♡99. Bathilda

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Am Morgen von Harrys Geburtstag und somit auch Lilys und James' drittem Hochzeitstag trafen die ersten Nachrichten seit Langem ein. Geschenke und Glückwünsche von Sirius, Remus, Albus und dem halben Orden. Da Eulenpost immer noch zu gefährlich war, wurden die Pakete und Briefe von Hauselfen zugestellt. Allesamt ließen sie sich entschuldigen, dass sie nicht kommen können würden, wichtige Aufgaben für den Orden hielten sie davon ab. Sirius' Brief war der ausführlichste. Er bedauerte es zutiefst, dass er Harrys ersten Geburtstag nicht mit ihnen feiern konnte. Aber er hoffe sehr, dass es ihnen gut ginge und sie sich bald wiedersehen würden. Vielleicht sei ja bald schon alles vorbei. Solange würde Harry, wenn er seinem Vater auch nur im geringsten ähnelte, sicherlich sehr viel Spaß an seinem Geburtstagsgeschenk haben, das er auf einer Auslandsreise erstanden hatte. In England war es viel zu gefährlich, Geschäfte der Zaubererwelt zu betreten. Sirius' Geschenk enthielt einen brandneuen Spielzeugbesen, der James' Nimbus ähnelte und sofort von Harry jauchzend in Beschlag genommen wurde.
Ein weiterer Brief enthielt eine Einladung von Bathilda Bagshot, einer Nachbarin und guten Freundin von James' Eltern zum Nachmittagstee. Sie hätte den kleinen Harry schon so lange nicht mehr gesehen und würde sich sehr freuen. Ihr Haus stand ebenfalls unter dem Fidelius, also war es kein Risiko. Als alte Freundin von Albus, war er auch Bathildas Geheimniswahrer. Sie trennten also Harry, der mit seinem Besen fast die Katze umgebracht und eine Vase zerstört hatte, von seinem Besen, natürlich nicht ohne Gemaule seinerseits, und begaben sich am Nachmittag zu Bathilda. Es war ein kurzweiliger Nachmittag.

Am Wochenende darauf kam das erste Mal seit ihrem Umzug ins Cottage Besuch. Es war Peter, der vollkommen niedergeschlagen wirkte und neben einem Geschenk für Harry eine fürchterliche Nachricht mitbrachte. Marlene McKinnon, ein Mitglied des Ordens und eine ehemalige Mitarbeiterin von James' Vater, war mitsamt ihrer Familie von den Todessern getötet worden. Lily verkraftete diese Nachricht nur sehr schwer. Marlene war ihr äußert sympathisch und eine Art Freundin gewesen. Nachdem Peter gegangen war, weinte sie den halben Abend. Am Tag darauf kam Bathilda vorbei. James hatte sie an Harrys Geburtstag mittels der Nachricht von Peter eingeweiht und nun konnte Bathilda auch die Potters besuchen. Es schien, als hätte sie gespürt, dass Lily etwas Abwechslung brauchte. Manchmal saßen sie Stunden in der gemütlichen Küche und sprachen über Merlin und die gesamte Zauberwelt. Bathilda war eine der bekanntesten Historikerinnen der Zaubererschaft und konnte Unmengen von Geschichten erzählen. Von den Koboldaufständen über die Hexenverfolgung.
„Hast du eigentlich niemals daran gedacht, Lehrerin in Hogwarts zu werden?" fragte Lily eines Abends Anfang August. Die alte Frau schüttelte den Kopf.
„Nein, ich bin gut darin, Fakten zusammenzutragen und niederzuschreiben. Das Unterrichten habe ich lieber Personen wie Albus überlassen. Auch wenn es wohl nicht immer sein Ziel war, ist er doch sehr begabt im Umgang mit Schülern." James sah seine Nachbarin verwirrt an.
„Was meinst du damit, auch wenn es nicht immer sein Ziel war?"
„Nun, in unserer Schulzeit – ich war ja gemeinsam mit Albus und Elphias Dodge – in einem Jahrgang und Haus in Hogwarts – hatte man manches Mal das Gefühl, dass Albus nicht schnell genug aus Hogwarts wegkommen konnte, auch wenn er als einer der begabtesten Schüler gilt, der Hogwarts jemals abgeschlossen hat. Wenn ich richtig informiert bin, wollte er nach dem Schulabschluss eigentlich mit seinem Freund Elphias Dodge reisen. Aber durch den Tod seiner Mutter musste er sich um seine Schwester Ariana kümmern. Damals hat er auch Gellert Grindelwald kennengelernt, mit dem er einige Zeit befreundet war. Später entschloss er sich zu einer Ausbildung als Lehrer. Der Rest ist wohl Geschichte."
Lily glaubte nicht richtig gehört zu haben. Albus Dumbledore sollte mit Gellert Grindelwald befreundet gewesen sein? Jenem schwarzen Magier, der jahrzehntelang in Europa gewütet hatte, bevor Albus Dumbledore ihn 1945 in einem legendären Duell besiegte. Unwillig schüttelte sie den Kopf. Und auch James' Gesicht war zu einer misstrauischen Grimasse verzogen. Bathilda schien dies nicht zu bemerken und plauderte weiter über Albus' Werdegang und seine spätere Freundschaft zu den Potters. James kannte die Geschichten. Schließlich war im Laufe der Jahre eine tiefe Beziehung zwischen seinen Eltern und Albus entstanden. Die magischen Familien in Godric's Hollow hatten schon immer zusammengalten, aber zwischen den Potters und Albus war es mehr gewesen.

Am Abend schrieb Lily Sirius einen langen Brief. Zum einen, um ihm für Harrys Geburtstagsgeschenk zu danken, aber auch, um einfach wieder einmal Verbindung zu ihm bekommen. Sie konnte sehen, wie sehr ihr Mann seine Freunde vermisste und hoffte, dass es bald für sie möglich sein würde, wieder einmal zu Besuch vorbeizukommen. Dass sich ihre Hoffnung bereits eine Woche später erfüllen würde, damit hätte sie nicht gerechnet. Denn plötzlich standen Sirius, Remus und Dorcas vor der Tür.
Sie hatten ihren ersten freien Tag seit Monaten und tatsächlich auch den ganzen Tag Zeit. In James' Augen erschien ein Leuchten, als er seine Freunde erblickte. Er umarmte sie heftig und zog sie ins Wohnzimmer. So lange waren Sirius und James, seit sie sich kannten, nie dauerhaft getrennt gewesen. Lily ging mit Dorcas in die Küche, um den Männern ein paar Minuten alleine zu gönnen.
„Peter hält sich also gut versteckt?", war das Erste, das Lily und Dorcas hörten, als sie beladen mit Getränken und Sandwiches ins Wohnzimmer kamen. Remus nickte.
„Ja, seit dem letzten Besuch hier bei Euch hat er sich vollständig zurückgezogen. Es ist zu gefährlich. Voldemort sucht verstärkt nach euch, dies hat Albus von Spionen innerhalb der Todesser erfahren."
„Wir haben Spione in Voldemorts Reihen?" James' Stimme wurde laut vor Aufregung.
„Ja, Albus hat es geschafft, in den innersten Reihen der Todesser mindestens eine Person auf unsere Seite zu ziehen, die uns regelmäßig Informationen zukommen lässt, wenn es irgendwie möglich ist. Das ist der Grund, warum in der letzten Zeit so wenige von uns zu Schaden gekommen sind. Wir wissen, wo und wann die Todesser zuschlagen. Bald haben wir hoffentlich genug Informationen, um ihn zu besiegen. Albus vermutet, dass es uns vielleicht noch vor Weihnachten gelingen könnte", berichtete Sirius hoffnungsvoll.
„Ihn besiegen? Noch bis Weihnachten?" Lily glaubte, ihren eigenen Ohren nicht zu trauen. Dies waren die besten Nachrichten seit Jahren. Sirius nickte heftig, sein Gesicht war zwar gezeichnet von den Strapazen, dennoch glitzerten seine Augen hoffnungsvoll. Den ganzen Tag sprachen sie über alles. Den Orden, den Heiltrank für James' Eltern und Bathildas Geschichten über Dumbledore. Sirius spielte vergnügt mit seinem Patensohn und alle versprachen, in der nächsten Zeit wieder öfter zukommen. Ihre schwierigen Auslandsmissionen waren beendet und somit war es leichter, vorbeizuschauen.

„Sirius, Remus, ich habe noch eine kleine Bitte an euch", sagte Lily schließlich spät am Abend. Wenig später verabschiedete sich der Besuch.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now