♡ 39. Das Medaillon

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Der Rest des Januars brachte für die Siebtklässler Berge von Hausaufgaben, die sie teils bis in Nachtstunden beschäftigten. Dazu kamen für Lily und James die Pflichten als Schulsprecher und regelmäßige Unterrichtseinheiten bei Dumbledore. Das nächste Quidditchmatch für die Gryffindors, diesmal gegen Slytherin, stand für den dritten Samstag im Februar an und nachdem Ravenclaw gegen Hufflepuff verloren hatte und Ravenclaw wiederrum Slytherin besiegt hatte, waren die Chancen für Gryffindor auf den Quidditchpokal alles andere wie schlecht. An den wenigen freien Abenden ließ James seine Mannschaft daher so oft es ging trainieren, egal ob es regnete, stürmte und schneite. Regelmäßig schlichen matschverschmierte Gryffindor-Teammitglieder durch das Schloss, in der Hoffnung nicht vom schülerhassenden Hausmeister Filch und seiner fiesen Katze Mrs. Norris erwischt zu werden.
So näherte sich der Januar seinem Ende und Lilys Geburtstag stand vor der Tür. Lily hatte ihren Freunden verboten eine Party zu schmeißen oder auch sonst etwas Ungewöhnliches zu planen. Im Angesicht der ständig neuen Todes- und Vermisstenmeldungen, die man mittlerweile fast täglich im Tagespropheten lesen konnte, war ihr nicht wirklich zum Feiern zu Mute. Immer mehr Schüler wurden von der Schule genommen und die Reihen an den Haustischen lichteten sich. Nicht so bei den Siebtklässlern. Keiner der volljährigen Schüler wäre auf die Idee gekommen die Schule zu verlassen, nirgendwo konnten sie wirklich sicherer sein als hier vor den wachsamen Augen von Dumbledore. Allerdings waren die meisten Schüler, die Hogwarts hatten verlassen müssen, muggelstämmig. Ihre Eltern hatten Angst und versuchten sich von der Zaubererwelt zurückzuziehen. Viele verließen sogar Großbritannien.
Lily wurde an ihrem Geburtstag ungewöhnlich früh und ohne einen erkennbaren Grund wach. Sie versuchte eine Weile wieder einzuschlafen, gab dann aber auf und warf einen Blick auf den Geschenkeberg vor ihrem Bett. Sie hatte in diesem Jahr nicht wirklich mit vielen Geschenken gerechnet und die Anzahl der bunt verpackten Pakete irritierte sie. Sie ließ die Pakete mit einem Schlenker ihres Zauberstabs aufs Bett schweben und mit einem weiteren entzündete sie ein Licht. Schnell zog sie die Vorhänge ihres Himmelbettes zu um ihre Freundinnen nicht zu wecken. Die ersten Päckchen waren von Sage, Morgan und Remus und enthielten eine Sammlung von Lilys Lieblingssüßigkeiten aus dem Honigtopf. Sirius hatte Lily ein Set zur Reinigung und Pflege ihres Zauberstabs geschenkt. Doch der Stapel der Geschenke schien kein Ende zu nehmen. Lily packte ein weiteres auf und zur ihrer Überraschung enthielt es neben einer Karte jede Menge Bücher. Sie klappte die Karte auf.
„Liebe Lily,
wir wünschen Dir alles Liebe zu Deinem achtzehnten Geburtstag. In unserer Welt bist Du ja bereits seit letztem Jahr volljährig, aber es ist ein alter  Brauch, dass man Hexen zu ihrem siebzehnten Geburtstag jede Menge praktische Bücher schenkt um sie auf das Leben nach der Schule vorzubereiten. Da Du ja nicht aus einer Zauberfamilie stammst, waren wir uns recht sicher, dass dies bei Dir nicht der Fall war. Auch wenn das Ganze etwas altmodisch ist, wollen wir Dir diese trotzdem gerne schenken, denn sie sind sicherlich sehr nützlich.
Wir wissen, dass es in der Muggelwelt bis heute Streitigkeiten gibt, ob Frauen an den Herd und nach Hause gehören und diese Bücher könnten natürlich den Eindruck erwecken, dass wir auch so denken. Aber wir gehen davon aus, dass Du uns in den Weihnachtsferien gut genug kennengelernt hast, um zu wissen, dass wir es auf keinen Fall unterstützen würden, wenn ein talentiertes Mädchen wie Du ihre Kräfte nicht entsprechend nutzen würde. Die Bücher sollen einzig und allein dem Zweck dienen, Dir Wissen anzueignen, dass in Hogwarts nicht gelehrt wird und unserer Meinung nach alle jungen Hexen und Zauberer irgendwann beherrschen sollten. James hat übrigens zu seinem siebzehnten Geburtstag ein ähnliches Paket bekommen, neben der Armbanduhr, die man jungen Zauberern zu Ihrer Volljährigkeit schenkt.
Neben den Büchern möchten wir Dir auch etwas Persönliches schenken. Das beiliegende Medaillon hat einmal Primus Mutter gehört und ist ein altes Erbstück. Wir erkennen so viel von ihr in Dir wieder und bitten Dich es anzunehmen und zu tragen. Bitte betrachte es als unser Willkommensgeschenk in der Familie.
Du hast uns tief beeindruckt, Lily und wir hoffen sehr, dass wir Dich nach dem Abschluss in unserem Haus willkommen heißen dürfen.
Alles Liebe
Willow und Primus"

Lily starrte auf die Karte. Willow und Primus, tief beeindruckt von einer unausgebildeten Hexe wie ihr? Und was hatte es mit dem Medaillon auf sich? Betrachte es als Willkommensgeschenk in der Familie. Lily musste kurz schlucken, sie war gerührt, wirklich gerührt. Schnell nahm sie die Bücher in die Hand um sich abzulenken. ‚Großes Selbsthilfebuch für Zauberer, Festessen in einer Minute - Das ist Hexerei, Heilers Helferlein, Magie beim Backen' las Lily. Nein, sie würde diese Bücher auf keinen Fall falsch verstehen. Es waren hilfreiche Bücher für Magie im Alltag. Sie legte sie beiseite und griff nach einem kleinen Kästchen, welches sie zuerst gar nicht wahrgenommen hatte. Lily klappte das Kästchen auf und zum Vorschein kam das besagte Medaillon. Es schien aus Gold zu sein, hatte wunderschöne Verzierungen und in der Mitte war ein Smaragd eingearbeitet. Lily lächelte bei der Erinnerung an James Weihnachtsgeschenk. Die Potters schienen Smaragde zu mögen. Sie drehte das Medaillon auf die Rückseite und entdeckte eine Gravur. 'Der letzte Feind, der besiegt wird, ist der Tod', war dort in das Gold eingraviert. Es klang wunderschön, aber auch sehr traurig. Das Medaillon war unglaublich schön und wahrscheinlich sehr alt. Sie legte es sich um den Hals und hatte das Gefühl, dass es dort genau richtig war. Es fühlte sich einen Moment warm an als es ihre nackte Haut berührte.
Immer noch warteten Päckchen darauf ausgepackt zu werden und so nahm sie das nächste zur Hand. Wieder verriet ihr eine Karte den Absender. Potentia! Die Zaubereiministerin hatte sich die Zeit genommen, ihr, Lily, ein Geburtstagsgeschenk zu schicken? Lily wickelte das Papier ab und zum Vorschein kam ein weiteres Buch. Dabei handelte sich um eine schwer zu bekommende Ausgabe eines alten Zaubertrankbuchs über das sie an Weihnachten mit Potentia gesprochen hatte.
Das nächste Päckchen enthielt eine Packung Bertie Botts Bohnen von Hagrid und schließlich blieb nur noch ein letztes Paket. Lily öffnete es und wieder war es ein Buch. Sie lächelte, ihre Leidenschaft für Bücher war wohl mehr als offensichtlich. Sie nahm das Buch in die Hand und starrte den Titel an. Das konnte unmöglich sein. Eine Erstausgabe von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte. Lily konnte erahnen wie wertvoll diese war. Allerdings berührte sie nicht der Wert des Buches sondern die Mühe, die sich der Schenkende gemacht hatte. Die Weihnachtsgeschichte war schon seit Lilys frühster Kindheit ihr Lieblingsbuch und Erstausgaben waren unglaublich schwer zu bekommen. Sie suchte nach einem Hinweis, wer ihr das Buch geschenkt hatte und fand ihn schließlich auf der ersten Buchseite.
„Mein Rotschopf, ich habe Dich in den vergangen Jahren jedes Weihnachten mit diesem Buch in der Hand durch die Schule laufen sehen. Deiner Liebe zu dieser Geschichte kann nur eine Erstausgabe gerecht werden. Ich hoffe, es gefällt Dir. In Liebe Dein James"
Bevor sie weiter über James unglaubliches Geschenk grübeln konnte, wurden die Vorhänge beiseite gerissen und ihre besten Freundinnen fielen ihr um den Hals.
„Herzlichen Glückwunsch", riefen sie wie aus einem Mund und Lily musste lächeln. Das war definitiv kein schlechter Geburtstag. Etwas Wehmut überkam sie nur, weil sie von Petunia nicht einmal eine Karte bekommen hatte. Auch beim Frühstück setzte sich der durchaus gute Tag fort. Erstmals seit Anfang Januar gab es keine neuen Schreckensmeldungen im Tagespropheten. Die Rumtreiber waren kurz nach den Mädchen am Haustisch aufgetaucht und Lily hatte sich bei allen, aber natürlich besonders bei James, für die wundervollen Geschenke bedankt.

Auf dem Weg zu Verwandlung fiel James Blick auf das Medaillon.
„Das kommt mir äußerst bekannt vor." Er lächelte. „Ich würde fast meinen, meine Eltern haben Dir das Medaillon meiner Großmutter geschenkt. Ich hätte es mir denken können."
Lily sah ihn verwirrt an.
„Wieso hättest du es dir denken können?"
„Nun ja, Dorea Black war dir ziemlich ähnlich. Stur, intelligent, freundlich, mutig und absolut loyal. Zudem hatte sie eine Begabung für Zaubertränke, dunkelrote Haare und grüne Augen. Wie alle Potter-Frauen." James grinste breit und betrat den Klassenraum. Zurück ließ er eine sprachlose Lily.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now