127: Bis nachher, Liebes

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"Trinkt das, Jessie Bones", erklärte Tia Dalma und hielt mir den Becher mit dem dampfenden Inhalt hin. "Ihr müsst trinken, wenn es noch warm ist. Es schmeckt nicht sonderlich gut, also erwartet nicht zu viel. Nachdem Ihr es ausgetrunken habt, werdet Ihr eine Gedankenreise machen. Sie dauert wahrscheinlich ein paar Stunden bis Tage, weil Eure Erlebnisse und Erinnerungen zurückkommen. Ihr werdet gleich innerhalb von fünf Minuten eingeschlafen sein, Jessie Bones." Dann drückte sie mir den Becher - der wohlbemerkt echt heiß war - in die Hände und wandte sich an Jack. "Sorg dafür, dass sie alles austrinkt, Jack."

"Klar doch", murmelte er.

Tia Dalma nickte mir einmal zu, verschwand dann und schloss die Tür hinter sich. Jack stand auf und setzte sich auf das Bett. Er sah zu mir runter.

"Trink, Liebes", sagte er leise.

Ich nickte und hob den Becher vorsichtig zum Mund. Ich pustete und starrte in den Becher. Die Wasseroberfläche des Tees schwappte und an der Stelle, an der mein Atem die Spannung zerstörte, breiteten sich nach außen hin immer größer werdende Kreise aus. Ich schluckte. Dann schloss ich die Augen, hob den Boden des Bechers leicht an und schlürfte etwas von dem Tee. Sofort breitete sich in meinem Mund ein ekliger, widerlicher Geschmack aus und ehe ich schlucken konnte, spuckte ich den Tee aus, der daraufhin wohlbemerkt in Jacks Gesicht spritzte.

Jack sah mich leicht genervt an. "Schön, Jessie. Vielen Dank." Er hob den Arm und wischte sich mit dem Ärmel den Tee vom Gesicht.

Ich musste kichern und murmelte: "Tut mir Leid..."

"So eklig?", murrte Jack.

"Jaaa!", meckerte ich.

"Komm schon, Liebes. Trink einfach alles in einem Zug aus und du hast es geschafft", versuchte er mich zu motivieren.

"Hmmm...", brummte ich und sah angewidert in den Becher.

"Jessie...", maulte Jack und verdrehte die Augen. "Ich flöß dir das Zeug sonst gleich zwangsweise ein, also tu es jetzt endlich."

"Ist ja schon gut", murrte ich und hob den Becher erneut an; ich schlürfte und zwang mich den Tee herunter zu schlucken. "Bah", kommentierte ich und sah Jack mit verzerrtem Gesicht an.

Dann trank ich weiter. Ich trank den Rest des Tees nun in einem Zug aus. Dann stellte ich den Becher auf den Nachttisch.

"Wie... lecker."

Jack grinste. "Tja, Liebes. Da musstest du durch."

Ich grinste ebenfalls; dann wurde mein Blick sanft. "Jack...", hauchte ich.

"Aye?", fragte er.

"Komm mal her...", wisperte ich, woraufhin Jack näher zu mir rückte.

Ich ergriff mit beiden Händen seine Hand. Ich spürte schon, dass ich müde und schwach wurde. Jack erwiderte meinen Händedruck.

Ich lächelte zu ihm auf und sprach: "Ich kann es kaum erwarten, mich an alles zu erinnern, Jack."

"Frag mich mal", antwortete Jack und seine Augen huschten über mein Gesicht.

"Es tut mir Leid, dass ich dir nicht von Anfang an geglaubt habe", hauchte ich, doch Jack schüttelte bloß den Kopf.

"Du musst dich nicht entschuldigen, Liebes. Ich hätte an deiner Stelle bestimmt genau so reagiert. Und ich sage dir, mich hättest du nicht überredet bekommen, irgendeinen Tee von Tia Dalma zu trinken", witzelte er grinsend.

Ich lachte leise und kurz auf. Dann schloss ich die Augen, da meine Lider schwer wurden. Ich spürte, wie Jack sanft meine Hand streichelte. Ich fühlte mich wohl und geborgen und war sowas von bereit für meine bevorstehende Gedankenreise.

Dann begann ich ganz leise und schwach zu singen: "Hold me in your arms, love me like your best friends did. Hold me really tight until the stars look big, never let me go. 'Cause, baby, we were born to live fast and die young, born to be bad, have fun, honey, you and me can be one, just believe, come on." Ich öffnete kurz die Augen und sah lächelnd zu Jack.

Er erwiderte meinen Blick. Es schien, als wollte er etwas sagen, ließ es dann aber doch bleiben und sah mich einfach nur liebevoll an. Er strich mir die Haare hinter das Ohr. 

"If you really love me, then don't walk away", sang ich weiter. "I just wanna be yours like I always say: never let me go. Baby, it's a sweet life, sing it like a song. Never let me go, just stay."

Ich lächelte erneut zu Jack hoch und spürte, dass meine Augenlider nun wieder schwerer geworden waren. Auch meine Beine und Arme, ja eigentlich mein gesamter Körper war schwer. Und ich war müde und fühlte mich unheimlich schwach. Als könnte ich gar nichts mehr tun.

"Ich bin bald zurück, Jack", hauchte ich noch einmal grinsend - gut, dass das noch funktioniert hatte.

"So ist es", sagte Jack leise und grinste. "Bis nachher, Liebes."

Dann fielen auch schon Jessies Augen zu, ihr Grinsen verblasste und ihre Gesichtszüge entspannten sich. Sie war weg. Sie begab sich auf eine lange Gedankenreise. Sie war unansprechbar. Unstörbar. Jack schloss seine Hand um ihr Handgelenk und betrachtete sie. Er spürte, wie in ihrem Arm eine Sehne zuckte. Anscheinend durchlebte sie gerade etwas. Ihr Atem floss nun auch schneller, aber dann sofort wieder flacher. Auch ihr rechtes Bein zuckte nun und ihre Augenlider. Das war garantiert normal. Schließlich war sie auf einer Reise. Und nur geistig abwesend. Körperlich war sie da. Körperlich lag sie hier im Bett. Und körperlich wurde sie von ihm festgehalten. Jack hockte noch lange bei ihr und beobachtete sie.

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Lied: Lana del Rey - Never Let Me Go

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Where stories live. Discover now