♡ 152. Schlechte Vorbereitung

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-     16. Januar 1982 –

„Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, dass du heute Abend auf Harry aufpasst", sagte Lily. „Alle unsere Freunde sind auf der Gala und ich hätte ehrlicherweise nicht gewusst, wohin ich ihn sonst bringen soll, außer vielleicht nach Hogwarts."
Die alte Frau lächelte Lily an.
„Das ist doch selbstverständlich, Lily. Geht feiern, habt Spaß und amüsiert euch. Das Haus steht ja unter einem neuen Fidelius, so dass uns überhaupt nichts passieren kann."
„Danke, Bathilda."
„Und nun aber hurtig, dein Mann ist schon ganz aufgeregt."
Bathilda hatte Recht. James stand bereits in seinen Festumhang gehüllt ungeduldig mit Lilys Ausgehumhang in der Hand in der Diele. Seine Haare standen, obwohl er versucht hatte sie zu bändigen, wie immer in alle Richtungen und ausnahmsweise stand auch ihm die Nervosität deutlich ins Gesicht geschrieben. Die alte Frau schenkte Lily ein letztes Lächeln.
„Du siehst fantastisch aus, Kindchen. Und nun ab mit euch."
Lily warf einen letzten Blick auf Harry, der mit seinen Lieblingsbauklötzen spielte, winkte ihm kurz zu und huschte dann in den Flur.
„Ich muss Bathilda zustimmen. Du bist wunderschön." James hauchte ihr einen Kuss auf den Nacken, während er ihr in den Umhang half. „Das Kleid ist ein Traum."
Lily grinste ihren Mann verschmitzt an.
„Vielen Dank." Kendera Malkin hatte sie zwei Wochen zuvor in Lions High besucht und Willow, Lily, Sage, Dorcas, Potentia und Jade Kerr bei der Auswahl ihrer Roben für diesen Anlass beraten. Lily hatte sich schließlich für ein dunkelblaues, relativ klassisch geschnittenes Kleid mit einer kleinen transparenten Schleppe entschieden, welches an einem der Träger mit Strasssteinen bestickt war. ()
Auch alle anderen hatten farbige Kleider gekauft und würden damit ein deutliches Zeichen setzen: Die Zeit des Trauerns war vorbei, es musste wieder vorwärts gehen.

Pünktlich auf die Minute trafen sie im Ministerium ein, wo es von Auroren, Pressevertretern, geladenen Gästen und hochrangigen Ministeriumsangestellten nur so wimmelte. Die Eingangshalle war zu einem festlichen Empfangssaal umgewandelt worden und nichts erinnerte daran, dass hier normalerweise Angestellte auf dem Weg zur Arbeit entlanghetzten. Der Brunnen der magischen Brüderlichkeit, der unter dem Regime entfernt worden war, erstrahlte in neuem Glanz und wurde magisch angeleuchtet. Heute bildete er zudem den Mittelpunkt einer Art Bühne, die um ihn herum erbaut worden war. Hunderte goldene Stühle waren aufgestellt worden und vor den Glasanbauten der Büros hingen zwei riesige Plakate mit dem Wappen des Ministeriums, welches sich bewegte.
Es dauerte keine fünf Sekunden, als auch schon die ersten Pressevertreter auf sie aufmerksam wurden und ein Fotograf auf sie zu drängte und begann, Bilder von ihnen zu machen. Ihm folgte dicht auf den Fersen ein Reporter.
„Mrs Potter, dies ist das erste Mal, dass sie nach der Schlacht wieder ins Ministerium zurückkehren. Wie fühlen Sie sich?", fragte er.
Lily sah den jungen Mann an.
„Von welcher Zeitung sind Sie? Sie sind erstaunlich schlecht informiert. Ich war sogar als Zeugin bei einem der Todesserprozesse geladen."
Der Mann lief rot an, ließ sich aber nicht abbringen.
„Ich bin von der Hexenwoche, allerdings habe ich nicht über die Prozesse berichtet. Mrs. Potter, ein kurzes Interview bitte?"
Lily nickte dem Mann zu.
„Sie bekommen ihr Interview. Unter zwei Bedingungen. Bevor es gedruckt wird, geht eine Version davon an die Sekretärin meines Mannes und erst wenn unsere Freigabe erfolgt ist, drucken Sie es."
Der Mann nickte eifrig. Wahrscheinlich hätte er alles für ein Interview getan.
„Und die zweite Bedingung?"
„Danach lassen Sie uns den Rest des Abends in Ruhe! Gleiches gilt für meine Freunde und meine Familie. In Ordnung? Wie heißen Sie?"
Er nickte abermals. „Ich heiße Rob."
„Gut, dann mal los, Rob."
„Mrs Potter, Ihnen und Ihrem Mann werden heute Orden des Merlin Erster Klasse für den Sieg über Du-weißt-schon-wen verliehen. Ich bin sicher, dies ist ein großer Tag für Sie? Wie fühlen Sie sich?"
„Ehrlicherweise fürchterlich aufgeregt. Weder James noch ich haben das Gefühl, einen Orden verdient zu haben. Das, was wir getan haben, geschah aus Liebe zu unserem Sohn, unserer Familie und unseren Freunden. Jeder im Orden des Phönix hätte an unserer Stelle genauso gehandelt, hätte man ihm die Möglichkeit gegeben."
Rob stutze einen Moment als er ihre Antwort vernahm.
„Ich bin etwas verwundert. Wenn man sie beide so ansieht, dann sieht man eigentlich das perfekte, elitäre Paar. Musterschüler, herausragende Talente, Reichtum, Schönheit, Intelligenz und dazu noch brillante Karrieren. Das ist wohl das, was die Allgemeinheit mit dem Namen Potter in Verbindung bringt. Aber das was ich hier gerade höre, ist absolute Bescheidenheit. Ist die neu im Hause Potter?"
„Ich glaube, ich muss eine Gegenfrage stellen, Rob. Wie gut haben Sie sich mit meiner Familie beschäftigt?" Lily versuchte, ruhig zu bleiben und suchte nach James, der sich allerdings ein Stück weiter mit einem älteren Herrn unterhielt.
„Ähhh...", stammelte der Angesprochene.
„Ja, das dachte ich mir. Sie sollten das nachholen, bevor sie den Artikel schreiben. Vielleicht fangen Sie zumindest bei meinen Schwiegereltern an, ich würde Ihnen allerdings empfehlen, die Karriere von Potentia Silverstein auch einmal genauer anzuschauen. Und wenn sie noch etwas Zeit haben, beschäftigen Sie sich mit den Großeltern meines Mannes. Vielleicht möchten Sie das Interview danach fortsetzen? Ich nehme mir gerne nochmal Zeit für Sie, wenn Sie etwas besser vorbereitet sind."
Rob starrte sie an, aber Lily gratulierte sich innerlich selbst dafür, dass sie tatsächlich ihr altes Ego wiedergefunden hatte. Früher hatte sie nur James so die Stirn bieten können.
„Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie dies tun würden."
Lily nickte ihm divenhaft zu, zumindest glaubte sie, dass es divenhaft war und entfernte sich dann.

„Du warst großartig", sagte eine bekannte Stimme hinter ihr.
Lily fuhr herum.
„Remus!" Liebevoll umarmte sie ihren besten Freund. „Du meine Güte, wir haben uns seit Silvester nicht mehr gesehen."
Er lachte leise.
„Das ist erst zwei Wochen her."
„Kommt mir vor wie eine Ewigkeit." Ein kleines, koboldhaftes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Meine Schüler haben mich ganz schön auf Trab gehalten."
„Das dachte ich mir. Wie gefällt es dir als Professorin?"
„Ich liebe es, Remus. Von ganzem Herzen. Auch wenn ich es niemals für möglich gehalten hätte, dann ist wohl das meine Bestimmung."
Sie hätte sich gerne noch länger mit Remus unterhalten, aber sie wurden gebeten, ihre Plätze einzunehmen, weil die Verleihung gleich beginnen würde.
Lily und James nahmen gemeinsam mit Willow und Primus in der ersten Reihe Platz. Um sie herum saßen die vielen Mitglieder des Ordens. Sirius, Dorcas, Remus, Sage und Jonathan saßen direkt hinter ihnen. Es war Primus, der sich erhob, kaum, dass alle anderen platziert waren, und auf die Bühne trat.

„Verehrte Damen, verehrte Herren", begann er zu sprechen, wobei seine Stimme magisch verstärkt durch den Raum hallte. „Ich danke Ihnen allen, dass Sie der Einladung des Ministeriums so zahlreich gefolgt sind. Der heutige Abend hat für uns alle einen wichtigen Symbolcharakter. Er markiert den Abschluss einer der traurigsten Epochen unserer Gemeinschaft und gleichzeitig den Beginn einer neuen Ära, von der ich hoffe, dass wir diese gemeinsam einläuten können." Er machte einen kurze Pause und gab den Anwesenden einen Moment Zeit, seine Worte auf sich wirken zu lassen. „Ich persönlich, kann mir keinen besseren Ort für einen Neubeginn vorstellen, als hier vor dem Brunnen der Magischen Brüderlichkeit." Er deutete auf die goldenen Statuen hinter sich. „Ich hoffe sehr, dass wir in Zukunft so brüderlich und natürlich schwesterlich zusammenleben können, wie diese Statuen zusammenstehen und zwar alle magischen Geschöpfe, egal welcher Herkunft. Dafür setzt sich meine Familie schon seit vielen Jahrhunderten ein und dafür werden wir auch in Zukunft stehen und ich bin zuversichtlich, dass wir viele an unsere Seite wissen. Wir dürfen nicht zulassen, dass solch ein grausamer Krieg uns noch einmal überrollt, dafür müssen wir aber alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Machen Sie alle der Diskriminierung ein Ende." Primus' Stimme klang eindringlich durch die Reihen und die Anwesenden hingen fast ehrfürchtig an seinen Lippen. „Heute allerdings wollen wir diejenigen ehren, die heldenhaft für unser aller Freiheit gekämpft haben. Das Ministerium hat unzählige Vorschläge für die Verleihung von Merlinsorden bekommen und tatsächlich werden heute Abend so viele Orden verliehen wie noch niemals zuvor. Noch einmal zur Erinnerung für alle das Zeremoniell, nach dem bei der Verleihung vorgegangen wird. Jeder Zauberer und jede Hexe der britischen Zauberergemeinschaft kann ein Mitglied derselben beim Ministerium für einen Orden des Merlin unter Angabe eines Grunds vorschlagen. Diese Vorschläge werden dann einer Kommission vorgetragen, welche sie wiederum mit dem Zaubergamot und der Internationalen Zauberervereinigung abstimmt.
Zuerst möchte ich die Zauberer und Hexen ehren, die den Orden von uns posthum verliehen bekommen.
Für Ihre aufopferungsvollen Dienste bis zum Tod möchten wir folgenden Personen den Orden des Merlin, zweiter Klasse verleihen:
Jones, Morgan
Jones, Sarah
Jones, Oliver
Prewett, Fabian
Prewett, Gideon
Munch, Erich
Carter, Brandon
McKinnon, Marlene
McKinnon, Henry
Fenwick, Benji
Dearborn, Caradoc
Podmore, Sturgis
Bones, Edgar
Slughorn, Horace
Shacklebolt, Kingsley
Moody, Alastor"

Während Primus die Namen verlas und Angehörige nach oben traten, um die Orden entgegen zu nehmen, drangen immer wieder unterdrückte Schluchzer durch das Publikum. Es war Hestia, welche die Orden für die Familie Jones entgegen nahm und dabei einen kleinen Moment an Morgan erinnerte.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now