6: Nachtgeflüster

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Mein Untergrund war schön warm und gemütlich und bewegte sich gleichmäßig auf und ab. Der Wind wehte sanft durch meine Haare. Das Meer rauschte. Meine nackten Füße wurden ab und an von einer Welle berührt - das Wasser war wohlbemerkt angenehm kühl, aber nicht kalt. Meine Arme umklammerten etwas. Ich wusste aber nicht, was es war. Es fühlte sich warm und weich an. Und wie gesagt bewegte es sich. Ich für meinen Teil wurde aber auch umklammert. Ja, ich spürte ein Paar kühler Hände um meiner Hüfte. Hände? Ach, jetzt wusste ich wieder, wo ich war.

Ich schlug die Augen auf und setzte mich auf.

"Du hast vorhin geschlafen, Schätzchen", sagte Jack, dessen Hände es waren, wie ich gerade realisiert hatte, die mich festhielten.

Schlaftrunken sah ich ihn eine Weile an. Er grinste. Dann kam mir, dass es eventuell ganz angebracht wäre, etwas zu sagen.

"Du nicht?", fragte ich also - einfallsreich, wirklich. Eine großartige Konversation.

"Nein. Aber es ist noch mitten in der Nacht. Vielleicht schlaf ich doch noch ein", meinte Jack.

"Bestimmt", nuschelte ich. "Du... ich muss mal kurz." Ich packte Jacks Hände und befreite mich aus seinem Griff.

"Pass auf, dass du keine wilden Tiere anlockst", neckte mich Jack.

"Dann schick ich sie zu dir, damit sie dir Gesellschaft leisten können und der kleine Jack sich nicht so allein fühlt", neckte ich zurück und grinste.

Widerwillig erhob ich mich und machte mich auf den Weg zu den Palmen, wo ich ich dann im nächstbesten Gebüsch verschwand. Von wegen wilde Tiere... Ich wette, dass jeder, der hier einmal gestrandet war, an einen Baum oder in den Busch uriniert hatte. Also auch Jack. Und hatte er wilde Tiere angelockt? Nein, offensichtlich nicht.

Ich vollendete mein Geschäft und kehrte wenig später zu Jack zurück. Als ich auf ihn zuging, sah ich etwas weiter entfernt sein aufgelaufenes Schiff feststecken. Es sah wundervoll aus. Dunkel, geheimnisvoll und groß mit schwarzen Segeln. Und es war einfach wunderschön. Aber es steckte nun mal fest. Ich verzog das Gesicht. Also das war jetzt schon ziemlich mies für ihn...

Jack saß nun und starrte gen Horizont. Lautlos setzte ich mich neben ihn und konnte den Vollmond in seinen Augen widerspiegeln sehen. Wohlbemerkt in seinen wunderschönen Augen.

"Du willst wieder mit deinem Schiff segeln, stimmt's?", hauchte ich.

Er nickte bloß stumm. Ehrlich gesagt hatte ich mir erhofft, er würde sich erschrecken, oder vielleicht diese Ganzkörpergänsehaut bekommen, die ich bekam, wenn er mir etwas ins Ohr hauchte. Das hatte wohl nicht ganz funktioniert.

"Ich verstehe dich", versuchte ich es erneut wispernd in sein Ohr, um wie er zu klingen.

Doch ich hatte es wohl immer noch nicht geschafft, ihm eine Gänsehaut zu bereiten. Also gab ich es auf. Ich war wohl einfach unfähig. Oder Jack war einfach sehr fähig. Oder er war zu hart und ließ sich nicht so schnell weich kriegen und schmelzen, wie ich. Zu schade... Und ja, ich musste wohl zugeben, dass ich eine Romantikerin war. Und zwar die hoffnungslose Art. Hendric hatte mich immer als 'hoffnungslosen Fall' bezeichnet, eben weil ich leicht zu beeindrucken war, eben weil ich meinen kompletten Verstand verlor, wenn jemand ansatzweise romantisch war, eben weil ich super-schnell dahinschmelzen konnte, wenn jemand süß war. Verdammt! Hendric hatte es aber als positive und sogar sehr süße Eigenschaft gewertet, was mich dann immer wieder aufgemuntert hatte. Aber trotzdem... diese Eigenschaft hatte auch eine negative Seite.

"Meinst du, wir kommen hier weg, Jack?"

"Klar, Schätzchen!", sagte Jack selbstsicher. "Du vergisst, wen du bei dir hast. Captain Jack Sparrow, klar soweit?!"

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt