♡96. Sirius Entscheidung

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Es wurde eine furchtbare Nacht im Hause Potter. Lily erinnerte es an den Tag, an dem ihre Eltern gestorben waren. Obwohl Willow, Potentia und Primus noch lebten, war es tiefe Trauer, die alle empfanden. Niemand wusste, ob sie jemals wieder die alten sein würden. Zumal Lily weiterhin daran zweifelte, dass sie in der Lage sein würde, diesen hochkomplizierten Trank zu brauen. Doch James und ihrer Familie zuliebe musste sie es auf einen Versuch ankommen lassen. Auch wenn ihr dabei immer der 31. Oktober im Kopf herumschwirren würde. Nur noch etwas mehr als drei Monate, also keinesfalls genug Zeit, um den Trank zu Ende zu brauen. James schwankte die ganze Nacht zwischen Schockstarre und Trauer. Er weinte, er verwünschte die ganze Welt und wenige Minuten später starrte er einfach ins Leere. Sirius und Remus wichen ihm keine Minute von der Seite, während die beiden mit ihrer eigenen Trauer kämpften. Lily und Dorcas lenkten sich mit Kofferpacken ab. Nur Harry, den störte das Ganze wenig. Friedlich schlummerte er in seinem Bett. Als Lily alle Schränke ihres Privatbereichs geleert hatte und die Koffer fein säuberlich an der Tür standen, dämmerte bereits der Morgen. Sie hatte ebenfalls einige Gegenstände aus dem Haus verpackt, wichtige Bücher und Erinnerungsstücke. Albus würde einen Kobold von Gringotts schicken, um diese abzuholen. Niemand von ihnen hatte schlafen können. Stundenlang saß James in der Küche, gefangen in seiner Trauer. Die Vorstellung, niemals mehr mit seinen Eltern sprechen zu können, brachte ihn beinahe um den Verstand. Erinnerungen aus seiner Kindheit durchströmten ihn und unterbrachen den unaufhörlich fließenden Tränenstrom. Seine Mutter hatte ihre eigene Karriere aufgegeben, um für James da zu sein. Die Position als Leiterin von St. Mungo hatte Willow lächelnd abgelehnt, es gab wichtigeres in ihrem Leben, auch wenn sie niemals darauf verzichten konnte, anderen zu helfen. Nie hatte sie jemanden weggeschickt, der sie um Hilfe gebeten hatte. Und ohne mit der Wimper zu zucken hatte sie Sirius aufgenommen, als er nach einem heftigen Streit mit seinen Eltern mit gepackten Koffern vor der Tür ihres Hauses stand. Auch wenn Primus' Großeltern und der restliche Black-Clan alles andere als nett zu ihr gewesen waren, so hatte sie doch nie auch nur ein unfreundliches Wort über die Blacks geäußert, schon gar nicht in Gegenwart von Sirius. Willow war warmherzig, gütig, hilfsbereit. Primus ergänzte den Charakter seiner Frau perfekt. Wo Willow hin und wieder etwas zu ernst war, brachte er Lachen und eine gewisse Leichtigkeit in James' Kindheit. Trotz seiner gefährlichen Arbeit und dem damit verbundenen Stress, war er beim Nachhausekommen niemals zu müde, um mit seinem Sohn zu spielen und herumzualbern. Erst als Sirius in sein Leben getreten war, hatte James verstanden, dass die Liebe und Geborgenheit in seinem Elternhaus nicht selbstverständlich waren. Er würde seine Eltern so sehr vermissen. James hatte irgendwann einen Beruhigungstrank genommen und hatte mit Sirius, Remus und Peter, den die Freunde herbeigeordert hatten, die Nacht in der Küche gewacht. Lily betrachtete einen Moment ihren schlafenden Sohn und der Gedanke, dass er weder seine Eltern noch seine Großeltern jemals kennenlernen würde, stieg unheilvoll in ihr hoch. Sie verdrängte den aufkommenden Schmerz und ging nach unten. Schon auf der Treppe hörte sie die Rumtreiber lautstark streiten.
„So viele Jahre, Remus, und erst jetzt offenbart sich, was du wirklich von mir denkst?" Die Stimme klang verletzt. „Nur weil ich ein Black bin, bin ich also nicht vertrauenswürdig? Was ist denn mit dir? Du hast Dumbledores Bitte, bei den Werwölfen zu leben, ohne zu zögern zugestimmt. Das kam mir damals schon sehr verdächtig vor. Jemand in den engsten Reihen von Lily und James muss der Spion sein. Vielleicht ist es ja der kränkliche bemitleidenswerte Remus Lupin, der so ein hartes Schicksal erleiden musste? Aber natürlich ist es viel einfacher, Sirius Black zu verurteilen, denn seine Familie besteht ja ausschließlich aus Todessern, da muss er natürlich selbst auch einer sein. Und nicht einmal die Leben seines besten Freundes, dessen Frau und seinem eigenen Patenkind bedeuten ihm etwas?" Sirius schrie fast. Schnell betrat Lily die Küche. Sirius und Remus standen sich zornesbebend gegenüber, bereit jederzeit auf den anderen loszugehen. Lily schüttelte kurz den Kopf und trat dann genau zwischen die beiden.
„Könnt ihr mir verraten, was das hier soll?" Zornig fauchte sie die beiden Streithähne an. „Ihr verhaltet euch wie kleine Kinder. Niemand in diesem Raum ist ein Spion. Keiner von euch beiden und bestimmt nicht Würmchen." Ihr Blick glitt zu Peter, der zitternd in einer Ecke kauerte, Schweiß stand ihm auf der Stirn. Einen Moment ärgerte sich Lily über sein ängstliches Verhalten.
Sirius und Remus starrten Lily an, als sei ihr plötzlich ein zweiter Kopf gewachsen.
„Du hast Recht", brachte Remus schließlich hervor und hielt Sirius die Hand hin. „Es tut mir leid, ich hätte nicht an dir zweifeln sollen, Sirius. Schließlich habe ich überhaupt keinen Grund dazu und sollte dich besser kennen."
Sirius brummte zustimmend und machte den Eindruck, als wolle er Remus noch einen Moment leiden sehen, aber wenig später umarmten sich die beiden freundschaftlich.
„Wegen des Fidelius", begann Sirius leise, als sie schließlich alle gemeinsam am Tisch saßen, „ich glaube, es wäre besser, wenn jemand anderes eurer Geheimniswahrer werden würde." James, immer noch unter dem Einfluss eines Beruhigungstranks, riss den Kopf nach oben.
„Was sagst du da, Tatze?"
„Ich..." Sirus holte kurz Luft. „Es ist nur, weil jeder erwarten wird, dass ich euer Geheiminiswahrer sein werde. Zudem werde ich verstärkt auf Missionen gehen. Ich denke einfach nur, ihr solltet vielleicht darüber nachdenken, jemanden zu nehmen, bei dem es nicht so offensichtlich ist, dass er eurer Geheiminswahrer ist und bei dem das Risiko, dass er getötet wird, geringer ist."
James schluckte.
„Srius, du bist mein Bruder. Ich weiß, dass bei niemanden das Leben meiner Familie sicherer wäre als bei dir." Sirius schüttelte leicht den Kopf.
„Ich würde für euch sterben, Krone, und das weißt du. Aber euch ist nicht damit gedient, wenn ich getötet werde und euer Geheimnis mit ins Grab nehme."
Lily sah ihren Mann ernst an.
„Er hat Recht, James. Allerdings nicht aus den von ihm genannten Gründen. Es gibt einen viel wichtigeren. Er ist Harrys Patenonkel. Jemand muss da sein, um sich um ihn zu kümmern.
James' Augen verdunkelten sich, bevor sein Blick zu Remus wanderte, doch der schüttelte sofort den Kopf.
„Nie, nie in meinem ganzen Leben würde ich dies können. Nicht weil ich nicht genauso bereit bin, für euch zu sterben wie Sirus, sondern weil ich weiß, dass ich, wenn ich mich verwandle, keinerlei Kontrolle über mich habe. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn euch aus diesem Grund etwas zustößt." Lily nickte. Das konnte sie vollkommen nachvollziehen und auch James schien Verständnis dafür zu haben. Nur, wer sollte nun ihr Geheimnis wahren.
„Peter", sagte Sirius leise. „Niemand wird jemals darauf kommen, dass er euer Geheimniswahrer ist. Er ist unauffällig, ängstlich, kämpft nicht und bestreitet keine Missionen. Peter wäre die beste Wahl."

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now