♡109. Visionen

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Mit Beginn der Dämmerung trafen nach und nach alle Mitglieder des Ordens im Fuchsbau ein. Auch Sage, Sirius, Remus und Dorcas, unverletzt. Lily und James hatten sie schon kommen gesehen und waren ihnen entgegengelaufen. Und so lagen sie sich im kalten Oktoberwind mitten auf dem Hof des Fuchsbaus einfach in den Armen. Froh, dass sie alle lebten und einander hatten. Auch wenn es nie wieder sein würde wie vorher. Es gab Freundschaften, die niemals endeten. Weder im Leben noch im Tod.

Albus war schließlich der letzte, der eintraf, als die Küche der Weasleys schon aus allen Nähten zu platzen schien. Alle murmelten aufgeregt vor sich hin, die meisten waren bisher nicht über die neuesten Ereignisse informiert. Als Professor Dumbleodre mit wehendem Umhang die Küche betrat, verstummten alle Gespräche schlagartig und alle Anwesenden richteten die Augen auf ihn.
Er räusperte sich kurz und ließ seinen Blick durch die Runde schweifen.
„Heute ist erneut ein schwarzer Tag in der Geschichte unseres Ordens", begann er mit ernster Stimme, „zwar ist heute glücklicherweise keines unserer Mitglieder körperlich zu Schaden gekommen, aber die seelischen Wunden, die dieser Tag hinterlässt, sind groß. Zum ersten Mal seit Begründung unseres Widerstands müssen wir einen Verrat beklagen. Einen Verrat, der fast drei Menschen das Leben gekostet hätte." Einige Mitglieder zogen scharf den Atem ein, dann erfüllte ein schockiertes Schweigen den Raum. Albus ließ seine Worte einen Moment wirken, bevor er fortfuhr.
„Der Verräter war eine Person, bei der wir niemals damit gerechnet hatten, dass sie zu solch einer Tat fähig sein könnte. Nur einer glücklichen Fügung ist es zu verdanken, dass der Verrat nicht dazu führte, dass wir weitere Opfer durch Voldemort zu beklagen haben. Dies ist der Grund, warum die Schutzzauber eurer Häuser heute alle erneuert werden mussten, denn leider war nicht vollkommen klar, ob wir den Verräter finden würden. Doch ich kann euch versichern, er ist gefunden und wird an einem sicheren Ort verbleiben, bis dieser Krieg endlich beendet ist." Albus atmete tief durch und ließ sich auf einen freien Stuhl fallen.
„Wer?", fragte Alice leise.
„ Pettigrew", Sirius spuckte den Namen fast heraus. Keiner fragte, wer die potentiellen Opfer gewesen waren. Jeder wusste, dass Voldemort hinter Lily und James her war. Es dauerte lange, bevor wieder irgendjemand sprach.
„Peter ist der Geheimniswahrer von Lily und James. Leider heißt dies für sie, dass keiner von ihnen derzeit in ihr Haus zurückkehren kann. Denn ein Wechsel des Geheiminswahrers kann nur erfolgen, wenn dieser entweder tot ist oder freiwillig dem Wechsel zustimmt. So gerne ich Peter dazu zwingen wurde, das Geheimnis aufzugeben, leider besteht diese Möglichkeit nicht. Unser Hauptquartier ist ebenso wie alle Häuser der Mitglieder wieder sicher."
Nicht lange nach den neuen schockierenden Nachrichten kehrten die meisten Mitglieder zurück in die Sicherheit ihrer Häuser und Wohnungen. Sages Eltern hatten angeboten, die Potters in ihrem Haus zu beherbergen. Dort war weit mehr Platz als im Fuchsbau. Doch um Harry nicht unnötig zu wecken, würden sie dies erst morgen in Angriff nehmen. Und so verabschiedeten sich alle. Selbst Arthur und Molly verkündeten, dass es dringend Zeit war, ins Bett zu gehen. Und so blieben nur die Potters und Albus übrig. Dieser sah die Frau seines Patensohnes durchdringend an.
„Lily, du siehst aus, als wäre noch etwas. Ich kann an deinem Gesicht ablesen, dass du noch mehr gesehen hast."
Einen Moment fragte sich Lily, ob sie ihren Geist nicht richtig verschlossen hatte, doch sie wusste, dass Dumbledore niemals seine Kräfte für so etwas einsetzen würde. Sie zögerte einen Moment, doch ein Blick in die Augen von James verriet ihr, dass sie Albus' Hilfe benötigen würden.
Ruhig erläuterte sie ihm, was sie alles gesehen hatte. Hin und wieder rann dabei eine vereinzelte Träne über Lilys Wange. Nur in Albus' Augen war zu sehen, was er empfand, seine Gesichtszüge blieben vollkommen unergründlich. Sie ließ einige Details aus und beschrieb die Geschichte nur oberflächlich.
„Horkruxe also. Ich hätte es mir denken können. Niemand ist jemals tiefer in die Dunkle Magie eingetaucht als Voldemort. Und er hatte bereits während seiner Zeit in Hogwarts ein ungewöhnlich großes Interesse an allem, was mit dem Tod und einem langen Leben zusammenhing." Albus seufzte schwer. „Allerdings macht es dies noch schwerer, ihn endgültig zu besiegen. Wir müssen die Horkruxe aufspüren und vernichten. Und dies ist nichts, was als Auftrag an den gesamten Orden gegeben werden kann. Wir müssen dies mit äußerster Diskretion behandeln, denn ein falscher Schritt und Voldemort könnte unser Vorhaben erkennen."
„Wir werden die Horkruxe suchen, Albus." James' Stimme klang fest und klar. Es war mehr als deutlich, dass er keinen Widerspruch dulden würde.
„Das hatte ich schon vermutet, James. Und ich denke, dass es auch die Bestimmung eurer Familie ist, genau dies zu tun. Es endet, wie es begonnen hat. Gryffindor gegen Slytherin.
Aber ihr solltet Freunde an eurer Seite haben. Menschen, die euch unterstützen und begleiten." Albus' Blick ruhte auf den beiden.
„Nein", sagte Lily mit der gleichen Stärke in ihrer Stimme wie ihr Mann. „Wenn uns etwas passiert, muss jemand da sein, der sich um Harry kümmert. Wir können nicht zulassen, dass er bei meiner Schwester aufwächst. Sollte James und mir etwas zustoßen, sollten Sirius, Remus, Sage und Dorcas da sein, um Harry aufzuziehen. Er soll von Anfang an in seiner Welt aufwachsen, mit dem Wissen, dass seine Eltern ihn so sehr geliebt haben, dass sie einzig und alleine seinen Schutz an erster Stelle sahen." Nun konnte Lily die Tränen nicht länger unterdrücken. Albus nickte. Es gab keinen Zweifel daran, dass er verstand, warum die beiden so handeln mussten.
„Gut, allerdings hoffe ich, dass ihr zumindest meine Hilfe annehmen werdet. Denn bei dem einen oder anderen Horkrux kann meine Hilfe sicherlich nicht schaden. Und ich könnte mir vorstellen, dass wir zum Finden manches Horkruxes auch auf Dritte angewiesen sein werden, wenn ihr euch nicht unnötig in Gefahr bringen wollt." Beide jungen Potters nickten und Albus fuhr fort. „Wir sollten uns überlegen, welche Horkruxe wir wo finden können."
„Ich gehe davon aus, dass es insgesamt fünf sein müssten. Voldemorts altes Schultagebuch, das Diadem von Rowena Ravenclaw, ein Ring mit dem Wappen der Peverells, das Medaillon von Slytherin und als letztes der Trinkpokal von Helga Hufflepuff. Das Diadem dürften wir in der Schule finden, zumindest hat Harry es dort gefunden. Es war im Raum der Wünsche versteckt." In Lilys Kopf begann es zu arbeiten.
„In Ordnung, das Diadem suche ich. Schließlich habe ich problemlos Zugang zu allen Räumen der Schule. Ich werde es an einem sicheren Ort aufbewahren, bis wir wissen, wie wir sie vernichten können" sagte Albus.
„Gut, der Ring scheint im Haus von Voldemorts Großeltern zu sein. Ich gehe nicht davon aus, dass es bewacht ist, also wird es der Horkrux sein, nach dem James und ich zuerst suchen sollten. Bleiben noch das Tagebuch, der Trinkpokal und das Medaillon. In meinen Visionen hat Regulus Black Voldemort verraten, in dem er sich auf die Suche nach dem Medaillon gemacht hat. Er hat es gefunden und es in seinem Elternhaus aufbewahrt. Wir sollten also davon ausgehen, dass es dort ist. Allerdings macht es das nicht gerade einfacher. Das Tagebuch von Voldemort ist durch die Hände von Lucius Malfoy nach Hogwarts geraten, wo Harry es vernichtet hat. Wir müssen also annehmen, dass es sich in seinem Besitz befindet und irgendwo in seinem Haus versteckt ist. Dann hätten wir als letztes den Trinkpokal. Er war im Gringotts-Verlies der Lestranges zusammen mit dem Schwert Gryffindors. Wo er derzeit ist, können wir allerdings nur erahnen."
„Wir werden es herausfinden. Zuerst sollten wir uns aber überlegen, wie wir an die Horkruxe kommen, deren Verstecke wir schon kennen", schlug James vor. Albus nickte leicht.
„Ich denke, es ist das Beste, wenn ihr zuerst zum Haus der Gaunts aufbrecht. Aber ihr müsst euch gut schützen. Die Todesser werden verstärkt nach euch suchen." Die Stimme des weißhaarigen Schulleiters verriet nicht im Geringsten, was er dachte. „Derweil werde ich mich auf die Suche nach dem Diadem machen und mit unserem Spion in den obersten Reihen der Todesser sprechen, ob er eine Idee haben könnte, wo sich weitere dieser Gegenstände befinden könnten."

James Potter und das Erbe GryffindorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt