♡178. Gelüftete Geheimnisse

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Harrys Gesicht glich einer Maske, während er die Worte seines Vaters verdaute. So viel war heute auf ihn eingeprasselt. Vielleicht zu viel, um die wahre Bedeutung dieser Aussage jetzt noch aufnehmen zu können.
„Deswegen sollte ich die Zeitungen also nicht sehen", war alles, was er schließlich in der Lage war zu sagen.
„Niemand außerhalb der Familie weiß davon, Harry", antworte seine Mutter. „Der Tagesprophet spekuliert, mehr aber auch nicht. Aber das war der Grund, warum James plötzlich ins Ministerium musste. Es sah so aus, als wäre tatsächlich jemand an die Information gekommen, dass Primus nicht mehr zur Wahl steht, was sich aber Merlin sei Dank nur als Zufallstreffer herausgestellt hat. Sirius musste sogar versprechen, nicht einmal mit Dorcas darüber zu sprechen."
„Warum?", richtete sich Harry an seinen Vater, ohne weiter auf seine Mutter einzugehen.
„Ich weiß es nicht genau, Harry", sagte James ehrlich. „Es fühlt sich richtig an. Dad hat so viel Gutes erreicht in seinen vielen Jahren im Amt. Und obwohl ich nach dem Krieg nicht das Gefühl hatte, dass ich für eine Führungsstelle geeignet sein könnte, hat mich die Zeit eines Besseren belehrt. Meine Mitarbeiter schätzen und respektieren mich – im Gegensatz zur Meinung deiner Schwester – sehr. Trotzdem habe ich seit Langem das Gefühl, dass da mehr sein könnte."
Harry nickte. Die Worte seines Vaters klangen durchaus nachvollziehbar.
„Nun, es hat immerhin den Vorteil, dass du nicht sehr lange mein Abteilungsleiter sein wirst", versuchte er zu scherzen.
„Auch wenn mich deine Zuversicht in mich ehrt, Harry, werde ich so oder so nicht dein direkter Abteilungsleiter sein, sondern Sirius."
Harry kniff die Augen zusammen, weil er nicht verstand, was sein Vater ihm sagen wollte.
„Ich bin schon seit einigen Jahren nicht mehr Leiter der Aurorenzentrale",
„Ich glaube, jetzt stehe ich auf meinem Zauberstab", gab Harry zu.
„Nun, Madame Bones, die Leiterin der Magischen Strafverfolgung ist vor sechs Jahren in einen anderen Bereich des Ministeriums gewechselt."
„Willst du mir damit sagen, dass du ihre Stelle eingenommen hast?"
„Ja", bestätigte James gedehnt.
„Das klingt fast so, als wäre es dir unangenehm?" Verwundert sah Harry seinen Vater an.
„Nein, nicht unangenehm, aber ich möchte nicht, dass du ein falsches Bild von mir bekommst."
„Du musst nicht immer so tiefstapeln, Krone", warf Sirius ein. „Wenigstens deinem Sohn gegenüber kannst du zugeben, was du erreicht hast."
James verzog das Gesicht.
„Wir haben lange über das Thema gesprochen, auch wenn du dich daran nicht erinnern kannst, warst du ein absoluter Befürworter meiner Kandidatur." Er lächelte leicht. „Du meintest, dass es an der Berühmtheit der Familie sowieso nichts mehr ändern würde und ich genau das tun soll, was ich selbst für richtig halte."
„Und du glaubst, ich könnte jetzt anders denken?"
„Dad, du weißt genau, dass wir alle hinter dir stehen", sagte Morgan, bevor James die richtigen Worte gefunden hatte.
„Ich muss Morgan Recht geben", bestätigte Harry bestimmt und erntete dafür überraschte Blicke. „In den letzten Tagen habe ich einiges über diese Familie – unsere Familie- gelernt und dazu gehört unter Anderem, dass niemand hier etwas aus rein egoistischen Motiven tut und jeder für jeden da ist." Harry sah seinen Vater an. „Ich finde deine Entscheidung sehr gut und werde alles tun, was ich kann, um dich zu unterstützen."
„Danke, Harry." James' Stimme klang sichtlich gerührt.

Als Harry am nächsten Morgen in seinem ihm mittlerweile recht vertrauten Bett erwachte, fühlte er sich zum ersten Mal zuversichtlich, diese neue Zukunft meistern zu können. Was er am Vorabend über seine Familie gesagt hatte, empfand er genauso und wenn er ehrlich darüber nachdachte, hatte er sich genau so eine Familie gewünscht.
Mit einem Lächeln sprang er aus dem Bett, zog sich im Eiltempo an, eilte die Treppe nach unten und betrat die Küche. Wie er erwartet hatte, saß seine Mutter schon am Küchentisch und blätterte im Tagespropheten.
„Guten Morgen, Harry", sagte sie und sah auf, als er die Küche betrat.
„Guten Morgen, Mum", antworte er und ging wie selbstverständlich zum Kühlschrank. Mit einem Glas Kürbissaft in der Hand, setzte er sich zu seiner Mutter.
„Haben alle Zauberhaushalte Kühlschränke?", fragte er dann etwas verwirrt, als er registrierte, dass dies eigentlich nicht dem entsprach, was er von den Weasleys kannte.
„Nein, nicht alle, aber mittlerweile doch viele. Deine Großeltern haben schon ewig einen, schon bevor ich James kennenlernte."
„Die Weasleys hatten nie einen."
„Hm, stimmt", bestätigte Lily. „Aber ich muss dir ehrlich sagen, ich könnte nicht ohne leben." Sie grinste. „Manche Muggelerfindungen sind gar nicht so schlecht."
„Allerdings, aber stell dir mal Hogwarts mit Zentralheizung vor."
Lily runzelte die Stirn. „Es wäre nicht dasselbe." Sie wartete, bis Harry einen Schluck Saft getrunken hatte. „Hast du schon genug von den Erinnerungen oder sollen wir zwei uns gleich weitere ansehen?"
„Ich würde mir gerne weitere ansehen."
„Gut", nickte Lily. „Dein Vater sagte, ihr habt euch als letztes mein Gespräch mit Severus über seine Arbeit im Sommer in St. Mungo angesehen?"
Harry nickte. „Allerdings."
„Ich würde von da an gerne ein paar Ereignisse überspringen und dir die Kurzfassung geben, wenn das für dich in Ordnung ist?"
„Natürlich ist es das."
„Es ist mir damals nicht leicht gefallen, für den Beginn des neuen Schuljahres nicht nach Hogwarts zurückkehren zu können, allerdings hatte ich nach Morgans Geburt im September erst einmal alle Hände voll zu tun und wenig Zeit, darüber nachzudenken. Zu diesem Zeitpunkt war Dorcas bereits ebenfalls schwanger. Sage und Jonathan haben Ende Oktober geheiratet, in einer kleinen Zeremonie im Haus ihrer Eltern. Severus unterdessen machte seine Sache wirklich gut, besser als ich es mir erhofft hatte, besonders St. Mungos schien ihm gut getan zu haben. Ende des Jahres hatte er seine Strafe verbüßt, durfte aus Hogwarts heimkehren und hat seinen Zauberstab zurück erhalten. Und hier würde ich gerne bei den Erinnerungen einsetzen."
Sie stand auf, ging zum Metallschrank und nahm eine Kristallflasche heraus. Den golden schimmernden Inhalt leerte sie ins Denkarium.

23. Dezember 1982

Liebevoll knöpfte Lily den Umhang ihres kleinen Sohnes zu und wuschelte ihm dann durch die bereits ohnehin in alle Richtungen abstehenden Haare, was Harry ein fröhliches Lachen entlockte. Die Eingangstür öffnete sich und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, warf sich Harry in die Arme seines Vaters.
„Daddy", rief er so überschwänglich, als hätte er seinen Vater seit Tagen nicht mehr gesehen statt der wirklich vergangenen drei Stunden.
„Er ist schon den ganzen Nachmittag so. Eigentlich seit ich ihm erzählt habe, dass du und Primus morgen mit ihm in den Wald geht, um die Weihnachtsbäume zu holen."
James hob Harry auf seinen Arm und gab dann seiner Frau einen Kuss.
„Das kann ich nur zu gut verstehen, ich war es als Kind auch immer. Und ehrlicherweise bin ich es auch jetzt."
„Dein Vater garantiert auch." Lily grinste und wackelte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen.
„Alles erledigt?", fragte sie dann.
„Bei Merlin, ja. Ich hoffe wirklich, sie kommen über Weihnachten auch ohne mich zurecht."
James stöhnte gespielt, dann reichte er Lily eine kleine Holzschatulle. „Und natürlich habe ich auch das bekommen."
„Er wird es zu schätzen wissen. Danke, James."
„Das sollte man meinen. Mit der Zeit werde ich es auch akzeptieren können."
„Und das wiederum weiß ich zu schätzen"; sagte sie mit einem Lächeln und erschrak dann, als ihr Blick auf die Wanduhr im Flur fiel. „Wir müssen los."
„Du hast Recht, nimm du Morgan, ich kümmere mich um unseren kleinen Rabauken hier."
Lily schenkte ihrem Mann ein Lächeln, nahm dann ihre kleine Tochter Morgan, die ihr jetzt schon wie aus dem Gesicht geschnitten war, aus der Wiege im Wohnzimmer und zog ihr ebenfalls einen warmen, winzigen Winterumhang über.
„Moga", krähte Harry fröhlich, als er seine Schwester erblickte.
James reichte Lily seine Hand und gemeinsam disapparierten sie.

James Potter und das Erbe GryffindorsUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum