♡ 64. Abgelehnte Angebote

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James musterte sein Gegenüber ebenfalls kalt. Seine Hand wanderte zu seinem Zauberstab in der Tasche, bereit ihn jederzeit zu ziehen. Ein Blick aus den Augenwinkeln verriet ihm, dass Lily das Gleiche tat.
"Rabastan, wie nett, dich hier zu treffen. Wie geht es deinem Bruder und seiner Frau? Ich habe gehört, dass die Schwester deiner Schwägerin ebenfalls vor einigen Wochen geheiratet? Sirius war sehr betrübt, dass er keine Einladung erhalten hat. Seine eigene Cousine lädt ihn nicht einmal zu ihrer Hochzeit ein." James versuchte, die Ironie in seiner Stimme zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht vollständig. Einen Moment bereute er es, einen potentiellen Todesser zu provozieren. Doch sie waren nicht mehr in Hogwarts. Die Winkelgasse war nur ein paar Schritte entfernt und mit ihr Unmengen an erwachsenen Hexen und Zauberern. Rabastan würde es wohl kaum wagen, sie hier anzugreifen.

"Du glaubst wirklich, wir würden einen Blutsverräter wie Sirius zur Hochzeit meiner Schwester einladen?", fragte eine raue, hochmütige Stimme hinter ihm. James wandte sich leicht um, ohne jedoch Rabastan aus den Augen zu lassen. Nur wenige Meter entfernt von Lily stand Bellatrix Lestrange, geborene Black, Cousine von Sirius und Schwester von Andromeda Tonks und Narzisse Malfoy. Bellatrix verkörperte alles, was James am Hause Black hasste. Sie galt als Todesserin und stand Voldemort den Gerüchten zufolge sehr nahe. Ihr Fanatismus und Rassismus waren weithin bekannt. Die große schwarzhaarige Hexe trat einige Schritte näher an James und er hatte das Gefühl, ein irres Glitzern in ihren Augen zu erkennen.
"Es gibt nur wenige, die ich mehr verachte als Sirius. Dich und Deine Familie zum Beispiel. Du besudelst durch und durch reines und edles Blut, indem du dieses Schlammblut geheiratet hast. Wie mein werter Cousin bist du eine Schande für die Zaubererschaft, Potter, und insbesondere für die Familie Black." James fluchte innerlich. Wie hatte er nur so dumm sein können? Natürlich war Rabastan nicht so mutig, sich gegen ihn zu stellen, wenn in der Nähe nicht noch mehr seiner Sorte waren. Er stellte sich schützend vor Lily, auch wenn bisher noch kein einziger Zauberstab zu sehen war.

"Ach, Bellatrix, früher oder später werdet ihr lernen, dass reines Blut vollkommen unwichtig ist."
"Nein, Potter, du wirst lernen, was für einen Fehler Du und Deine Familie begangen habt, als Ihr Euch gegen den Dunklen Lord gestellt habt.", zischte Bellatrix.
"Und du willst mir das beibringen?" James versuchte, sich nicht auf ihre Provokation einzulassen, aber es gelang ihm nicht.
"Wenn es sein muss." Sie zog ihren Zauberstab. "Komm, zeig mir, was ein Schüler und ein Schlammblut der treusten Dienerin des Dunklen Lords entgegenzusetzen haben, die noch dazu alles von ihm selbst gelernt hat." Bellatrix brach in ein irres, schrilles Lachen aus. "Zieh deinen Zauberstab und verteidige dich, Schlammblut", brüllte sie Lily an. Lily und James hatten ihre Zauberstäbe gleichzeitig erhoben und richteten sie auf Bellatrix und Rabastan. Lily stand so dicht bei James, dass er fast spüren konnte, wie sie zitterte. Keiner der beiden hatte bisher ein wirklich ernsthaftes Duell geführt, die Übungsduelle in Hogwarts oder dem Orden des Phönix konnte man da nicht wirklich zählen. Ein weiterer Blick auf Lily verriet ihm, dass sie ihren Kopf geleert hatte und bereit war.
Keine Sekunde zu spät, denn Bellatrix hatte bereits ihren ersten Fluch gesprochen. Doch es blieb keine Zeit, ihre Kräfte zu verbinden.
"Protego", schrie James. Und vor Lily baute sich ein Schutzschild auf. Er selbst war nun allerdings ungeschützt und Bellatrix' Fluch traf ihn mit voller Wucht. Er wurde zurückgeschleudert und landete auf dem harten Boden, seinen Zauberstab fest umklammert. In dem Moment, den er brauchte, um sich aufzuraffen, hatte Lily begonnen, sich mit Rabastan zu duellieren. Bellatrix widmete ihre volle Aufmerksamkeit James. Ihr irres Lachen klang in seinen Ohren.
"Ich hätte gedacht, du hältst ein wenig länger durch, Potter. Wie enttäuschend. Der erste Fluch haut dich schon um und dabei war es nur ein ganz schwacher Entwaffnungszauber. Ich würde zu gerne wissen, was du machst, wenn ich dich mit einem stärkeren Zauber belege." Sie lachte wieder schrill und war so in ihre kleine Rede versunken, dass sie nicht bemerkte, dass James und Lily wieder direkt nebeneinander standen und schnell "Lumos", gemurmelt hatten.

"Wie wäre es denn mit Cr...", rief Bellatrix nun, doch dieses Mal waren Lily und James schneller. Bevor die Todesserin den Fluch fertig ausgesprochen hatte, wurde sie von einem starken Schockfluch getroffen. Das Erstaunen war eindeutig in ihren Augen zu erkennen, während sie fiel. Rabastan schien allerdings nicht so leicht aufzugeben. Er erlöste Bellatrix aus ihrer Ohnmacht und begann dann, erneut Flüche auf die Potters abzuschießen. Allerdings hatte er wohl nicht damit gerechnet, dass die beiden diese relativ locker abwehrten. Sie brauchten dafür nicht einmal ihre Kräfte zu bündeln.
Bellatrix brauchte einen Moment, bis sie wieder ganz bei sich war. Zumindest dachte James das, bis er realisierte, dass sie schon eine Weile stand, bevor sie Rabastan zu Hilfe kam. Er hatte keine Zeit, weiter über das seltsame Verhalten nachzudenken, denn Bellatrix war ein eindeutig anspruchsvollerer Gegner als Rabastan.

Flüche schlugen in die Wände der umliegenden Häuser ein und hin und wieder konnte man Gestein bröckeln hören. James und Lily behielten einigermaßen die Überhand, bis plötzlich vier weitere Gestalten in dunklen Umhängen vor ihnen auftauchten. James dämmerte, warum Bellatrix so lange gebraucht hatte. Sie hatte Verstärkung gerufen! Doch scheinbar war sie nicht die Einzige gewesen, denn hinter sich hörte James mehrere leise Plops, das Zeichen, dass Zauberer appariert waren. Er schockte Bellatrix erneut und warf einen Blick hinter sich. Dort standen Sirius, Remus, seine Eltern sowie Dorcas mit erhobenen Zauberstäben. Die Todesser kamen näher und James konnte ihre Gesichter sehen. Lucius Malfoy, der Ehemann von Bellatrix' Schwester Narzissa, Rodolphus Lestrange, dahinter Antonin Dolohow. Die engste Gruppe Todesser um den Dunklen Lord. James' Blick fiel auf die vierte Gestalt und einen Moment hatte er das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Es war niemand anderer als Voldemort selbst!

Einen Moment schien die Welt stillzustehen, als Voldemort näherkam. Kein Fluch wurde gesprochen, alle starrten den Dunklen Lord an. Sein Gesicht hatte kaum noch menschliche Züge und James fragte sich unwillkürlich, wie er wohl als Hogwarts-Schüler ausgesehen haben mochte.
"Die gesamte Familie Potter vereint, wie wundervoll." Seine Stimme klang noch kälter als die seiner Anhänger. "Primus, Willow, James, ich biete es euch noch ein letztes Mal an. Kommt auf meine Seite und niemand wird heute hier sterben müssen. Ich möchte ungerne solch reines altes Blut vergießen wie das Eure. Das gilt auch für Dich, Sirius, Deine Eltern hätten endlich wieder einen Grund, stolz auf Dich zu sein, wenn Du Dich mir anschließt."
James konnte den Ekel im Gesicht seines besten Freundes lesen, doch er beherrschte sich.
"Und Du, Lupin. Fenir würde sich freuen, Dich wiederzusehen und in seine Reihen aufzunehmen." Remus stieß einen leisen Würgelaut aus. Voldemort schien es nicht zu hören, sein Blick war zu Lily und Dorcas gewandert.
"Euch zwei kenne ich leider nicht, aber eine Verwendung finden wir für Euch sicherlich auch. Wobei, wenn ich mir die roten Haare so ansehe", sein Blick glitt über Lily, "dann musst Du das Schlammblut sein, das James geheiratet hat."
Sirius verzog das Gesicht und spuckte, bevor es jemand verhindern konnte, Voldemort direkt vor die Füße.
"Wag es nicht, Lily zu beleidigen. Sie ist alles, was du niemals sein wirst. Keiner von uns wird sich dir jemals anschließen."
Voldemort fixierte Sirius.
"Wenn ich nicht so viel Respekt vor deiner Familie hätte, hätte ich dich bereits längst getötet, Sirius Black." Er lachte. Es war ein Lachen, das das Blut in den Adern gefrieren ließ. "Aber was bisher nicht geschehen ist, lässt sich problemlos ändern."
Mit diesem Satz brach die Hölle los und Flüche schwirrten erneut durch die Luft.
Sirius und Dorcas sahen sich plötzlich seiner Cousine gegenüber, mit der sie verbissen kämpften. Willow duellierte sich mit Rodolphus und Primus wurde von Malfoy angegriffen. Remus und Rabastan lieferten sich ebenfalls einen erbitterten Kampf.
Für James und Lily wurde ihr persönlicher Albtraum wahr. Sie befanden sich mitten in einem Duell mit dem schwärzesten Magier aller Zeiten. Sie schafften es einigermaßen, ihn in Schach zu halten, hatten aber keine Chance, ihre Kräfte zu bündeln. Plötzlich tauchte Remus auf, der Rabastan entwaffnet hatte und verschaffte mit einem gut gezielten Fluch auf Voldemort Lily und James genau die Zeit, die sie benötigten.
"Lumos", riefen sie gleichzeitig und James konnte die Verbindung spüren.
"Licht hilft euch hier auch nicht weiter", schnarrte Voldemort und schickte den nächsten Fluch auf Reisen.
'Protego', dachte James und im gleichen Moment brach aus ihren beiden Zauberstäben der gleiche Schutzzauber hervor, der sich zu einem perfekten Schutzschild verband. Voldemorts Fluch prallte daran einfach ab. Einen Moment wirkte er verwirrt, diese Gelegenheit nutzten James und Lily, um einen Stupor hinterherzuschicken, der Voldemort sogar tatsächlich traf, wenn auch nicht außer Gefecht setzte.
In Voldemorts verzerrten Zügen war blankes Entsetzten zu lesen.
"Rückzug", rief er und kurz darauf waren alle Todesser disappariert.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now