104: Ohne ihn

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Die ersten morgendlichen Sonnenstrahlen erhellten die Kapitänskajüte der Flying Dutchman. In der Koje lagen Jessie und Hendric. Beide schliefen noch. Jessie hatte Hendric immer noch den Rücken zugedreht. Hendric lag mittlerweile auf seiner anderen Seite, hatte seinen Arm um sie gelegt und hielt ihre Hand. Sein Kopf ruhte auf dem Kissen, teilweise unter Jessies Haaren versteckt. Dann wurde Hendric langsam wach und blinzelte müde umher. Er realisierte, dass er in der Kapitänskajüte war und fand sich neben Jessie in der Koje wieder. Er lächelte und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf.

Ich spürte warme Lippen auf meinem Kopf - Jack? Unmöglich. Ich öffnete vorsichtig die Augen und drehte mich um. Sofort erblickte ich Hendric, der neben mir lag. Sein wirres, rotes Haar strahlte wunderschön im morgendlichen Sonnenlicht und seine grünen Augen leuchteten. Ich lächelte ihn an. Er erwiderte es.

"Es tut gut, dich zu sehen", flüsterte ich.

"Du bist süß", sagte Hendric bloß.

Ich grinste breit. "Sagt der Richtige. Hast du gut geschlafen?"

"Oh ja. Und du?", fragte er zurück.

"Neben dir immer", entgegnete ich und lachte leise, während Hendric grinste.

Und ja, manchmal wirkten wir wirklich so, als könnten wir ein Paar sein, aber nein, wir waren uns schon immer sehr nah und vertraut gewesen. Ich war zwar mal in ihn verliebt gewesen, aber nein. Er war wirklich nur mein bester Freund - und er liebte sowie so Ashton. Aber was hieß hier 'nur'? Schließlich war er der beste Freund, den man sich wünschen konnte! Wir hatten zwar tatsächlich mal vor einiger Zeit so eine Unterart einer Romanze gehabt, aber weit war es nicht gegangen. Und es war auch sehr schnell wieder vorbei gewesen. Vielleicht weil wir beide gemerkt hatten, dass das nicht funktionierte, weil wir einfach viel zu sehr, wie Geschwister waren. Und vielleicht auch, weil Hendric dabei gemerkt hatte, dass er wohl doch nicht auf Frauen stand.

Hendric schloss die Augen. Ich legte meine Arme um ihn und drückte mich an ihn. Ich schloss ebenfalls die Augen. Ich war so froh, dass ich ihn hatte. So verdammt froh. Und ich wollte noch etwas Kraft bei ihm tanken, bevor ich aufstehen und meine Pflichten wieder erfüllen musste. Aber von wegen Kraft tanken. Das hätte ich wohl gerne, denn-

"Jessie!", rief jemand und die Kajütentür wurde aufgerissen.

Welcher Trottel nervte jetzt wohl? Sofort wanderte mein Blick zur Tür und ich konnte Troy ausmachen.

"Troy, verdammt!", rief ich empört. "Ich schlafe, falls es dir noch nicht aufgefallen ist!"

Na gut, eigentlich schlief ich ja nicht mehr. Aber ich ruhte mich aus. Und das ist ja irgendwie... gewissermaßen... verwandt, oder?

"Ich will ja nicht stören, aber erzähl das mal den toten Seelen", sagte Troy, lächelte verlegen und musterte den in meiner Koje liegenden Hendric. "Die haben nämlich schon wieder angefangen zu heulen. Wir müssen sie wieder wegbringen, Jessie."

"Na dann tut's doch! Hopp! Du weißt, wie das geht!", sagte ich und wedelte mit der Hand, zum Zeichen, dass er sich verziehen sollte.

Troy lachte leicht nervös auf. "Nee, Jessie! Das geht nicht. Das kannst du nicht so einfach von uns verlangen. Wozu bist du Captain? Wir können nur ins Totenreich, wenn der Captain das Steuerrad herumdreht. Das bist du."

Ich verdrehte die Augen. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht, Davy Jones zu ermorden?! Gar nichts. Genau! Ich hatte gar nicht gedacht. Dafür hatte ich jetzt den Salat. Seufzend stieg ich aus meiner Koje.

"Ich komme sofort", brummte ich höchst unzufrieden in Richtung Troy, der die Kajüte daraufhin verließ, und zog mich vernünftig an.

"Du schaffst das schon, Kleines", meinte Hendric mit einem aufmunternden Grinsen.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt