♡ 51. Abschied

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Sie feierten bis zum Morgengrauen. Lily tanzte und tanzte und tanzte. Mit Sirius, Remus, Frank und mit Professor Slughorn. Sogar Professor Dumbledore bat Lily um einen Tanz. Sie war glücklich, auch wenn sie Hogwarts verlassen würde. Ein Blick in das Gesicht ihres Verlobten, der gerade mit Sage tanzte, verriet ihr, dass er genauso fühlte wie sie. Alles was James bei der Abschlussrede gesagt hatte, sprach ihr aus der Seele. In der Muggelwelt war sie immer eine Außenseiterin gewesen, anders als die anderen. In Hogwarts war das anders gewesen, es war mehr ihr Zuhause als Cokeworth es jemals gewesen war. Ihr Blick wanderte zu Sage und Morgen und dann zu Sirius und Remus. Sie hatte Freunde gefunden, bessere als sie jemals gehofft hatte. Sie ließ ihre Augen weiter durch die große Halle schweifen und sah Severus Snape mit griesgrämigem Gesichtsausdruck an einem der Tische sitzen. Sein Anblick versetzte ihr einen Stich. Oh ja, sie hatte auch Freunde verloren. Daran, dass sie ihre große Liebe und eine Familie in Hogwarts gefunden hatte, gab es keinerlei Zweifel. Sie würde diesen Ort vermissen. Die tiefe alte Magie, die in jedem Winkel des Schlosses herrschte, jeden Tag mit ihren Freunden zusammen zu sein, den See, den gemütlichen Gemeinschaftsraum und sogar mit bestimmten Ausnahmen den Unterricht. Sie strich mit dem Finger über die Unterseite ihres Verlobungsrings. Doch die Zukunft hielt so viel mehr für sie bereit.
„Einen Sickel für deine Gedanken, Lily", riss Professor Dumbledore sie aus ihren Gedanken. Lily hatte fast vergessen, dass sie noch tanzten.
„Oh, Entschuldigung Professor, ich war mit meinem Gedanken vollkommen woanders."
„Das habe ich gemerkt. Ich kann das vollkommen verstehen. Mir ist es damals auch sehr schwer gefallen, mich von Hogwarts zu verabschieden. Deshalb bin ich auch zurückgekehrt." Dumbledore lächelte. „ Eine Bitte habe ich an dich. Ab morgen lässt du bitte das Professor weg und nennst mich Albus. Schließlich sind wir praktisch eine Familie." Lily sah den Schulleiter überrascht an. Auch wenn er James Patenonkel war und sie in den letzten Monaten viel Zeit miteinander verbracht hatten, war er doch eine Respektsperson. Ihn nun nach sieben Jahren plötzlich beim Vornamen zu nennen, wäre mehr als ungewohnt.
„Ich werde es versuchen", versprach sie lächelnd.

Die Nacht ging viel zu schnell vorbei. Als sie schließlich ein letztes Mal in ihre Häuser gingen, zwitscherten draußen schon die Vögel. Doch kein Gryffindor hatte vor zu schlafen. Bis es Zeit für das Frühstück war, saßen sie im Gemeinschaftsraum und redeten. Sie tauschten Erlebnisse aus und sprachen über Zukunftspläne. Irgendwann war es soweit: Die letzte Mahlzeit in Hogwarts und das letzte Mal Eulenpost. Es war ungewohnt, die Große Halle so leer zu sehen, das kam normalerweise nur in den Weihnachtsferien vor. Statt der üblichen vier Haustische hatte man nur einen aufgestellt. Lily wurde deutlich bewusst, was dies aussagen sollte. Sie waren nicht mehr Hufflepuffs, Ravenclaws, Gryffindors oder Slytherins sondern Absolventen der Hogwarts-Schule für Zauberei und Hexerei und gegen das, was draußen auf sie wartete, mussten sie zusammenstehen.
Nur wenige Eulen verirrten sich an diesem Morgen in die Große Halle, die meisten brachten den Abonnenten des Tagespropheten ihre Zeitungen.

James lehnte wie üblich seine Ausgabe an seinen Kürbissaft. Er hatte das Titelblatt überschlagen und war direkt zum Sportteil übergegangen. Lily saß ihm direkt gegenüber und warf einen Blick auf die Titelseite. Dort prangte tatsächlich ein kleines Foto von ihnen.
‚Traumpaar schließt Hogwarts ab' war die dazugehörige Schlagzeile. Sie schüttelte den Kopf. Warum nur schrieb der Tagesprophet ständig über sie?
Sie lehnte sich etwas nach vorne, um den Text lesen zu können.
‚James Potter, letzter Sprössling der Potter Familie, und seine Verlobte Lily Evans - wir berichteten vor zwei Wochen - haben gestern erfolgreich die Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei abgeschlossen. Dort waren die beiden Schulsprecher und mit Abstand Jahrgangsbeste. Über die weiteren Zukunftspläne des Vorzeigepaares ist nichts bekannt. Doch man sollte meinen, bei solchen Traumnoten werden sie wohl eine beeindruckende Karriere einschlagen. Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt darauf und fragen uns, wann die Hochzeitsglocken läuten werden.'
James bemerkte, wie seine Verlobte den Kopf schüttelte und sah sie an.
„Was ist denn los?"
„Schau mal auf die Titelseite", war alles, was sie antwortete. Als er den Artikel gelesen hatte, schüttelte auch James den Kopf.
„Ich mag mich täuschen, aber irgendwie haben diese Artikel immer einen ganz leichten negativen Unterton. So als hätte die Reporterin was gegen uns." Lily nickte.
„Das sehe ich ähnlich."

Nach dem Frühstück wurde es Zeit. Zeit die Koffer zu packen und sich von Hogwarts zu verabschieden. In zwei Stunden würde der Hogwarts-Express sie nach London zurückbringen.
Lily und James hatten schon in den letzten Tagen das Meiste gepackt und waren schnell fertig. Kurz darauf machten sie sich auf den Weg zu Hagrid. Sie hatten wenig Zeit gehabt, ihn im letzten Jahr zu besuchen, aber sie würden nicht gehen, ohne sich zu verabschieden. Sie tranken gemeinsam Tee und unterhielten sich. Als sie schließlich seine Hütte verließen, hatte der Halbriese Tränen in den Augen. Er war in den letzten Jahren ein guter Freund für sie geworden. Sie liefen zurück zum Gemeinschaftsraum. Auch wenn sie in wenigen Wochen für ihre Hochzeit zurückkehren würden, war das etwas anderes. An ihrem Lieblingsplatz saßen Sirius und Remus. Sie wirkten ähnlich deprimiert wie Lily und James.
„Ich kann nicht glauben, dass es vorbei ist. Sieben Jahre. Ich habe das Gefühl, der Sprechende Hut hat mich erst gestern nach Gryffindor geschickt", sagte Sirius, als sie sich zu ihnen setzten. „Und der Heuler meiner Eltern am nächsten Tag. Den werde ich nie vergessen." James sah seinen besten Freund an.
„Ich bin froh, dass du kein richtiger Black bist, Tatze. Ich weiß nicht, wie ich sieben Jahre hier ohne dich überstanden hätte. Ich bin glücklich über das alles, was ich hier gefunden habe. Nun ist es Zeit, nach vorne zu schauen und daran zu denken, wie es weitergeht."

Kurz darauf war es Zeit zum Bahnhof aufzubrechen. Ein letztes Mal stiegen sie in die Kutschen und Lily warf einen sehnsuchtsvollen Blick zurück, während das Schloss in der Ferne verschwand. Tränen stiegen ihr in die Augen und auch die anderen sahen aus, als müssten sie sich sehr zusammenreißen.
Die rote Lokomotive leuchtete in der Sommersonne und pfiff einladend. Sie warfen einen letzten Blick auf das Schloss und stiegen ein. Während der Hogwarts-Express sie immer weiter von der Schule wegbrachte, liefen Lily Tränen über die Wangen, bis sie schließlich vor Erschöpfung einschlief.
James starrte aus dem Fenster, der Kopf seiner Verlobten ruhte an seiner Schulter. Nun hatten die Rumtreiber tatsächlich ihr siebtes Schuljahr mit nur einem einzigen Streich beendet. Zu beschäftigt waren sie gewesen und wohl zu erwachsen. Zu ernst die Lage, in der sich die Zaubererwelt befand. Er warf Sirius und Remus einen Blick zu. An deren Schultern ruhten ebenfalls die Köpfe ihrer Freundinnen, die genauso selig schliefen wie Lily. Peter saß nur ein Abteil hinter ihnen mit seiner Freundin. Die beiden waren einfach unzertrennlich.
„Nun ist es wohl soweit. Wir sind eindeutig erwachsen."
Sirius nickte. „Dir scheint das gleiche durch den Kopf gegangen zu sein. Das ganze Jahr nur einen einzigen Streich und die Gelegenheit wird auch nicht wieder kommen."
Remus lachte. „Es gibt Schlimmeres, Jungs. Schaut euch an. Wir haben fantastische Schulabschlüsse, gute Freunde und wundervolle Freundinnen. Kein Grund, wegen etwas kindischem wie Streichen traurig zu werden." Die beiden anderen Rumtreiber nickten und wenig später hatte der Schlaf alle im Abteil überwältigt. Erst am Bahnhof Kings Cross schlugen sie die Augen wieder auf. Sie waren da. Ihr neues Leben hatte begonnen. Lily und James verabschiedeten sich von ihren Freunden und wie immer warteten Willow und Primus am Bahnsteig auf sie, wenn auch mit sehr müden Gesichtern.
Sirius wollte die nächsten beiden Tage bei seinem Onkel verbringen und würde morgen ins Haus der Potters kommen.

James Potter und das Erbe GryffindorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt