150: Bring mich an den Horizont

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"Hallo, Master Gibbs!", begrüßte ich ihn.

"Hallo, Miss Bones", antwortete er.

Ich räusperte mich. Sollte ich ihm verraten, dass Jack und ich mittlerweile geheiratet hatten? Nein, nicht jetzt, dafür hatten wir später noch genug Zeit. "Ist bis jetzt alles gut verlaufen?", fragte ich also.

"Aye, und bei euch?"

"Läuft alles nach Plan. Was ist mit Barbossa?"

Gibbs schlug dem Mann sein Schwert aus der Hand und gemeinsam drängten wir ihn in Richtung Reling, wo Marty schon darauf wartete, ihn zu fesseln.

"Den wird Jack sich vornehmen", erklärte Gibbs kurz.

"Alles klar", sagte ich nickend und half Marty, den Mann an der Reling festzubinden.

Als ich mich dann umsah, sah ich, dass bereits überall auf dem Schiff gekämpft wurde und um ehrlich zu sein, sah es im Moment wirklich sehr gut für uns aus, was wohl daran lag, dass wir mit Abstand in der Überzahl waren. Ich suchte Jack und sah gerade noch so, wie er sich in die Kapitänskajüte stahl. Dass Barbossa von dem Lärm, den wir hier veranstalteten nicht aufwachte, war mir auch ein Rätsel.

Ich drückte den Griff meines Schwertes fester und half nun Elizabeth dabei, einen Mann aus Barbossas Crew in Schach zu halten.

"Jessie, wir konnten uns noch gar nicht richtig begrüßen", sagte sie sofort.

"Ist gerade auch ziemlich ungünstig, aber das holen wir sofort nach", erwiderte ich, nickte in Richtung des Mannes und fuhr mir kurz mit dem Finger an der Kehle entlang.

Dann stieß ich ihm mit einem Schwerthieb sein Schwert aus der Hand. Elizabeth drängte ihn mit ihrem Schwert an die Reling und ich war drauf und dran, ihm die Kehle durchzuschneiden. Aber wollte ich das? Ich hatte schon so viele Menschen auf dem Gewissen. Und das war gewiss nicht gut für meine Seele. Also ließ ich es, nahm mein Schwert in die linke Hand und zückte mit der rechten mein Messer.

Elizabeth verstand sofort. Sie hielt ihn am Hemd fest und ich 'nagelte' ihn mit dem Hemd und dem Messer an der Reling fest. Dann holte Elizabeth ein Seil hervor und fesselte seine Hände und Füße. Der Mann spuckte ihr rücksichtslos und voller Absicht und Abscheu ins Gesicht.

"Mach das nicht noch einmal!", zischten Elizabeth und ich ihn gleichzeitig an und richteten synchron unsere Schwerter auf ihn.

Der Mann starrte uns an. Dann lachten Elizabeth und ich, ließen unsere Schwerter fallen und umarmten uns. Das war jetzt unsere richtige Begrüßung.

Und kurz nachdem wir uns aus der Umarmung gelöst hatten, trat Jack aus der Kajüte heraus. Ich sah sofort, dass er grinste. Das brachte mich dazu, auch grinsen zu müssen.

"Das Schiff gehört uns!", verkündete er stolz.

Hinter ihm kam Barbossa aus der Kajüte getrottet. Er sah ziemlich mies gelaunt aus.

"Männer, macht die Beiboote bereit. Wir sind in der Unterzahl. Wir können das andere Schiff haben, dann sparen wir uns den Kampf", erklärte er.

"Meine Rede", sagte Jack stolz, um Barbossa weiter zu demütigen.

Hector Barbossa war ein schlauer Mann. Er war zwar nicht der Typ, der kampflos aufgab, vor allem nicht, wenn es um die Black Pearl ging - um Himmels Willen! -, aber er wusste, dass er so oder so verlieren würden. Wir waren einfach zu viele. Es würde ihn nur unnötig verletzte Crewmitglieder kosten. Aber so war es auch besser. Ausnahmsweise musste mal kein Blut fließen. Und wir hatten die Pearl für uns. Endlich hatten wir es geschafft. Jetzt konnte alles wieder normal ablaufen. Und ich freute mich darüber. Sehr sogar.

Also machten wir uns daran, Barbossas Crew zu befreien. Sie ließen, betrübt darüber, dass sie keine Chance hatten, die Beiboote zu Wasser. Will nahm Elizabeth in den Arm und zog sie ein Stück zurück, damit ihr niemand noch im Nachhinein etwas antun konnte. Elizabeth nahm meine Hand und zog mich mit zu ihnen.

"Irgendwann wird die Pearl wieder mein sein, Jack, verlass dich drauf", meinte Barbossa und lief an uns vorbei zur Reling.

Jack folgte ihm. "Vielleicht, Hector, vielleicht. Aber für den Moment gehört sie mir. Ganz allein mir. Und du musst einsehen, dass du aufgeben und gehen musst. Die Bright Sea ist ein wundervolles Schiff."

"Kein Schiff der Welt ist wundervoller als die Black Pearl, Jack. Aber wenn sie so wundervoll ist, wie du sagst, könnte ich mit ihr eine Chance haben, mir die Pearl wiederzuholen." Auf Barbossas Gesicht stahl sich ein Grinsen.

"Tu, was du nicht lassen-"

Ein Kreischen ließ uns alle zusammenfahren und kurz darauf sprang Jack, der Affe, in Jacks Gesicht und von da aus auf den Boden. Ich lachte.

"UND NIMM DEINEN VERFLUCHTEN AFFEN MIT!", rief Jack ein wenig angefressen, zückte sofort seine Pistolen und schoss auf den Affen, was natürlich nichts brachte - untot.

Jack kreischte noch einmal und sprang dann auf Barbossas Schulter. Er streichelte Jack über das kleine Köpfchen.

"Wie ich diesen Affen HASSE!", zischte Jack.

Der Affe auf Barbossas Schulter legte den Kopf schief und grinste Jack frech an. Ich musste ein Kichern unterdrücken.

"Man sieht sich immer wieder, Jack, mach's gut", sagte Barbossa noch; dann stieg er seiner Crew hinterher ins Beiboot.

Wir alle traten auf die Reling zu. Barbossa und seine Crew saßen in den Beibooten, welche nun in Richtung Bright Sea ruderten.

"Anker lichten, Segel setzen!", brüllte Jack über das Schiff und vom einen auf den anderen Moment bewegte sich die Crew und eilte auf ihre Posten.

Jack stieg zum Achterdeck hinauf. Ich ließ Elizabeths Hand los und huschte ihm hinterher.

"Macht euch nützlich ihr faulen Deckaffen!", befehligte Jack gerade.

"Wir haben es geschafft", sagte ich grinsend, als ich neben ihm stand.

"Aye, das haben wir", antwortete Jack.

Als das Schiff los segelte, legte er seinen linken Arm um meine Schultern und drückte mich an sich. Mit rechts steuerte er die Pearl. Es war wieder seine Pearl.

"Die Black Pearl gehört dir", stellte ich leicht theatralisch fest und sah, wie Jack grinste.

"Captain, der Kurs?", fragte dann Gibbs, der mit der Crew vor uns stand.

"Der Kurs ist egal", antwortete Jack. "An Deck, ihr Landratten, Männer an die Brasten! Lasst die Segel fallen im vollen Wind!"

Die Männer gingen gut gelaunt durcheinander redend auf ihre Posten und machten, was ihnen gesagt worden war.

Ich für meinen Teil lächelte bloß.

"Und... bring mich an den Horizont", flüsterte Jack, holte seinen Kompass hervor, schaute kurz darauf, klappte ihn zu und steckte ihn wieder weg. "Wir sind schlimme Schurken."

Dann sagten wir gemeinsam: "Trinkt aus, Piraten, yo-ho!"

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Where stories live. Discover now