6: Nachtgeflüster

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Ich verdrehte belustigt die Augen. Das war seine Art. Ich verbrachte zwar erst etwa achtzehn Stunden mit ihm, doch ich war mir sicher, ihn gut genug zu kennen. Aber wirklich gut genug. Er hatte so eine Art. So eine beeindruckende, tolle Art. Eine Art, in die ich mich leider Gottes und vollkommen verliebt zu haben schien. Heiliges Kanonenrohr. Als ob ICH eine Chance bei IHM haben könnte. Absurd. Aber allein schon sich so schnell zu verlieben war absurd. Ich schüttelte den Kopf. Doch was sollte ich jetzt mit meinem Piraten anstellen, um ihn aufzumuntern? Ich hatte nämlich nicht wirklich Lust darauf, mich von seiner Miesepetrigkeit anstecken zu lassen, um ehrlich zu sein. Und plötzlich kam mir eine Idee, wie ein Blitz! 

Ich sprang auf. Jack schien das wenig zu kümmern. Ich ging auf die im Sand liegenden Rumflaschen zu und hob eine davon auf. Dann setzte ich mich wieder zu Jack. 

"Willst du?"

Rum half immer. Er war Pirat. Die meisten Piraten liebten Rum. Ganz besonders er.

Er nickte und nahm mir die Flasche, die ich ihm hinhielt aus der Hand. Gekonnt öffnete er sie mit zwei Fingern und trank einen Schluck. "Es gibt doch nichts besseres auf der Welt!", schwärmte er und als ich ihn mit einem Seitenblick anstarrte, fragte er: "Willst du auch?" Jack bot mir die Flasche an.

"Nein danke, ich muss nachdenken", murmelte ich.

"Komm schon. Es fällt dir damit echt leichter", munterte mich Jack auf.

Na schön, wenn er so darauf bestand... Ich nahm ihm die Flasche aus der Hand und nahm einen großen Schluck.

"Sehr gut", sagte Jack und nahm mir die Flasche wieder ab, um selbst zu trinken.

Und so wechselten wir uns ab, bis die Flasche leer war. Ich hatte mir eine ganze nicht gerade kleine Flasche Rum mit Jack geteilt und war nun... - wie soll man es sagen? - etwas abwesend.

"Du hattest recht!", sagte ich aufgedreht. "Das Zeug macht alles wirklich viel einfacher!"

"Sag ich doch, Schätzchen", sagte Jack

"Mein Lebensretter bist du, Jack", sagte ich noch, dann kippte ich wie tot in seinen Schoß.

Tief und fest schlief Jessie - oder zumindest schien es so. Jack wunderte sich und hob eine Augenbraue. Er betrachtete sie.

"Dass dich so wenig Rum so zu schaffen macht", sagte er kopfschüttelnd und strich ihr durch die Haare und über das Gesicht. "Von wegen Piratin. Ist nicht mal trinkfest." Auf Jacks Gesicht breitete sich ein Grinsen aus.

Leise atmete Jessie ein und aus. Doch war nun für Jack die Chance einzuschlafen noch geringer als vorher. Sanft weckte er sie.

Ich öffnete die Augen und blinzelte heftig. "Wo?" Ich sah mich um und entdeckte Jack. "Oh, hallo, Jack!", sagte ich überrascht.

"Ich glaube das war zu viel Rum für dich, Schätzchen", meinte Jack. "Was hältst du von Schlafen?"

"Schlafen?", wiederholte ich. "Nichts, mein Lieber."

Irritiert sah Jack mich an.

"Tanzen!", rief ich, sprang auf und zog Jack zu mir hoch. "Was sagst du?"

"Wenn du unbedingt willst", murrte Jack.

"Natürlich!"

Anfangs war Jack noch etwas zurückhaltend, was ich echt nicht von ihm erwartet hatte - er wirkte eher draufgängermäßig -, aber dann hüpften und tanzten wir wild über den Strand.

"Was ist mit deinem Fuß?", fragte mich Jack.

"Geht wieder. Außerdem muss man Spaß haben. Das ist die beste Medizin, wie ich hörte", antwortete ich frech, obwohl es auch gut möglich war, dass mein Schmerzempfinden durch den Rum etwas eingeschränkt war.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Where stories live. Discover now