94: Am Ende des Regenbogens

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Am nächsten Morgen wachte ich davon auf, dass mir die warme, helle Sonne mitten ins Gesicht strahlte und die Vögel laut zwitscherten. Ich schlug die Augen auf und erkannte als erstes den dicken, großen Regenbogen am blauen Himmel. Auch den Nieselregen gab es noch. Jack und ich waren noch immer in dem kleinen Teich. Jedenfalls zur Hälfte; unsere Oberkörper lagen nämlich draußen auf der Wiese. Und dann realisierte ich, dass ich nackt war. Jack auch. Mist! Barbossa könnte jeden Moment vorbei schauen. Ich setzte mich auf, landete vollständig im Wasser und angelte nach meiner an Land liegenden Kleidung.

Doch es war bei meinem Glück natürlich schon zu spät. Barbossas grinsendes Gesicht tauchte über uns auf. Instinktiv legte ich meine Haare über meine Brüste. Ein Glück, dass sie so lang waren. Dann stieß ich Jack mit dem Ellbogen in die Seite.

"Ouch", murmelte er und schlug dann müde blinzelnd die Augen auf.

"Dass ihr es wagt, Captain Barbossa, eine Lady ohne Kleidung so anzusehen!", sagte ich grimmig, um Barbossa ein schlechtes Gewissen zu machen.

Neben mir rührte sich nun Jack und sah dann wütend zu Barbossa auf: "Starr sie nicht so an, Hector, klar soweit?!"

"Spart euch eure Worte, ihr Turteltäubchen, und zieht euch an. Wir brechen auf."

"Turteltäubchen?!", knurrte ich und versuchte Barbossa mit Blicken zu töten, als er davon ging, doch es funktionierte leider nicht - egal.

Wenig später standen Jack und ich also auch mal bei den anderen. Und das vollständig angezogen. Wir wollten ja um nichts in der Welt die Wanderung verpassen.

"Alle mir nach!", befahl Jack. "Ich weiß, wo es lang geht."

"Jack. Ab jetzt weiß sogar Ragetti, wo es lang geht!", meinte Barbossa.

"Was?!", fragte Ragetti, der offenbar nichts mitbekommen hatte, weil er gerade wahrscheinlich mal wieder irgendeinen Unfug mit Pintel ausheckte. Jedenfalls schien es so.

Ich kicherte.

"Das sieht man ja", zickte Jack.

"Sei kein kleiner, zickiger Pirat, Jackie, und lauf einfach!", befahl ich und schob ihn an.

Das ließ Jack sich natürlich nicht zweimal sagen. Und so liefen wir also mal wieder. Als hätten wir nichts besseres zu tun. Ich summte eine Melodie, weil mir wirklich langweilig war. Es ging über Stock und Stein durch das Regenbogenland, direkt auf das Ende des Regenbogens zu. Nun, man konnte es nicht sehen, weil sich das Ende anscheinend mitten in einem Wald befand, aber wir gingen eben auf genau diesen Wald zu. Wir hatten ja schließlich ein Ziel.

Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf, dachte etwa zehn Stunden zurück und landete bei den Momenten im Teich. Ich erinnerte mich an die schön Zeit im Teich und eine Röte stieg mir ins Gesicht, sodass mir augenblicklich unheimlich warm wurde. Warum musste ich immer so viel denken?! Das regte mich gerade echt auf. Und dann waren es immer nur die einen Momente, die immer wieder auftraten und sich wie nervende, kleine Zwerge tänzelnd vor meinem inneren Auge abspielten, als wollten sie mich ärgern und dafür sorgen, dass mein Geduldsfaden riss. Böse kleine Zwerge. Zwerge in Form von nackter Haut und Liebe. Toll, was meinem Hirn so alles entspringen konnte. Ich würde hier wohl noch verrückt werden. Musste ich dauernd über so einen verfluchten, belanglosen Mist nachdenken? Und ich regte mich mal wieder gedanklich über meine eigenen Gedanken auf. Aye, so etwas konnte auch nur meinem Hirn entspringen.

Ich seufzte. Ich hatte ehrlich gesagt keine Lust mehr zu laufen. Aber was tat man nicht alles dafür, um das Ende des Regenbogens mal mit eigenen Augen zu sehen? Jetzt hatte ich die Chance. Und es lag an mir diese Chance zu nutzen.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt