♡ 35. Ernüchterung

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Am ersten Schultag nach den Weihnachtsferien saßen die meisten Hogwartsschüler gähnend an ihren Haustischen. Viele hatten noch bis in die Nacht die Erlebnisse der Weihnachtsferien ausgetauscht und waren dementsprechend müde. Auch die Freunde hatten nach dem Abendessen noch lange im Gemeinschaftsraum gesessen und waren gemeinsam zum Frühstück erschienen. James wollte sich gerade Kürbissaft einschenken als Albus mit dem Tagespropheten eintraf. Der Gryffindor hatte ihn schon seit Langem abonniert um zu erfahren, was außerhalb der Schule vor sich ging.

Auch andere Schüler erhielten zu diesem Zeitpunkt ihre Ausgaben und plötzlich wurde es totenstill in der Großen Halle. Auch James starrte entgeistert auf das Titelblatt. Wirklich sprechen konnte er nicht. Sirius war schließlich der erste, der James ansprach.
„Was ist passiert? Sag uns was passiert ist!" James schluckte kurz.
„Es gab Angriffe. Die Todesser haben gestern drei muggelstämmige Hexen und Zauberer mit ihren gesamten Familien angegriffen und getötet. Es gibt mehr als dreißig Tote, darunter acht Kinder. Sie haben sogar die Eltern und die Familie der Schwester einer Hexe komplett ausgelöscht." Lily konnte ein Aufschluchzen nicht unterdrücken.
„Der Tagesprophet schreibt, dass diese Hexen offen im Widerstand gegen Voldemort waren und sie deshalb getötet wurden. Er wollte ein Exempel statuieren um andere abzuschrecken", fuhr James fort. Er tauschte Blicke mit seinen Freunden aus. Allen stand das gleiche Entsetzen in die Gesichter geschrieben. Aber noch etwas anderes konnte er sehen: Entschlossenheit. Keiner der Freunde würde von dem Wunsch dem Orden beizutreten Abstand nehmen. Nur Peter wimmerte ängstlich und die Entschlossenheit der Anderen fehlte seinem Blick vollständig.
„Es hat begonnen." Sirius fasste sich als Erster. James nickte und warf einen Blick zum Tisch der Slytherins. Es war der einzige Tisch, wo noch gelacht wurde. Rosier und Lestrange machten ihre üblichen Scherze und sahen so gut gelaunt aus, wie selten. Selbst Snape hatte ein süffisantes Grinsen im Gesicht. James bedeutete Lily und Sirius wortlos zum Slytherin-Tisch hinüber zu sehen.
„Nun wissen wir es leider eindeutig." Lily erbleichte bei seinen Worten, wusste aber dass er Recht hatte.

Plötzlich stand Dumbledore mit ernstem Gesicht auf dem Podium des Lehrertischs. Keiner hatte mitbekommen, dass er die Große Halle betreten hatte.
„Liebe Schüler, leider beginnen wir diesen ersten Schultag mit grauenhaften Nachrichten.
Wie Sie sicherlich gerade alle gelesen haben, gab es gestern furchtbare Angriffe auf einige muggelstämmige Hexen und Zauberer. Dies bedeutet für die gesamte Zaubererwelt eine große Tragödie bisher unbekannten Ausmaßes. Lassen Sie mich Ihnen dennoch versichern, dass nach unserem derzeitigen Wissenstand keiner der Schüler oder Schülerinnen von Hogwarts von diesem Unglück betroffen ist." Ein erleichtertes Seufzen ging bei diesen Worten durch die Reihen der Schüler.
„Wir werden die Schutzmaßnahmen der Schule umgehend verstärken und das Ministerium hat bereits einige Auroren geschickt, die um das Schulgelände patrouillieren. Es gibt somit derzeit keinen sichereren Ort als Hogwarts und für Sie im Moment nichts Wichtigeres als Ihre Ausbildung fortzusetzen", fuhr Dumbledore nach einer kurzen Pause fort. „Wir werden schnellstmöglich Eulen an alle Eltern senden um ihnen zu versichern, dass Hogwarts absolut sicher ist. Sie alle möchte ich bitten, den heutigen Unterricht so gut wie möglich hinter sich zu bringen. Sollten Sie Sorgen oder Nöte haben, sprechen Sie bitte einen der Lehrer darauf an. Man wird Ihnen bestmöglich zur Seite stehen. Allen muggelstämmigen Schülern möchte ich versichern, dass das Ministerium alles unternimmt um ihren Eltern die nötige Sicherheit zu garantieren."
Dumbledores Worte erzielten den gewünschten Effekt, viele Schüler beruhigten sich relativ schnell.

Der Schultag begann für die Freunde mit einer Doppelstunde Zaubertränke. Professor Slughorn schien sich der Ereignisse des Morgens sehr deutlich bewusst zu sein und ließ die Siebtklässler zur Ablenkung einen starken Liebestrank brauen. Mit Begeisterung bewunderte er dabei Lilys neuen Kessel.
„Miss Evans, wie ich gehört habe, durften sie über Weihnachten zu Gast im Hause der wohl besten Zaubertrankbrauerin sein, die ich je kennengelernt habe. Ich hoffe, Willow hat sich die Zeit für ein paar private Unterrichtseinheiten genommen?" Als Lily nickte, wurde sein Lächeln noch breiter.
„Seit Jahren versuche ich sie dafür zu gewinnen, hin und wieder ein paar Unterrichtsstunden über Heiltränke in Hogwarts zu halten. Aber bescheiden wie sie ist, lehnt sie dies immer mit der Begründung ab, ich könne das genauso gut." Er schüttelte immer noch lächelnd den Kopf. „Außer bei Ihnen, Miss Evans habe ich niemals eine solch absolute Begabung für Zaubertränke gesehen, nicht einmal der junge Snape kann hier mithalten. Ich hoffe sehr, sie entscheiden sich für eine Karriere als Lehrer, Miss Evans. Ich brauche irgendwann einen Nachfolger." Lily starrte ihren Professor an. Lehrer. Darüber hatte sie nie nachgedacht. Warum eigentlich nicht? Wieder einmal wünschte sie sich Eltern zu haben mit denen sie über ihre Berufswahl sprechen konnte. Aber selbst wenn ihre Eltern noch Leben würden, hätten sie ihr bei der Wahl eines magischen Berufs auch nicht weiterhelfen können. Hatten sie doch keine Ahnung, was diese Berufe in der Zaubererwelt bedeuteten.
Gegen Ende der Stunde hatten nur Lily, James und Remus einen akzeptablen Liebestrank brauen können. Über Lilys und James Trank geriet der Professor wieder ins Schwärmen.
„Miss Evans, Mr. Potter, ich werde morgen Abend eine kleine Neujahrsparty geben. Ich würde mich freuen, wenn sie dabei wären." Sie nahmen die Einladung dankend an bevor sie den Raum in Richtung der nächsten Unterrichtsstunde verließen.

Professor Flitwick hingegen ließ sich hingegen von den Ereignissen des Morgens überhaupt nicht stören und zog sein normales Unterrichtspensum durch. Die Schüler ächzten unter dem neuen Zauberspruch, den sie anwenden sollten, natürlich wie immer ungesagt. Es handelte sich um einen Zauber mit dem man alles magisch verkleinern konnte. Als James und Lily es wieder einmal relativ zu Beginn schafften diesen Zauber auszuführen, schien Professor Flitwick zwar vollkommen überrascht, sagte aber kein Wort. Es schien, als hätten sich einige der Lehrer mittlerweile daran gewöhnt, dass es keinen Zauber gab, den die beiden Schulsprecher nicht innerhalb kürzester Zeit beherrschten.

Verteidigung gegen die dunklen Künste wurde wie immer mit Spannung erwartet, daran änderte auch die gedrückte Stimmung nichts. Professor Dumbledore ließ sie zu Beginn der Stunde den Patronus-Zauber wiederholen, auch wenn sie diesen schon im November als Thema abgeschlossen hatten. Diesmal schämte sich Lily überhaupt nicht dafür, dass ihr Patronus dem von James ähnelte. Nach dem Quidditch-Spiel und dem Artikel im Tagespropheten wusste sowieso die ganze Schule, dass die beiden ein Paar waren.
„Gut, sehr gut. Nachdem nun alle von Ihnen einen gestaltlichen Patronus beherrschen wollen wir uns einer neuen Herausforderung widmen. Etwas, dass den Meisten von Ihnen vollkommen unbekannt sein dürfte und noch komplizierter ist wie ein gestaltlicher Patronus. Nun, da Voldemorts Anhänger offen auftreten halte ich es für die Pflicht dieser Schule ihnen auch beizubringen, wie sie Hilfe rufen oder vor gefährlichen Situationen warnen können. Dazu habe ich heute einen der Auroren, die vor der Schule postiert sind, gebeten uns behilflich zu sein."

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now