♡177. Verplappert

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Als sie aus dem Keller nach oben kamen, trat James gerade durch die Haustür. Harry musste schlucken, als sein Vater genau an der Stelle stehen blieb, an der er in Sirius' Erinnerung gestorben war. Heute aber lag ein Lächeln auf James' Gesicht, als er den schwarzen Umhang mit den goldenen Applikationen, der ihn als Mitarbeiter der Aurorenzentrale auswies, an die Garderobe hängte.
„Sirius", sagte er erfreut, ging die wenigen Schritte auf seinen Freund zu und umarmte ihn kurz. „Harry hatte uns schon berichtet, dass du heute vorbei kommst."
Sirius nickte kurz, ihm stand noch deutlich die Qual der Erinnerungen ins Gesicht geschrieben, was nun auch James auffiel.
Mit einem wortlosen Wink bedeutete er den beiden, ihm zu folgen. Kurz darauf saßen sie im Wohnzimmer, vor ihnen jeweils ein Glas Feuerwhiskey. Sirius leerte das Glas in einem Zug, woraufhin James Harry einen fragenden Blick zuwarf, doch er schüttelte nur mit dem Kopf.
„Wenn er seinem Vater auch nur ein bisschen nachkommt, wird er dir kein Wort sagen, Krone", sagte Sirius, er hatte den Blick sehr wohl bemerkt. „Und ich würde behaupten, er ist dir ähnlicher, als du manchmal ahnst. Nur, dass wenn er mich mit diesen grünen Augen ansieht, ich direkt Schuldgefühle bekomme, so wie früher bei Lily, allerdings ohne etwas angestellt zu haben."
Ein schwaches Lächeln trat auf Sirius' schöne Gesichtszüge und James ließ langsam den Blick über seinen Sohn gleiten. Dann füllte er Sirius' Glas nach.
„Das Problem hatte ich allerdings nie", antworte er dann.
Sirius zog die Augenbrauen nach oben.
„Natürlich nicht, sie ist ja auch deine Frau", sagte er und betonte die letzten beiden Worte.

James beschloss, nicht weiter darauf einzugehen.
„Ich respektiere, dass ihr nicht darüber sprechen wollt, aber vielleicht gestattet ihr mir trotzdem eine Frage." Seine Augen wanderten zwischen seinem Sohn und seinem besten Freund hin und her.
„Ist alles in Ordnung mit euch?", fuhr er fort, nachdem Sirius leicht genickt hatte.
Harry griff nun ebenfalls nach seinem Glas und überließ es Sirius zu antworten, dieser bewegte vage den Kopf hin und her.
„Frag mich das morgen nochmal, mein Freund. Jetzt gerade geht es uns wohl nicht so gut, aber generell könnte es nicht besser sein." Dann stupste er Harry mit dem Ellenbogen an. „Oder hast du dem noch etwas hinzuzufügen, Harry?"
Harry schluckte schnell hinunter und musste dann husten, weil der Whiskey wie Feuer in seiner Kehle brannte.
„Nein", brachte er mit hochrotem Kopf zwischen zwei Hustenanfällen hervor. Nun wusste er also endlich, woher dieses Getränk seinen Namen hatte, auch wenn er gut und gerne auf diese Erfahrung hätte verzichten können.
„Ihr sprecht in Rätseln", bemerkte James. „Und du solltest den Whiskey in kleineren Schlucken trinken, wenn du nicht daran gewöhnt bist." Er warf Harry einen belustigten Blick zu, bevor er wieder ernster wurde. „Wenn ich etwas für euch tun kann, lasst es mich wissen."
Sirius nickte langsam.
„Das weiß ich, James. Und dein Sohn ist sicherlich auf dem besten Weg dahin, das auch zu lernen."
„Er hat dir also davon erzählt?"
„Hey, ich bin hier, falls ihr das vergessen haben solltet", beschwerte sich Harry, der mittlerweile wieder richtig atmen konnte. „Und ja, ich habe es ihm gesagt. Es gab Dinge aus der Vergangenheit, die zwischen uns ungeklärt waren."
James kniff die Augenbrauen zusammen.
„Inwiefern?", fragend ließ er den Blick auf seinem Sohn ruhen.
„Es gibt Dinge, über die möchte und kann ich im Moment nicht sprechen." Harry verschränkte die Arme vor der Brust. „Meine Kindheit war ein wenig wie Bertie Botts Bohnen. Mal war es wunderbar und schmeckte nach Karamell und im nächsten Moment hatte ich Erbrochenes oder Popel. Ich kann dir keine einzelnen Bruchteile erzählen, weil es das Bild verzerren würd, so wie wenn ihr mir einfach von der Gegenwart erzählen würdet."
„Ich verstehe." James nickte langsam. „Du alleine entscheidest, ob du zuerst unsere Erinnerungen anschauen möchtest oder du uns über deine Vergangenheit unterrichtest. Niemand wird dir da reinreden, Harry."
„Das weiß ich, Dad, aber ich denke vorerst ist es gut, wenn wir mit euren Erinnerungen fortfahren."
„So wie ihr beide ausseht, allerdings nicht mehr heute."

In diesem Moment streckte Lily den Kopf durch die Tür.
„Bleibst du zum Essen, Sirius?"
Ihre Miene verriet nichts darüber, ob sie bemerkt hatte, dass die Stimmung zwischen den Männern etwas angespannt war.
Sirius, mittlerweile nicht mehr ganz so bleich, nickte.
„Das würde ich gerne. Dorcas weiß, dass ich hier bin und erwartet mich nicht allzu früh zurück."
„Wunderbar. Dann leert mal eure Gläser und beehrt die Damen mit eurer Anwesenheit in der Küche. Morgan deckt schon den Tisch."
Todesmutig griff Harry nach seinem Glas und trank einen kleinen Schluck, woraufhin er nur mühsam ein Husten unterdrücken konnte.
„Ach, James, du weißt doch, dass er das Zeug nicht trinkt." Lily schüttelte tadelnd den Kopf. Ihren Augen war nichts entgangen.
„Hm, an deiner Trinkfestigkeit müssen wir eindeutig noch arbeiten", lachte Sirius und war damit auf dem besten Weg, den Kopf wieder frei zu bekommen. Gemeinsam betraten sie die Küche.

Morgan umarmte Harrys Patenonkel genauso herzlich, wie es James zuvor getan hatte und wie selbstverständlich passte sich kurzerhand die Sitzverteilung auf den Gast an. Sirius wurde neben Harry platziert und kurz darauf hatten sie alle einen dampfenden Teller vor sich. Der heimelige Duft nach einem traditionellen Shepards Pie durchzog die ganze Küche und vertrieb damit die letzten dunklen Gedanken aus den Köpfen von Sirius und Harry.
„Nicht mehr lange bis zu deinem ersten Tag im Ministerium", meinte Sirius schließlich zwischen zwei Gabeln. „Schon aufgeregt?"
„Ich weiß es nicht", gab Harry aufrichtig zu. „Ich weiß zu wenig über die Ausbildung zum Auror, um mir ein Bild machen zu können."
Sirius grinste und wirkte dabei genauso unbekümmert wie der junge Sirius, den Harry in den Erinnerungen seiner Eltern gesehen hatte.
„Und dein Vater kann dir da auch nicht wirklich weiterhelfen, schließlich hat ER die Ausbildung nie absolviert", gluckste er und ernete damit einen gespielt empörten Blick seines besten Freundes.
„Na, na, pass auf, was du sagst. Ich bin immer noch dein Vorgesetzter." James wackelte unheilsvoll mit den Augenbrauen, woraufhin Morgan gerade noch rechtzeitig den Bissen in ihrem Mund herunter schlucken konnte, bevor sie prustend zu lachen begann.
„Bei Merlin, Dad", japste sie schließlich. „Womit hast du die Schwarzen Magier zur Strecke gebracht? Mit deinem Humor? Vor dir hat doch keiner Angst."
„Nicht einmal in meinem eigenen Haus haben sie Respekt vor mir", beschwerte sich James. „Vielleicht sollte ich dir mal zeigen, dass ich es mit allen hier am Tisch aufnehmen kann, meine liebe Tochter."
In den grünen Augen von Morgan blitzte der gleiche Schalk auf, den Harry schon so oft bei ihrem Vater gesehen hatte und in diesem Moment ähnelte sie trotz ihres Aussehens mehr James als Lily.
„Du solltest wirklich daran arbeiten, dass andere dich als Respektsperson sehen, sonst wird das mit der Wahl nichts."
Klirrend ließ Harry seine Gabel fallen.
„Welche Wahl?" Er starrte seinen Vater an und Morgan schien erst jetzt zu dämmern, was gerade passiert war.
„Er weiß es nicht? Ihr habt es ihm nicht gesagt?" Ihre weit aufgerissenen Augen verrieten ihren Schock.
„Was für eine Wahl?", wiederholte Harry aufgebracht und spürte, wie Sirius eine Hand auf seinen Rücken legte.
James schluckte hörbar und suchte Lilys Blick. Diese nickte kaum wahrnehmbar.
„Dein Großvater ist bis heute der amtierende Zaubereiminister", sagte James. „Allerdings hat er beschlossen, zur nächsten Wahl im Frühjahr nicht mehr anzutreten." Einen Augenblick schien er nach Worten zu suchen. „Wir haben lange darüber gesprochen. Dad und ich. Lily und ich und schließlich wir alle." Er verzog das Gesicht zu einem schwachen Lächeln. „Nun ja, um es abzukürzen: Ich werde mich der Wahl zum Zaubereiminister stellen."

James Potter und das Erbe GryffindorsDove le storie prendono vita. Scoprilo ora