♡113. Die Heiligtümer des Todes

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Albus Dumbledore traf am späten Abend mit wehendem Umhang im Haus der Kerrs ein, kurz nachdem alle Anwesenden das Abendessen beendet hatten. Lily und James hatten sich während des Essens vielen Fragen stellen müssen, da sie aber kaum eine davon beantwortet hatten, herrschte nun leichte Unzufriedenheit im Esszimmer. Dieses Gefühl schien der Schulleiter allerdings nicht zu teilen. Im Gegenteil: zum ersten Mal seit Monaten schien so etwas wie Zuversicht in Albus' Gesichtszügen zu liegen. Lily war nicht die Einzige, der dies auffiel, die anderen Anwesenden sahen Dumbledore ebenfalls aufmerksam an und ihre angespannten Mienen lockerten sich etwas. Albus warf ein freundliches „Guten Abend" in den Raum, doch seine Aufmerksamkeit galt ausschließlich Lily und James. „Habt ihr einen Moment?" Sie nickten und folgten ihm aus der Küche.
„Wir können oben reden", sagte James und ging die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer.
„Ich habe das Diadem von Rowena Ravenclaw gefunden gefunden." Albus kam sofort zu Sache, kaum, dass Lily die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. „Ebenso habe ich mit Severus gesprochen. Tatsächlich ist er derzeit sogar Gast im Hause der Malfoys und kann dort ungestört nach dem nächsten Horkrux suchen, allerdings habe ich ihm nur gesagt, dass wir dringend das Tagebuch von Tom aus dessen Schulzeit brauchen, um einige Rätsel zu lösen und dass wir es in einer Falltür im Salon vermuten. Severus meinte, er wolle gar nicht wissen, woher wir diese Informationen haben, aber natürlich werde er uns helfen. Er wird mich kontaktieren, wenn er es gefunden hat." Albus ließ sich auf dem Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch in der Ecke des Raumes nieder. „Und nun würde ich gerne einen Blick auf den Horkrux werfen, den ihr gefunden habt."
Wortlos griff James in seine Umhangtasche und reichte Albus den Stoffbeutel mit dem Horkrux darin, dieser nahm ihn ebenso vorsichtig entgegen und nahm den Ring heraus, ohne ihn zu berühren. Durch Lilys Visionen wusste er, dass er beim letzten Versuch, den Horkrux anzufassen - in der Zukunft hatte er nicht wiederstehen können, sich den Ring an den Finger zu stecken, um ihn so sicher zu transportieren -, einen starken schwarzmagischen Fluch auf sich gezogen hatte. Ein Fluch, der sich innerhalb von kürzester Zeit in seinem Körper ausgebreitet hätte, wäre nicht Severus Snape gewesen. Eine Weile betrachtete der Schulleiter den Ring schweigend.
„Wusstet ihr, dass die Gaunts die letzten lebenden Nachfahren von Slytherin sind und damit Voldemort der letzte Erbe von Slytherin und leider wohl auch von dessen Gedankengut ist." Dumbledore hatte nachdenklich die Stirn in Falten gezogen. „Ich fürchte, in gewisser Weise war dies alles immer vorherbestimmt. Peverell gegen Peverell. Slytherin gegen Gryffindor. Dass Voldemort von einem Peverell abstammt, könnte allerdings bedeuten, dass die Gaunts im Besitz eines der Heiligtümer des Todes waren. Und wenn mich nicht alles täuscht, haben wir es hier vor uns." Dumbledore zeigte mit dem Zauberstab auf den hässlichen schwarzen Stein im Ring.
„Der Stein der Auferstehung?", fragte James ehrfürchtig. „Du willst damit sagen, dass wir im Besitz von zwei der drei Heiligtümer des Todes sind?"
Albus richtete seine strahlend blauen Augen auf James und Lily, etwas darin schien zu funkeln und einen Moment erinnerte er James an die Person, die Albus vor dem Krieg gewesen war.
„In der Tat sind es drei", sagte der alte Zauberer bestimmt. James' Kiefer klappte herunter. Lily starrte den Professor mit weit aufgerissenen Augen an. Die Ungläubigkeit und der Schock über Dumbledores Worte stand ihnen beiden mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Es tut mir leid, ich hätte damit nicht einfach so herausplatzen sollen", sagte Albus nach einem Blick in die fassungslosen Gesichter seiner Schützlinge. „Ich bin schon so lange im Besitz des Elderstabs, dass er für mich eine vollkommene Selbstverständlich ist, so ähnlich wie der Tarnumhang für dich, James. Jahrzehnte über Jahrzehnte habe ich nach den Heiligtümern gesucht. Einerseits, weil mich die Macht, die von ihnen ausging, fasziniert hat und ich nicht abstreiten kann, dass ich in jungen Jahren selbst nach Macht gestrebt habe, andererseits weil mich die alte und tiefe Magie, die von diesen Gegenständen ausgehen muss, begeisterte. Ich wollte sie erforschen und verstehen, um mehr über unsere Welt und unsere Kräfte zu erfahren." Er machte eine kurze Pause, um über die Worte nachzudenken, die er als nächstes wählen sollte. „Es gibt ein Kapitel in meinem Leben, auf das ich nicht sonderlich stolz bin und von dem nur wenige wissen. In meiner Jugend, nach dem Tod meiner Mutter, habe ich eine Freundschaft gewählt, die mich nicht nur an den Rande meines eigenen Gewissen sondern auch um das Vertrauen meines Bruders gebracht hat. Mein Freund Gellert Grindelwald...." Lily zog bei der Erwähnung des schwarzmagischen Zauberers scharf den Atem ein und Dumbledore unterbrach sich selbst. „Oh, ja, Lily, ich war mit Gellert befreundet, wenn auch nur sehr kurze Zeit. Das Streben nach Wissen und Macht brachte uns zusammen und gemeinsam haben wir nach den Heiligtümern geforscht. Während Gellert diese für seine eigenen Zwecke einsetzen wollte, ging es mir um das Wohl der Gesellschaft. Ich habe meine Lektion durch einen tragischen Schicksalsschlag gelernt. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits eine Vermutung, in wessen Besitz sich der Elderstab befand. Gellert hat sich auf die Suche danach gemacht. Ich erfuhr erst davon, als es bereits zu spät war. Er hatte ihn gefunden und sich tief in die Schwarze Magie verstrickt. Während all der Jahrzehnte, in denen er sein Unwesen trieb, habe ich versucht, ihn zu finden und aufzuhalten. Aber ich wusste auch, dass ich erst meine magischen Fähigkeiten erweitern musste, bis ich in der Lage war, den Besitzer des mächtigsten Zauberstabes der Welt zu besiegen. Und so bin ich schließlich vor vielen Jahren in den Besitz des Elderstabs gekommen. Ein Zauberstab, der einem nur vollkommen folgt, wenn man seinen Vorbesitzer besiegt hat." Albus hob leicht seinen Zauberstab. „Und auch, wenn er mir immer treue Dienste geleistet hat, so nutze ich doch hin und wieder für spezielle Zauber meinen alten Zauberstab." Albus' blaue Augen trübten sich einen Moment. „Der Elderstab hat sich in meinen Händen nie so richtig angefühlt, wie es mein alter Zauberstab tat." Er zog einen weiteren Zauberstab aus seiner Umhangtasche. „Phönixfeder und Weidenholz. Ein wunderbarer Stab." Er lächelte leicht. „Und ich glaube, heute ist der Tag gekommen, ihn wieder vollständig in Besitz zu nehmen."
Albus stand auf und nahm den Elderstab in die Hand.
„James, du bist der rechtmäßige Erbe des Tarnumhangs und ein direkter Nachfahre der Blutlinie der Peverells und das auch noch von beiden Elternteilen. Es wird an der Zeit, dass die Heiligtümer des Todes wieder vereint werden, damit wir es endlich schaffen, Voldemort zu besiegen und in einer friedlicheren Welt zu leben."
„Albus, ich...", versuchte James ihn zu unterbrechen, doch der Angesprochene hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
„Ich kenne niemanden, James, von dem ich sicherer sein kann, dass er mit der Macht, die mit den Heiligtümern einhergeht, besser umgehen kann wie du." Er trat näher und legte James eine Hand auf die Schulter. „Gryffindor hat dich zu seinem wahren Erben bestimmt, weil du genau den Eigenschaften entsprichst, die das ausmachen, was du auch brauchen wirst, um einem Missbrauch von Macht zu widerstehen. Mut, Treue, Loyalität und das Wissen und der Glaube daran, dass alle Menschen gleich viel wert sind. Du hast deine Prinzipen, James. Und du würdest diese niemals verraten, weder für Macht noch Geld. Höchstens um das Leben derer zu retten, die du liebst. Seit Jahrhunderten streben Mitglieder deiner Familie zwar Machtpositionen an und füllen diese auch aus, aber niemals zum Zwecke der Selbstdarstellung oder zum eigenen Vorteil. Nein, deine Familie war niemals machtbesessen. Sie haben diese Positionen nur angestrebt, weil sie die Welt verändern wollten und Gutes kann man leichter bewirken, wenn die richtige Stellung inne hat. Auch ich hatte einmal eben diesen Gedanken, aber ich bin zu schwach, um mit Macht umzugehen. Du bist es nicht, James. Genau dafür wurdest du erzogen. Macht innezuhaben, aber sie niemals zu unterschätzten und niemals zu missbrauchen." Albus machte eine kurze Pause. „Zudem denke ich immer noch, dass es am Ende darauf hinauslaufen wird, dass Lily und du Voldemort besiegen müsst. Slytherins Erbe gegen den erwählten Erben von Gryffindor und dessen wahre Liebe. Und in diesem Fall kann es nicht schaden, wenn du den Elderstab dein Eigen nennen kannst." Albus hob den Zauberstab und sah James fest in die Augen. „Entwaffne mich."
„Albus, ich..., nein, das werde ich nicht." Vollkommen irritiert und weiterhin fassungslos sah James seinen Patenonkel und Mentor an. Eine winzige Sekunde fragte er sich, ob sein Patenonkel verrückt geworden war. „Ich werde nicht einen der größten Zauberer aller Zeiten entwaffnen. Du bist derjenige, der Voldemort besiegen muss, Albus. Niemand anderes außer dir könnte dies." Eine tiefe Furche bildete sich auf James' Stirn. Er verstand nicht, was mit seinem Patenonkel los war. James warf einen hilfesuchenden Blick zu Lily, doch sie stand wie versteinert vor dem Fenster und starrte hinaus.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now