war so ruhig. Ich verstand warum Elena hier wohnte und nicht in dem ganzen Trubel, der in vielen Viertel Berlins tobte. Diese Gegend war friedlich und beruhigend. Auf dem Weg zum Hotel zündete ich mir eine Zigarette an, drückte diese allerdings direkt wieder aus, da ich bei dem Gedanken an Elena gar nicht mehr dieses Bedürfnis danach verspürte. Es verletzte mich schon etwas, dass sie mich nicht nochmal sehen wollte, doch dass ihr der Abend auch gefiel stimmte mich zuversichtlich. Wobei mir ihr Gefühlsausbruch schon zu denken gab, da stand mehr dahinter, viel mehr, doch mit ihrer Offenheit konnte ich zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch nicht rechnen. Deswegen spielte ich die Bilder von eben vor meinem inneren Auge immer und immer wieder ab, bis ich erschöpft in mein Bett sank und von dieser Wahnsinns-Frau träumen konnte.

Beautiful Lifesaver | Samu & Elena (Teil 1)Where stories live. Discover now