♡94. Der Orden kehrt zurück

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Trotz der ewigen Gefahr gingen die meisten Missionen der Ordensmitglieder recht glimpflich aus. Willow, die mittlerweile als Heilerin für den gesamten Orden fungierte, musste zwar oft zu Mitgliedern mit Verletzungen eilen oder auch hin und wieder zu schwereren Fluchschäden, aber keine dieser Sachen hinterließ bleibende Probleme bei den Betroffenen. Damit die einzelnen Mitglieder besser in Kontakt bleiben konnten, hatten die jeweiligen Geheimniswahrer jedem Mitglied die Standorte der Häuser mitgeteilt und Albus hatte Zauber in den Häusern eingerichtet, die es den Mitgliedern untereinander gestatteten, mit einer Vorankündigung in die Wohnungen der anderen zu apparieren. So konnten die Mitglieder sich nun zumindest etwas freier bewegen und auch Ordenssitzungen fanden wieder statt. Oft im Hause der Weasleys, da Molly wieder einmal kurz vor der Entbindung stand und es für sie mit ihren sechs Söhnen praktisch unmöglich war, den Fuchsbau zu verlassen.
Als Lily zum ersten Mal mit dem kleinen Harry den Fuchsbau betrat, nach Monaten der Isolation im Potter-Anwesen, war es ein wenig, als ob eine Last abfallen würde. Der Fuchsbau hatte sich kein bisschen verändert, seit sie zum letzten Mal, zu Rons Geburt, hier gewesen war. Lily, James und Harry waren extra ein wenig früher gekommen, damit Harry sich an Ron und die Umgebung gewöhnen konnte und nachher, während der Ordenssitzung, in Rons Zimmer schlafen konnte, bis es Zeit war, nach Hause zurückzukehren. Molly und Arthur begrüßten sie stürmisch, auch sie hatten unter der langen Isolation gelitten, besonders nach dem Tod von Mollys Brüdern.
„Es tut so gut, euch zu sehen", rief Molly zur Begrüßung. „Kommt rein, kommt rein." Sie umarmte Lily fest und Lily schielte auf ihren Bauch.
„Willow hat mir gesagt, dass es dieses Mal endlich mit einem Mädchen klappen wird?" fragte Lily, kaum dass sie sich gesetzt hatten. Sie wusste vom Wunsch der Weasleys, zu ihrer Rasselbande auch noch ein weibliches Familienmitglied dazu zu bekommen. Mollys Augen begannen zu strahlen.
„Ja, es wird ein Mädchen. Ich bin so froh. Hoffe, sie kommt nach meiner Mutter." Molly hob den Zauberstab und ein Fotoalbum flatterte herbei. James hatte derweil Harry auf die Krabbeldecke zu Ron gesetzt und es schien, als seien die beiden vom ersten Moment an beste Freunde. Gemeinsam hantierten sie mit magischen Bauklötzen, die ständig ihre Farbe wechselten und hin und wieder wurde einer davon lautstark durch die Küche geworfen.
„Schau mal, das ist meine Mutter in jungen Jahren." Molly hielt Lily das Fotoalbum hin. Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. Sie kannte das Gesicht, hatte es bereits gesehen. Aber nicht in der Vergangenheit. Lily wusste, dass Mollys Mutter schon lange tot war. Nein, sie hatte dieses Gesicht woanders gesehen.
„Molly, ich glaube, du kannst dir ganz sicher sein, dass deine Tochter einmal deiner Mutter bis aufs Haar gleichen wird." Verwirrt hoben sich die Augenbrauen der älteren Rothaarigen.
„Ich verstehe nicht ganz." Das Unverständnis war nur allzu deutlich in ihren Gesichtszügen zu erkennen.
„Nun, ich habe hin und wieder Visionen von Harrys Zukunft. Und darin kommt, neben Ron, auch ein rothaariges Mädchen, das deiner Mutter vollkommen ähnlich sieht, vor."
Mollys Gesicht wurde blass.
„Du kannst die Zukunft sehen?"
„Nicht vollständig. Nur Teile davon. Und auch nur, wenn sie Harry betreffen. Und es scheint, als hätte Harry eine sehr starke Bindung zu eurer Familie. Und nun ja, die Beziehung zu deiner Tochter ist noch etwas enger, wenn du verstehst, was ich meine."
„Enger? Willst du damit sagen, sie werden ein Paar?"
Lily lächelte, das war für Molly Antwort genug.
„Wie schön, stell dir vor, sie heiraten, dann werden wir eine riesige rothaarige Familie", sagte Molly fröhlich. Lily wagte es nicht, ihr mitzuteilen, dass sie selbst und James nicht mehr am Leben sein würden. Aber sie wusste, Molly würde sich um Harry kümmern und ihn mit offenen Armen in ihrer Familie aufnehmen. Ein sehr beruhigendes Gefühl. Es machte den eigenen Tod etwas erträglicher. Trotzdem zerriss ihr der Anblick ihres spielenden Sohnes fast das Herz.

Mit der ersten Ordenssitzung nach einer langen Phase der Zurückhaltung seitens des Ordens – mehr als ein Jahr hatten die meisten von ihnen vollkommen zurückgezogen gelebt – begann eine neue Welle des Widerstands gegen Voldemort. Der Orden hatte mittlerweile mehr Mitglieder beziehungsweise Unterstützer als jemals zuvor, was wohl daran lag, dass die meisten Zauberer und Hexen kaum noch daran glaubten, dass es eine andere Möglichkeit als den offenen Kampf gab. Es war Anfang Juni und Albus Dumbledore, der es geschafft hatte, zur Sitzung zu kommen, verteilte neue Missionen an die Mitglieder. Niemand lehnte die Aufgaben ab, die ihm übertragen wurden. Jeder der Anwesenden war bereit, sein Leben für den Kampf um Freiheit zu geben. Lily und James hatten bereits vor Monaten ihr Testament gemacht, damit das Sorgerecht für Harry geregelt war. James' Eltern standen an erster Stelle, direkt gefolgt von Sirius, Potentia, Remus und Sage. Auch über Peter hatten sie einen Moment nachgedacht, aber er würde niemals mit Harrys Temperament klarkommen. Aber Lily wollte um jeden Preis verhindern, dass ihr Sohn bei Petunia aufwachsen musste. Doch Albus erteilte ihnen keine neuen Aufgaben. Alle bekamen Missionen. Außer Alice und Frank, Molly sowie Lily und James. Einen kurzen Moment war James wütend auf seinen Patenonkel, aber ein Blick in seine Augen verriet, dass es einzig aus Sorge geschah. Außerdem mussten die Kinder geschützt werden. Trotzdem würde es für ihn die Hölle sein, zuhause Däumchen zu drehen, während seine Familie und Freunde ihr Leben riskierten. Er spürte, wie Lily seine Hand nahm und sah ihr in die Augen. Darin konnte er lesen, dass sie ganz genau wusste, wie es in ihm aussah.

In den nächsten beiden Wochen schien sich die allgemeine Lage etwas zu verbessern. Die Ordensmitglieder kamen mit durchweg zufrieden stellenden Nachrichten von ihren Missionen zurück, die hauptsächlich darin bestanden, hochrangige Ministeriumsangestellte auszuspionieren und weitere Mitglieder für den Orden zu gewinnen. Viele ehemalige Ministeriumsangestellte waren auf der Flucht oder waren bereit, sich dem Orden anzuschließen. Die ehemalige Elite des Ministeriums stand nicht hinter Voldemort und arbeitete auch nicht mehr für das Ministerium. Und bei vielen Angestellten, die dem Ministerium noch treu waren, konnte man davon ausgehen, dass sie unter dem Imperiusfluch standen. Dies waren insofern gute Neuigkeiten, dass Voldemort bei Weitem nicht so viele Anhänger hatte, wie sie ursprünglich angenommen hatten. Zudem stieg die Zahl der neuen Ordensmitglieder weiterhin stetig an. Einem Angriff auf Voldemort stand immer weniger im Weg, nur der perfekte Plan war auch Albus noch nicht eingefallen.

Mitte Juni sandte Albus Willow, Primus und Potentia zum ersten Mal für drei Tage auf eine etwas gefährlichere Mission. Wohin sie gingen und was sie taten, durften sie nicht verraten. Zu ihrer eigenen Sicherheit.
Nach ihrer Rückkehr waren sie kaum wiederzuerkennen. Lily fiel es zum ersten Mal auf, als Willow ihren eigenen Namen nicht mehr wusste und sie zwei Tage später beim Brauen eines Heiltrankes alle möglichen Zutaten in den Kessel warf, was den Kessel zum Explodieren brachte. Sofort eilte sie zu James.
Wie erstarrt standen sie gemeinsam in der Eingangstür zu Willows Büro. Der ganze Raum war mit einem gelben Schleim bedeckt. Kessel und zerbrochene Gläser lagen verstreut auf dem Boden. Und Willow hüpfte in all dem Chaos herum und sang ein Kinderlied. Als James sie in den Arm nehmen wollte um sie ins Bett zu bringen, kreischte sie laut und schlug um sich. James schossen die Tränen in die Augen während er weiterhin versuchte, seine Mutter zu beruhigen. Durch das Geschrei wurden die andern Hausbewohner angelockt und standen nun versammelt und vollkommen fassungslos im Flur. Nur Primus schob sich an ihnen vorbei und ging zu Willow. Als sie ihn erblickte, verstummte das Geschrei augenblicklich und beide tanzten singend um den explodierten Kessel herum. Nur wenige Momente späte gesellte sich Potentia zu den beiden und stimmte in das Lied ein.
„Albus", flüsterte Lily unter Tränen. „Wir brauchen Albus. Schnell."
Remus reagierte sofort und beschwor einen Patronus, den er zu Albus entsandte.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now