17: Gefühle

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Für diesen Abend hatte Elizabeth mich zu einem Gespräch - natürlich ganz unter uns - eingeladen. Ich ging also kurz nach Sonnenuntergang zur Reling. Dort hatten wir uns verabredet. Elizabeth saß auf einer von drei Kisten. Die, die in der Mitte stand war mit einem Krug und zwei Bechern bedeckt. Ich setzte mich auf die noch freie Kiste in den Schneidersitz und sah Elizabeth an.

Sie grinste. "Du kannst dir ruhig Saft einschenken, wenn du magst. Jack hat ausdrücklich gesagt, dass ich dir bloß keinen Rum geben soll." Sie lachte kurz.

Ich lachte auch und blickte dann an Elizabeth vorbei zum Achterdeck. Dort stand im Wind Jack - er hatte keine bunte Farbe mehr im Gesicht - und tat seine Arbeit. Als er meine Blicke bemerkte, zwinkerte er mir zu. Ich lächelte zurück und verlor mich ein wenig in seinem Anblick. Ich fand es einfach super anziehend, wenn er steuerte und wusste selbst nicht, warum.

"Hallo? Jessie?" Elizabeth fuchtelte mit ihrer Hand vor meiner Nase herum. 

Als sie dann mit den Fingern schnippte, sah ich auf. "Was?!"

Elizabeth lachte erneut. "Er ist ein ziemlicher Blickfang, nicht wahr?!"

"Und wie", gab ich verträumt zu, woraufhin Elizabeth noch einmal lachte. "Du wolltest reden?", sagte ich dann, schenkte Elizabeth und mir Saft ein, trank einen Schluck und sah sie an.

Sie ahnte wohl, dass ich Gefühle für Jack entwickelt hatte. Wer ahnte das nicht? Jeder konnte es mir ansehen, wenn ich verliebt war. Dafür brauchte man keine besondere Gabe. Bei mir war es einfach immer mehr als offensichtlich. Das nervte manchmal schon ein wenig.

"Ja", meinte sie, nickte in Richtung Jack und sah mich wissend an. "Ich merke, dass du ihn magst. Und ich bin mir sicher, dass er dich auch mag. Also eigentlich will ich dich was fragen... Was ist da los bei euch? Ich erkenne Jack kaum wieder. Du hast einen sehr positiven Einfluss auf ihn, weißt du das eigentlich?"

Ich schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf. Das hatte ich nicht festgestellt. Aber ich kannte ihn ja auch noch nicht so lange, wie Elizabeth.

 "Also klar", fuhr sie fort, "Er tut so, als wäre alles normal, aber ich sehe ihm an, dass etwas nicht zu stimmen scheint. Irgendwas hast du mit ihm angestellt. Und warum macht ihr es euch eigentlich so schwer? Du hast es ihm noch nicht gesagt oder?"

Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. "Ich... weiß es selbst nicht. Ach, momentan weiß ich eigentlich gar nichts. Aber ich habe schon versucht, es ihm zu sagen, aber er... war weg." In meinen Augen bildeten sich Tränen.

"Willst du's mir erzählen?", fragte Elizabeth vorsichtig.

"Ja... ich glaube dann kann ich wieder einigermaßen frei denken, denn es sitzt mir - oh Himmel, klingt das blöd - wie ein Dorn im Herzen..."

"So schlimm?", fragte Elizabeth und lächelte mitfühlend.

Ich nickte.

"Hey, alles wird wieder gut, ich verspreche es dir", sagte Elizabeth und nahm meine Hand. "Erzähl es mir am besten einfach."

Ich nickte. "Also gut, gestern ist er ja mit mir runter gegangen und hat mir ein Hemd geliehen, weil Gibbs mir ja über meines seinen Rum geschüttet hat." Elizabeth nickte. "Als ich ihm dann den Rücken zugedreht habe, um mich halt... umzuziehen, hat er gesagt, dass er ab morgen, also heute, meinen Vater suchen wollte. Ich habe zugestimmt. Er hat gesagt, dass er mich jetzt allein lassen würde. Ich habe nur einen Moment - wirklich nur ganz kurz - überlegt, und dann..." Ich spürte, wie mir bei dieser Erinnerung noch mehr Tränen in die Augen stiegen. Warum weinte ich in letzte Zeit nur so viel? Wahrscheinlich waren meine Gefühle einfach nur extrem überfordert.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt