140: Der Stolz der königlichen Marine

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"Jessie...", meinte Jack bloß und rollte mit den Augen.

Ich grinste entschuldigend. "Verzeihung!"

Norrington rappelte sich auf und ergriff sofort wieder Jacks Arm. "Das macht ihr nicht noch einmal, PIRATIN!"

"Das überleg ich mir noch, COMMODORE!", erwiderte ich und lächelte eine Spur frech und arrogant.

"Haltet jetzt endlich Euer freches Mundwerk, verdammt nochmal!", meckerte Gilette mich an, packte mich grob am Oberarm und riss mich auf die Füße.

"Es ist unheimlich amüsant zu sehen, wie einfach man euch - die stolze königliche Marine - auf die Palme treiben kann!" Ich grinste und warf Jack einen Blick zu.

Jack grinste mich nun ebenfalls an und schüttelte amüsiert den Kopf. Dann wurden wir weitergeführt. Schließlich wollten wir ja heute noch auf dem Deck ankommen, nicht wahr? Naja, was hieß hier 'wollen'? WOLLEN wollten es ja nur die beiden Pappnasen, die sich für oberwichtig hielten. Pff, wichtig... von wegen!







Und etwa zwei Stunden später hockten Jack und ich in einer neuen Zelle. Die in Port Royal. Hier war es wenigstens ETWAS angenehmer als in der Zelle im Schiffsbauch. Jedenfalls soweit Zellen in irgendeiner Art und Weise angenehm sein konnten.

Ich kniete gerade an der Zellentür, hatte einen Knochen in der Hand und den Arm bis zur Schulter durch die Gitterstäbe gesteckt, um den kleinen Köter mit dem Schlüsselbund anzulocken. Ich pfiff mehrmals.

"Hierher, Fiffi! Hol dir den Knochen. Tante Jessie beißt auch nicht! Hierher, Fiffi!", sagte ich in hoher, freundlicher Stimme, als würde ich mit einem kleinen Kind reden.

"Wäre ich dieser lausige Köter, hätte ich schon längst nicht mehr widerstehen können, Süße!", machte mich ein schmutziger, schmieriger Kerl aus der Nebenzelle an.

"Hey, Freundchen! Lass sie bloß in Ruhe!", mischte sich Jack ein, der bis dato gelassen an der Wand gelehnt hatte, den Arm auf das angewinkelte Bein gestützt und den Hut über das Gesicht gezogen hatte, und sah nun auf, wobei er den Kerl böse anfunkelte. "Sie gehört MIR!"

"So ist es", kommentierte ich, um auch mal etwas dazu gesagt zu haben.

Ich zog meinen Arm zurück in die Zelle, da ich mittlerweile aufgegeben hatte, was den Hund mit den Schlüsseln betraf. Ich kroch zu Jack herüber, welcher sofort schützend seinen Arm um mich legte und mich an sich drückte. Ich lächelte. Sein Beschützerinstinkt kam doch immer wieder durch! Jetzt fehlte nur noch eins: eine Gitarre! Denn mir war unglaublich langweilig. Ich konnte nichts tun.

"Hey! Wachtposten!", rief ich, woraufhin ein Navy-Kerlchen, welches auf uns aufpassen sollte, ankam.

"Was wollt Ihr?", fragte er mürrisch.

"Eine Gitarre. Besorg mir eine Gitarre!", sagte ich.

"Vergesst es, Braunlöckchen", antwortete er und grinste nun amüsiert. "Als ob jemand von euch hier irgendwas bekommt, abgesehen vom Galgen."

"Bitte WIE hast du mich gerade genannt?", fuhr ich ihn an.

"Braun-löck-chen!", wiederholte er, jede einzelne Silbe betonend und grinste noch breiter.

"...Unglaublich", murmelte ich kopfschüttelnd. Dann versuchte ich weiter zu argumentieren: "Du willst einer Lady die letzten Stunden vor ihrer Hinrichtung etwa noch besonders zur Hölle machen, was? Das ist wirklich nicht sehr ehrenvoll."

"Wie gesagt: vergesst es!"

"Ich werde doch sowie so in den nächsten Tagen gehängt. Da kann mir doch wohl noch ein letzter Wunsch erfüllt werden, oder nicht?"

Der Kerl betrachtete mich und zögerte einen Moment. Dann sagte er: "Gut, Ihr bekommt Eure Gitarre, wenn Ihr dann endlich Ruhe gebt." Dann ging er davon.

"Pff... Braunlöckchen", sagte Jack verächtlich.

"D dürftest mich so nennen", erklärte ich und nickte bestimmt. "Aber er nicht!"

"Wie du meinst, Liebes", antwortete Jack und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.

"Miss? Eure Gitarre", sagte der Wachmann, der soeben zurückgekommen war, und schloss die Zelle auf.

Ich ging auf ihn zu und nahm ihm die Gitarre ab. "Sehr aufmerksam von dir", sagte ich und setzte mich wieder zu Jack, der sofort wieder seinen Arm um mich legte.

Während der Mann von der Navy uns wieder einschloss, begann ich die Gitarre zu stimmen. Ich zupfte die Saiten und drehte sie strammer oder lockerer, zupfte, lauschte, drehte, zupfte, lauschte. Bis alle Saiten gestimmt waren.

"Dann lasst mal hören, was Ihr könnt, Piratin", sagte der Navy-Mann und setzte sich an die Wand gegenüber unserer Zelle.

"Du musst nicht nett zu mir sein", meinte ich kühl und gelassen und begann eine Melodie zu spielen.

"Genau. Reiz sie nicht, du wirst es bereuen, mein Freund!", sagte Jack leicht gereizt und funkelte ihn an; mit seiner Hand strich er beschützend über meinen Oberarm.

Derweil begann ich zu meinem Gitarrenspiel zu singen: "Dying young and playing hard, that's the way my father made his life and art. Drink all day and we talk till dark, that's the way the road dogs do it light 'til dark. Don't leave me now, don't say goodbye, don't turn around, leave me high and dry."

Ich warf einen kurzen Blick auf den Kerl von der Navy. Er wirkte doch relativ beeindruckt.

"I'm tired of feeling like I'm freaking crazy, I'm tired of driving 'til I see stars in my eyes, it's all I've got to keep myself sane, baby, so I just ride, I just ride. I hear the birds on the summer breeze, I drive fast, I am alone at midnight. Been trying hard not to get into trouble, but I, I've got a war in my mind. I just ride, just ride." Ich beendete mein Liedchen und sah dann auf.

"Eins muss man Euch lassen: Ihr habt wirklich Talent!", lobte mich das Navy-Kerlchen. "Eigentlich schade, dass Ihr gehängt werden sollt. Ihr wärt eine gute Attraktion."

"Danke", sagte ich, meinte es aber in keiner Weise so - dieser arrogante, eingebildete, hochnäsige Mistkerl konnte mich mal kreuzweise am Allerwertesten lecken.

Ich legte die Gitarre neben mich, kuschelte mich an Jack und vergrub meinen Kopf an seiner Halsbeuge.

"Müde, Jessie, Liebes?", fragte Jack und klang dabei leicht amüsiert.

"Hm-m", machte ich nur, nickte und war schon bald auf dem Weg ins Traumland.

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Lied: Lana del Rey - Ride

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Where stories live. Discover now