25: Nachts

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Mein Untergrund war warm und gemütlich und etwas, das sich unmittelbar neben mir befand, bewegte sich gleichmäßig gegen mich und von mir weg, was mich sehr beruhigte. Trotzdem hatte ich das dringende Bedürfnis, einmal aufzustehen und mir die Beine zu vertreten. Ich musste wohl geschlafen haben.

Ich öffnete die Augen. Es war mitten in der Nacht. Im flackernden Licht einer Kerze erkannte ich das Puzzle. Jack und ich waren bestimmt davor grübelnd eingeschlafen. Dieses Puzzle konnte einem aber auch den letzten Nerv rauben. 

Ich erhob mich von Jacks Beinen, auf denen mein Kopf gelegen hatte, gähnte und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Ich betrachtete Jack. Er war doch tatsächlich im Sitzen eingeschlafen. Und er sah ziemlich süß dabei aus. Ich war wirklich glücklich, dass ich ihn hatte. Meine Augen wanderten noch eine Weile an ihm auf und ab und ich musste lächeln.

Dann stand ich auf. Ein Mann aus der Crew, dessen Namen ich nicht kannte, steuerte nun anstelle von Cotton das Schiff. 

Ich ging auf ihn zu. "Hey, Matrose, wann kommen wir in Spanien an?"

"Ich schätze in anderthalb Wochen bei guten Windbedingungen", antwortete er.

Ich nickte. "In Ordnung." Dann wandte ich mich von ihm ab und ging auf die Reling zu.

Es war eine sternklare Nacht. Die kühle, aber durchaus angenehme Nachtluft wehte mir durch die langen, braunen Haare. Das Meer glitzerte im Mondlicht und kleine Wellen brachen sanft am Schiff. Auch den ein oder anderen helleren Stern konnte ich im Meer widerspiegeln sehen. Es war einfach wunderschön. Ich liebte die Nacht. Ich liebte einfach alles an ihr. Die erfrischende Kälte, die Dunkelheit, den Mond und die Sterne. Ganz besonders die Sterne! Sie hatten mich schon immer fasziniert. Und wenn ich könnte, würde ich die Nacht heiraten.

Plötzlich legten sich mir von hinten zwei warme Hände auf den Bauch und ein Kuss auf meine Wange, was mich aus meinen Gedanken riss. Jack hatte das wunderbare Talent, mir ein Lächeln auf die Lippen zu bringen und mich zu verzaubern. Langsam glitten seine Hände an meinem Bauch auf und ab und ich bekam wieder mal eine Gänsehaut. Ich schloss die Augen und die Meeresluft durchströmte meine Lunge. Ein unglaubliches Gefühl von Freiheit erfüllte mich. 

Seine Hände lagen nun links und rechts auf meiner Hüfte. Ganz langsam wanderten sie an meinen Seiten immer höher - was ein wenig kitzelte, aber ich konnte mich noch zusammenreißen - und fuhren nun an meinen Armen entlang. An den Schultern angekommen, tasteten sie sich an meinen Schlüsselbeinen voran auf mein Dekolleté. Dort öffnete er den Kopf des Hemdes, welchen ich angenäht hatte, damit der Ausschnitt nicht so weit war. Folglich konnte man sich denken, dass mir auf dem Dekolleté nun relativ kalt wurde.

Abrupt öffnete ich die Augen und drehte mich zu ihm um. Ich starrte ihn mit großen Augen an. "Jack", murmelte ich und schlang meine Arme um seinen Hals.

"Aye?", meinte Jack und sah verführerisch auf mich herab.

Sein Blick war wundervoll. Mir entfuhr ein Seufzer. Jack beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss direkt unterhalb meines Kiefers und fast auf den Hals. Wow. Das hatte er noch nie getan. Dann richtete er sich wieder auf und grinste mich zuckersüß an. Ich legte meine Hände auf seine Wangen und zog ihn näher an mich heran, sodass wir uns genau ansehen konnten. Seine braunen Augen leuchteten im silbernen Mondlicht. Ich schlang meine Arme wieder um seinen Hals. Jack zog mich auch näher zu sich. Nun waren wir uns so nah, die Körper so eng aneinander gepresst, dass wir wohl wie eine einzige Person aussehen mussten. 

Kurz ließ ich Jack aus den Augen und blickte gen Himmel. Der Mond und die Sterne strahlten um die Wette und ich verlor mich für ein paar Momente in den Weiten des Nachthimmels. Dann merkte ich, wie Jack seine Hand auf den unteren Teil meines Rückens legte, mich an einer Hand festhielt und mich langsam in Richtung Boden sinken ließ. Dies lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Auf seine Lippen stahl sich ein Grinsen, welches ich nur zu gern erwiderte. Vorsichtig legte Jack mich nun komplett auf dem hölzernen Boden ab und beugte sich über mich. Ich faltete meine Hände auf seinem Rücken, drückte ihn an mich und schloss die Augen. Ich konnte es zwar nicht sehen, aber Jack kam mir immer näher. Ich spürte seinen warmen Atem unter meinem rechten Ohr.

"Wann willst du es deinem Vater eigentlich erzählen?", flüsterte er.

Wie kam er denn jetzt darauf?, fragte ich mich selbst, aber flüsterte stattdessen zurück: "Wenn wir ihn gefunden haben und er es verkraften kann."

"Was meinst du wird er dazu sagen?", wollte er wissen.

"Das ist mir ehrlich gesagt egal, Jackie", antwortete ich.

Jack hob den Kopf und musterte mich. "Aye?"

"Aye, solange wir zusammen sind", bestätigte ich und begann, einen seiner geflochtenen Bartzöpfchen um meinen Finger zu drehen.

Jack senkte seinen Blick und versuchte zu sehen, was ich da tat. Das sah ziemlich witzig aus und ich musste lachen.

Jack sah mich an. "Was denn?"

Aber anstatt ihm zu antworten, lachte ich nur noch mehr. Dann drückte er auf einmal und einfach so seine Lippen auf meine - ich vermutete, damit ich aufhörte zu lachen - und wir küssten uns. 

Nach einigen wunderschönen Momenten sah er dann wieder grinsend auf mich herab. "Jetzt weiß ich, was ich tun muss, wenn du mal wieder zu viel lachst oder redest", meinte er.

"Mistkerl", murmelte ich und schnippte ihm gegen die Stirn.

Jack lachte bloß leise in sich hinein; er nahm eine meiner braunen Strähnen zwischen seine Finger, drehte sie einmal um sich selbst und strich mir dann damit sanft über mein Gesicht und mein Dekolleté. Ich kicherte. Jack grinste mich an und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Dann erhob er sich bedauerlicherweise wieder und half mir ebenfalls auf. Mein Blick fiel sofort auf das Steuerrad, wo Gibbs nun mal wieder stand. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er den anderen abgelöst hatte. Hoppla?

Und komischerweise hatten Jack und ich dann gerade dieselbe Idee: wir ließen uns nun nämlich vor dem Puzzle nieder und griffen jeweils nach einem Puzzleteil. Und noch komischer war, dass die beiden Teile genau zusammen passten. Es stand wieder ein neues Wort da. Es lautete: 'amor'.

"Liebe?", fragte ich verwirrt. "Lustiger Zufall."

Jack verdrehte die Augen. "So langsam glaube ich, dieses Puzzle hat ein Gehirn", stellte er fest.

Ich lachte. "Aye. Vielleicht."

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt