57: Abschied

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So kam es also, dass die Great Maid zwei Tage später gegen Abend auf eine Küste zu steuerte. Die letzten Tage waren nicht wirklich interessant gewesen. Allerdings ging es mit meiner 'Kur' gut voran. Es gab nämlich sogar ein Erfolgserlebnis: ich hatte zugenommen und sah schon viel besser aus, als vorher. Das hatte mir nämlich noch den gestrigen Tag wundervoll versüßt.

Und so fand ich mich an diesem Abend mit Jack an der Reling wieder. Wir sahen geradeaus auf das Land.

"Wir werden gleich anlegen", sagte Jack. "Ich kenne diese Insel. Sie ist einer der Orte, die ich aufsuche, wenn mir der Rum ausgeht. Ich war schon oft hier und ich wette, Gibbs hat es hier her gezogen, aye, sonst würde mein Kompass uns nicht hier hin schicken. Immerhin lügt er nicht." Er machte eine Pause und musterte die Insel. "Ist 'ne schöne Insel. Es gibt viele kleine Läden und Wirtshäuser. Nur schlafen könnte dort kritisch werden. So weit ich weiß haben die nur eine richtige Unterkunft. Aber wenn die Pearl da ist, können wir dort schlafen. Oh, und der Strand ist schön! Den musst du sehen!", plapperte Jack und warf mir dann einen Blick von der Seite her zu. "Ich rede hier die ganze Zeit mit irgendwelchem belanglosen Zeug auf dich ein, das dich langweilt und kein bisschen interessiert, hab ich Recht?"

"So ein Quatsch, Jackie! Es ist nicht langweilig. Nur vielleicht wirklich ein kleines bisschen belanglos", gab ich grinsend zu und griff nach seiner Hand.

Ich zog den Ärmel seines Hemdes hoch. Dort war das eingebrannte 'P' für Pirat. Ich strich darüber. Oberhalb des 'P's befand sich ein Tattoo. Es zeigte einen Vogel, der bei Sonnenuntergang über das Meer hinweg flog. Und ich versank quasi in diesem schönen Bild. Meine Augen hafteten an seinem Horizont, dann wieder im Meer, dann auf der Sonne, dann auf dem Vogel. Dann strich ich auch darüber.

"Es hat eine Bedeutung, aye?", flüsterte ich.

Jack nickte.

"Erzählst du's mir?", fragte ich und setzte einen Hundeblick auf.

"Vielleicht rätst du zuerst", schlug Jack vor und sah mich herausfordernd an.

"Gut", sagte ich und nickte. "Das Meer steht für deine Liebe zur See. Mit der Sonne bildet es den Horizont. Das steht für deine Sehnsucht in die Ferne und zur Freiheit."

"Nicht schlecht, Liebes. Aber es bedeutet außerdem, dass ich mit meiner Black Pearl bis zum Horizont und noch weiter hinaus segeln kann." Voller Emotionen hob Jack - huch! Jack und Emotionen?! Irgendwas lief hier gerade falsch, oder? - einen Arm, beugte sich ein wenig zu mir herunter und deutete in Richtung Sonnenuntergang, sodass wir beide nun nicht mehr in Richtung Insel sahen. "Und der Vogel steht für Freiheit. Frei, wie ein Vogel eben..." Jack legte seine Zeigefingerkuppe auf den Daumen, sodass wir die Sonne genau im Visier hatten; Jacks Finger bildeten so quasi einen Rahmen. Und ganz schnell huschte für einen Moment ein kleiner Vogel genau vor der Sonne her! "Das war es, Liebes. Das gewisse etwas. Der magische Moment."

Wow. Jack konnte auch sentimental sein. Das, was er mir da erzählt hatte, war wunderschön. Es hatte mich ehrlich gesagt richtig gerührt. Es hatte mein Herz erreicht... Verdammt. Jetzt wurde ich auch schon sentimental. Aber dieses Tattoo würde auch perfekt auf mich passen. Ich liebte das Meer und die Freiheit genau so sehr, wie Jack. Es würde sich gut auf meiner Haut machen. Und da kam mir auf einmal eine Idee.

"Jack. Du sagtest, es gibt dort viele kleine Läden."

"Aye, Liebes."

"Gibt es dort auch jemanden, der Leuten Tattoos sticht?"

"Aye. Ein paar von meinen habe ich auch von dieser Insel. Wieso?", antwortete Jack.

Ich hatte gewusst, dass diese Frage jetzt kam. "Nun, ich ähm... würde auch gerne dein Vogel-Tattoo haben. Ich finde es toll. Es verbindet mich mit Freiheit, dem Meer, mit dir... mit allem, was ich liebe."

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt