♡ 71. Freunde lügen nicht

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Der Heiler kam wieder und verabreichte Lily tatsächlich einen leichten Beruhigungstrank. Kurz darauf erschienen Willow und Primus gemeinsam mit Sage, Morgan, Remus und Peter. Ein Heiler musste sie unterrichtet haben, dass Lily aufgewacht war.
Sie ließen sich auf die Stühle neben James fallen und warteten darauf, dass er ihnen berichtete.
„Sie ist wach und es geht ihr gut. Der Heiler sagte vorhin sogar, dass sie schon morgen entlassen werden kann, denn außer, dass sie sich nicht an das gesamte letzte Jahr erinnern kann, fehlt ihr nichts."
„Was heißt, sie kann sich nicht erinnern?" Morgans Stimme zitterte leicht.
„Ich kann es euch nicht genau sagen, denn sie spricht nicht mit mir. Sie schreit mich nur wieder an, so wie vor dem siebten Schuljahr. Sie weiß weder, dass wir verheiratet sind noch, dass wir uns lieben." Er klang müde, sehr müde. „Ich hätte ihr gerne einiges erklärt, aber sie hat uns rausgeworfen und weigert sich, mich zu sehen." Sage strich ihm über den Arm.
„Wir werden mit ihr reden, James. Ich hoffe einfach, dass sie nicht vergessen hat, wer wir sind." Sie griff nach Morgans Hand und zog sie in Lilys Zimmer.

Lily hörte, wie sich die Tür öffnete, weigerte sich aber die Augen zu öffnen.
„Verschwinde, Potter", sagte sie kraftlos. Sie fühlte sich nicht in der Lage, erneut sein trauriges Gesicht zu sehen. Langsam fragte sie sich, ob er und Black sich einfach einen dummen Scherz mit ihr erlaubten. Vielleicht hatten sie sie gekidnappt und den Heilern einfach erzählt, sie wäre James' Frau?
Sie spürte, dass jemand näher an ihr Bett kam und nach ihrer Hand griff.
„Keiner von uns beiden heißt Potter und wir hoffen, dass es in Ordnung ist, wenn wir bleiben." Nun öffnete Lily doch die Augen und blickte in die leicht lächelnden Gesichter von Sage und Morgan.
„Ich bin so froh, dass ihr da seid! Hier glauben alle, ich sei mit Potter verheiratet. Ihr müsst ihnen die Wahrheit sagen und mich hier rausholen." Sage setzte sich auf den Stuhl an Lilys Bett, auf dem James die letzten Tage gewacht hatte. Morgan zog einen weiteren herbei.
„Lily," begann Sage vorsichtig, „ich fürchte, ich kann ihnen nichts anderes sagen."
„Wie meinst du das?"
„Was ist das letzte, an das du dich erinnerst?"
„Dass wir im Zaubertrankunterricht den Sud der lebenden Toten gebraut haben und Potter mir die ganze Zeit Briefe im Unterricht geschickt hat, um mich zu fragen, ob ich mit ihm ausgehe."
Morgan zog die Augenbrauen nach oben, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
„Lily, das war Ende des sechsten Schuljahres." Die Rothaarige nickte.
„Ja, natürlich war es das. Wo ist das Problem?" Morgan atmete tief durch.
„Süße, wir haben heute den neunten November 1978." Lily erbleichte erneut.
„Ich habe eineinhalb Jahre geschlafen?"
Sage griff nach Lilys Hand, sie konnte sich vorstellen, wie schlimm dies für ihre Freundin sein musste.
„Nein, genau genommen waren es nur acht Tage. Auch wenn es dir im Moment vollkommen abwegig vorkommt, aber du bist tatsächlich seit gut einem Jahr mit James Potter zusammen. Er hat dir gegen Ende des siebten Schuljahres einen Heiratsantrag gemacht und ihr habt ihm Juli geheiratet. Er liebt dich, Lily, er liebt dich wirklich. Und irgendwann im Laufe des letzten Schuljahres hast du endlich eingesehen, dass er kein kindischer Idiot ist. Und wir haben dich noch nie so glücklich gesehen, wie mit James an deiner Seite." Die Worte ihrer Freundin waren eindringlich und ganz ruhig hervorgebracht und Lily zweifelte nicht seine Sekunde daran. Sage und Morgan würden sie niemals belügen.
„Deswegen saß er also an meinem Bett?"
„Er ist seit dem ersten Tag nicht von deiner Seite gewichen."
Sie blieben weit über eine Stunde bei Lily und versuchten, ihr einiges zu erklären. Der Beruhigungstrank bewirkte glücklicherweise, dass sie einiges sehr gefasst aufnahm. Selbst die Nachricht, dass ihre Eltern nicht mehr lebten.
„Ich würde gerne mit Potter, äh James reden", sagte Lily schließlich.

James riss sofort den Kopf nach oben, als Sage und Morgan aus Lilys Zimmer kamen. Die Sorge war deutlich in seinem Gesicht zu lesen. Und obwohl einige Zeit vergangen war, saßen noch alle an seiner Seite. Keiner hatte ihn verlassen. Sage rang sich einmal mehr Bewunderung für die tiefe Freundschaft der Rumtreiber ab. Im Gegensatz zu Morgan kannte sie einen der Gründe.
„Sie möchte dich sehen, James", aufmunternd lächelte sie ihn an. Es war nicht zu übersehen, dass James hin- und hergerissen war. Einerseits wollte er schnellstmöglich wieder an Lilys Seite sein, andererseits hatte er Angst davor, dass sie ihn wieder so anschreien würde, wie vorhin.
„Geh schon, sie ist viel ruhiger und sie möchte dich wirklich sehen", ermunterte ihn Morgan. Er nickte, atmete tief ein und betrat Lilys Zimmer.

Dieses Mal funkelten ihre Augen nicht wütend, sondern sie wirkten eher traurig. James blieb einen Moment an der Tür stehen, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihn wieder wegzuschicken, wenn sie ihn doch nicht sehen wollte.
„Keine Angst, ich werde nicht wieder ausrasten, komm bitte her." Lilys Stimme klang erschöpft und James trat an ihr Bett. „Es tut mir leid, James."
„Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was dir leid tun müsste, Lily." Er schüttelte leicht den Kopf. „Du kannst nichts dafür und ich bin einfach nur froh, dass du wieder wach bist."
Sie versuchte ein dankbares Lächeln, aber es war nicht einfach, so zu tun, als wäre alles in Ordnung.
„Setz dich doch bitte." James' braune Augen musterten sie sanft, während er sich auf dem Stuhl niederließ. „Sage und Morgan haben mir bestätigt, dass wir tatsächlich verheiratet sind. Es fällt mir ehrlicherweise etwas schwer zu glauben, denn das letzte, woran ich mich erinnere ist, dass ich dich angeschrien habe. Aber sie wollten mir keinerlei weitere Details geben, sondern meinten, dies wäre deine Aufgabe. Ich weiß im Moment nur, dass wir die Schule beendet haben und kenne meinen Notendurchschnitt. Wir haben ein Haus in Godric's Hollow in der Nähe deiner Eltern, die ich sehr mag und wir engagieren uns in einer von Dumbledore gegründeten Widerstandsbewegung gegen Voldemort." Sie stockte einen Moment, bevor sie weitersprach. So leise, dass James sie kaum verstehen konnte. „Und ich weiß, dass meine Eltern nicht mehr leben."
Aus alter Gewohnheit wollte er sie sofort in seine Arme ziehen, hielt sich aber im letzten Moment zurück. Also fing er einfach an zu erzählen. Davon, dass er irgendwann eingesehen hatte, wie kindisch er sich verhalten und dass er sich geändert hatte. Von ihrer beginnenden Freundschaft, vom Sommertag am See und der Halloweenparty. Er ließ auch nicht aus, wie sie ihn angeschrien hatte, nachdem sie glaubte, er hätte etwas mit Alice und wie er sie anschließend aus Wut geküsst hatte. Das Gespräch am See, den sanften Kuss, die verbundenen Patroni und das Quidditchspiel beschrieb er ihr in allen Einzelheiten. Lily hörte seiner sanften Stimme die ganze Zeit schweigend zu und begann zu verstehen, warum sie sich in ihn verliebt hatte. Als ihr schließlich die Augen zufielen, hauchte er ihr einen sanften Kuss auf die Wange.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now