♡ 75. Harrys Weihnachten

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Weihnachten begann für Lily und James mit einer Schicht ihrer Mission mitten in der Nacht, sie wurden gegen Mittag abgelöst. Zuhause machten sie sich direkt an das Schmücken ihres Weihnachtsbaums. Dorcas und Sirius werkelten schon in der Küche. Kaum war der Baum fertig, verschwanden sie in ihr Schlafzimmer. Sie würden noch eine Mütze voll Schlaf brauchen.
Gegen Abend würden Remus, Sage, Peter, Janine, Morgan und Brandon zum Essen kommen. Lily hatte sich gewünscht, den Heiligen Abend gemeinsam mit Freunden zu verbringen, auch wenn es kein traditioneller Feiertag war. Es wurde ein äußerst friedlicher und lustiger Abend. Sie aßen, tranken und lachten und vergaßen für einen Abend, dass dort draußen Krieg herrschte.

Als Lily am nächsten Morgen nach unten kam, war außer ihr noch niemand wach. Sie setzte eine Kanne Kaffee auf und ging dann mit einer Tasse des dampfenden Getränks ins angrenzende Wohnzimmer. Vor dem Weihnachtsbaum blieb sie stehen und betrachtete ihn lächelnd. Auf einigen Kugeln prangte das Familienwappen der Peverells und alle waren entweder gold oder rot. Es war eindeutig ein Gryffindor-Weihnachtsbaum. Sie stellte ihre Kaffeetasse auf dem Couchtisch ab und nahm Platz. Ihr Blick ruhte zwar auf dem Weihnachtsbaum, aber sie sah etwas vollkommen anderes.

Harry! Seit Halloween hatte ihr Sohn sie nicht mehr 'besucht'. Sie sah ihn und den rothaarigen Jungen, den sie schon aus einer anderen Vision kannte, und sie waren unverkennbar im Schlafraum des Gryffindor-Turms. Lily brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass es genau der gleiche Schlafraum war, den sich die Rumtreiber geteilt hatten.
„Fröhliche Weihnachten", sagte der rothaarige Junge etwas schläfrig.
„Dir auch", wünschte ihm Harry. „Schau Dir das an! Ich habe Geschenke bekommen." Er sagte dies in einem Ton, der Lily vermuten ließ, dass es das erste Mal in seinem Leben war. In diesem Moment hasste sie ihre Schwester aus tiefstem Herzen. Harry machte sich mit einem breiten Grinsen an den Geschenken zu schaffen. Nach und nach kamen eine hölzerne Flöte und ein Fünfzig-Pence-Stück von Petunia und Vernon (Lily musste sich zusammenreißen, um nicht direkt zu ihrer Schwester zu apparieren) zum Vorschein. Als nächstes öffnete Harry ein Paket, das sein rothaariger Freund mit den Worten kommentierte: „Oh nein, sie hat dir einen Weasley-Pulli gestrickt." Und Harry hielt einen dicken smaragdgrünen Pulli und eine Tüte Plätzchen in der Hand und sah unglaublich glücklich aus. Lily kannte nur eine einzige Person, die dieses Weihnachtsgeschenk geschickt haben konnte und sie nahm sich fest vor, bei der nächsten Gelegenheit Molly ganz fest zu umarmen. Doch Harrys Geschenke waren noch nicht alle ausgepackt. Er bekam noch ein Paket Schokofrösche von einem Mädchen namens Hermine und Lily nahm an, dass es eine Freundin von ihm und seinem rothaarigen Freund, dessen Namen sie nicht kannte, war. Dann war das letzte Paket an der Reihe. Harry riss es auf und etwas silbernes, fließendes glitt heraus. Lily erkannte es sofort: James' Tarnumhang! Die Jungs brauchten nicht lange, bis sie herausfanden, was es war und entdeckten dann einen Zettel, der herausgefallen war.
'Dein Vater hat mir dies vor seinem Tode zur Aufbewahrung überreicht. Nun ist die Zeit gekommen, ihn dir zu geben. Gebrauche ihn klug. Fröhliche Weihnachten wünsche ich dir.'
Der Brief war nicht unterschrieben, aber Lily erkannte die Schrift sofort. Einen Moment spürte sie vollkommene Erleichterung bei dem Gedanken, dass Albus noch da war, um sich um Harry zu kümmern!

Die Szene verschwamm und vor Lilys Augen tauchten neue Bilder auf.

Sie konnte Harry sehen, der nachts durch die Gänge von Hogwarts streifte. Wahrscheinlich verborgen unter dem Tarnumhang, so wie sein Vater es immer getan hatte. Ihr gefror das Blut in den Adern, als plötzlich Snape und Filch vor Harry auftauchten. Einen Moment war Lily verwirrt. Was macht Severus in Hogwarts? Severus, der Todesser? Harry war schlau genug, in den Spalt einer geöffneten Tür zu flüchten. Vor dem Raum entfernten sich die Schritte der zwei Männer. Harry sah sich in dem Raum, einem nicht mehr benutzten Klassenzimmer, um und sein Blick fiel auf einen riesigen Spiegel. Auf dem Rahmen war eine Inschrift eingeprägt, aber Lily hatte nicht die geringste Ahnung, was sie bedeuten sollte. Harry trat näher an den Spiegel und blickte hinein. Doch es war nicht alleine sein Spiegelbild, welches ihm entgegensah. Hinter ihm stand eine ganze Ansammlung von Personen. Lily blickte in ihr eigenes Antlitz, das gleichzeitig lächelte und weinte. Neben ihr stand James, der den Arm und sie gelegt hatte. Beide hatten ihre Hände auf Harrys Schultern. James' Eltern waren ebenso zu sehen wie ihre eigenen und daneben viele weitere Familienmitglieder. Lily musste blinzeln.
„Mum? Dad?", fragte Harry gerade, doch die Spiegelbilder lächelten ihn nur an. Lily brach schier das Herz bei der Vorstellung, dass es das erste Mal war, dass Harry seine Familie sah.

Wieder verschwammen die Bilder und die gesamte Szenerie veränderte sich.

Es war nicht länger Hogwarts, wo Harry sich aufhielt und er war auch einige Jahre älter. Er sah seinem Vater so ähnlich, dass Lily zweimal hinsehen musste, um zu erkennen, dass es nicht James war, der vor ihr stand. Bei ihm war ein recht hübsches Mädchen mit buschigen braunen Haaren. Falsche Haarfarbe, sie konnte auf keinen Fall Harrys Freundin sein, außerdem war ja da noch das rothaarige Mädchen, das Harry geküsst hatte. Das Mädchen reichte Harry einen der beiden Becher, die sie in der Hand hielt und beide tranken. Kurz darauf verwandelten sie sich und apparierten. Lily nickte anerkennend. Ein perfekter Vielsafttrank. Die beiden standen Hand in Hand auf einem verschneiten Sträßchen. Sie musste keine Minute überlegen, wo die beiden sich aufhielten. Godric's Hollow. Die einzige Frage, die sie sich stellte, war, warum Harry getarnt in seinen Heimatort zurückkehren musste. Harry und das Mädchen gingen durch das Dorf. Sie kamen an der kleinen Kirche vorbei, die Lily so mochte. Aus dem Inneren drang ein Weihnachtslied.
„Harry, ich glaube, es ist Heiligabend!", sagte das Mädchen.
„Tatsächlich?"
„Ganz bestimmt." Das Mädchen sah Richtung Kirche. „Sie... sie sind wohl dort, oder? Deine Mum und dein Dad? Ich kann den Friedhof dahinter sehen."
Lily schluckte. Nun war klar, warum Harry hier war. Die beiden gingen weiter, doch in der Mitte des Platzes blieb das Mädchen plötzlich stehen.
„Harry, sieh mal!", sagte sie und deutete auf ein Kriegerdenkmal. Es war ein Standbild von drei Menschen. Lily, James und Harry. Harry sah sich das Denkmal an und forderte dann das Mädchen zum Weitergehen auf.
Sie betraten den Friedhof und teilten sich auf.
„Harry, hier!" Das Mädchen war vor einem Grab stehen geblieben. Kendra Dumbledore, konnte Lily auf lesen. Sie atmete erleichtert aus. Sie fühlte sich nicht bereit, ihr eigenes Grab zu sehen. Nachdem das Mädchen Harry zu einem weiteren Grab gerufen hatte, wurde Harry etwas unwirsch.
„Ich suche weiter nach meinen Eltern, in Ordnung?"
Wenig später ertönte die Stimme des Mädchens erneut.
„Harry, sie sind hier... hier ist es." Lily hielt unbewußt den Atem an, während Harry auf das Grab zuging. Es war aus weißem Mamor.

James Potter
Geboren am 27. März 1960, gestorben am 31. Oktober 1981
Lily Potter
Geboren am 30. Januar 1960, gestorben am 31. Oktober 1981

Der letzte Feind, der zerstört werden wird, ist der Tod.

Lily konnte das Grauen im Gesicht ihres Sohnes nicht mehr ertragen. Ungeduldig schüttelte sie den Kopf, als könnte sie so die Vision vertreiben.

Sie öffnete die Augen. Es hatte tatsächlich geklappt. Die Vision war verschwunden und sie war wieder in ihrem eigenen Wohnzimmer, nur wenige Hundert Meter entfernt davon, wo später ihr Grab sein würde. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nicht mehr alleine war. James saß neben ihr und hatte ihre Hand genommen. Lily brauchte nicht zu fragen, ob er es auch gesehen hatte, seine Augen verrieten alles.
„Drei Jahre, es sind nicht mal mehr drei Jahre", flüsterte sie.
„Wir werden alles tun, um das zu verhindern, Lily. Alles."

James Potter und das Erbe GryffindorsKde žijí příběhy. Začni objevovat