♡ 58. Worte, die gebraucht werden

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Als sie schließlich endeten, waren Lily und James erschöpft. Sie gingen hinüber in die Küche, wo sie auf Sirius, Remus, Alastor Moody und Professor McGonagall trafen, die am Tisch saßen und Butterbier tranken. Sie gesellten sich dazu und nahmen ebenfalls ein Butterbier. Nach und nach trudelten auch die restlichen Ordensmitglieder wieder in der Küche ein. Dumbledore war einer der letzten.
„Wunderbar, ich sehe viele erschöpfte Gesichter, das heißt, ihr habt alle hart gearbeitet. Nun denn, wenn jeder von euch etwas zu trinken hat, möchte ich gerne festlegen, dass wir uns von nun an jeden Freitagabend hier treffen." Als alle nickten, fuhr Dumbledore fort. „Leider gibt es ein paar Neuigkeiten, die ich mit euch teilen muss. Es sieht so aus, als würde Voldemort versuchen, die Riesen und die Werwölfe auf seine Seite zu ziehen. Sollte es ihm gelingen, wäre das für uns fatal!"
Dumbledore berichtete von weiteren Informationen und nachdem er geendet hatte, aßen sie gemeinsam zu Abend, bevor sie alle nach Hause apparierten. An diesem Abend war im Hause der Potters eine seltsame Stimmung. Niemand war wirklich nach Lachen oder weiteren Hochzeitsvorbereitungen zu Mute. Sie alle wussten, was es bedeuten konnte, wenn Voldemort es tatsächlich schaffen würde, die Riesen und Werwölfe für sich zu gewinnen. James und Lily war auch vollkommen klar, dass ihr 'Welpenschutz' nicht lange anhalten würde und sie sich sicherlich bald mitten im Kampf wiederfinden würden.

Als das Haus der Potters am nächsten Tag zum Leben erwachte, schienen seine Bewohner die stille Übereinkunft getroffen zu haben, die Tage bis zur Hochzeit einfach nur zu genießen. Lily und James apparierten nach dem Frühstück in die Winkelgasse, wo sie auf Sage, Morgan, Remus und Sirius trafen, denn die alle würden noch die nötige Festkleidung für die Hochzeit brauchen. Bei Madam Malkins wurden sie relativ schnell fündig. Sage und Morgan bekamen wunderschöne Kleider in Gryffindorrot. James, Sirius und Remus Festumhänge, die an den traditionellen englischen Cutaway erinnerten, für den Tag und abends schwarze Festumhänge, die mit Smokinghemd und Fliege getragen wurden. Primus würde die gleiche Kleidung bekommen und mit Willow würde Lily bei der nächsten Anprobe des Brautkleides nach einem Kleid schauen.
Die Wochen vor der Hochzeit bestanden für Lily und James eigentlich nur noch aus Anproben, Vorbereitungen, Eulen in Empfang nehmen und den Ordenstreffen, bei denen sie immer mehr lernten. Dazwischen war James noch auf der Suche nach einem Haus für sie beide. So sehr er sein Elternhaus auch liebte, nach der Hochzeit wollte er mit Lily ein eigenes Heim haben. Allerdings kam es für ihn nicht in Frage, mitten in London zu wohnen wie Sirius und Remus. Nicht, wenn Lily und er planten, in näherer Zukunft eine Familie zu gründen. Und auch Lily hatte immer davon gesprochen, wie sehr sie das Leben auf dem Land liebte. Einige Tage vor der Hochzeit fand er tatsächlich das richtige Haus. Ein kleines Cottage am anderen Ende von Godric's Hollow. Er kaufte es, ohne Lily ein Wort davon zu verraten und hoffte inständig, sie würde seine Überraschung mögen. Sowohl Sage als auch Morgan hatten sich das Haus mit ihm angesehen und ihm bestätigt, dass es genau das war, was Lily sich immer gewünscht hatte. Die Hauselfen seiner Eltern halfen ihm bei der Grundreinigung und gemeinsam mit Sirius und Remus zog er los, um wenigstens das Notwendigste an Möbeln zu kaufen. Das Meiste würde er nach der Hochzeit mit Lily zusammen aussuchen. Albus und James' Eltern sorgten schließlich noch mit den nötigen Schutzzauber für eine entsprechende Sicherheit des Hauses.

Schneller als sie erwartet hatten, kam der Morgen der Hochzeit. Lilys Verwandlung in eine Braut fand im Haus von James' Eltern statt, genauer gesagt mitten im Familienwohnzimmer. Willow, Sage und Morgan waren bei ihr, um hier zu helfen und huschten nervös um sie herum. Sogar eine Friseurin hatte Willow aus der Winkelgasse kommen lassen. Die nicht weniger aufgeregte Braut saß vor einem Spiegel in dem Haus, das sie mittlerweile als ihr Zuhause betrachtete und sah der Friseurin zu, wie sie ihr die Haare hochsteckte. Die anderen Frauen waren schon perfekt frisiert und geschminkt. Lilys Blick fiel auf den Brief, der vor ihr, auf dem eigens für diesen Tag aufgestellten Schminktisch, lag. Gestern war mit der Muggelpost ein Brief von Petunia eingetroffen. Sie würde nicht kommen. Und sie hatte geheiratet, ohne Lily auch nur ein Wort davon zu sagen. Lily unterdrückte die Traurigkeit, die sie empfand und nahm einen Schluck von dem Elfenwein, den Willow ihr reichte. Sage und Morgan strahlten sie an, nicht ahnend, was gerade in ihrer besten Freundin vorging. Nein, sie würde sich nicht den schönsten Tag in ihrem Leben von ihrer neidischen Schwester ruinieren lassen, beschloss Lily. In gerade einmal zwei Stunden würde sie James Potter heiraten, ihre große Liebe. Ihren Seelenverwandten. Als hätte Willow ihre Gedanken erraten, kniete sie sich vor sie. Lily vermutete einen Moment, dass sie die Gedanken wahrscheinlich tatsächlich gelesen haben könnte. Wie sie erfahren hatte, war Willow eine begnadete Legilimentikerin.
„Lily, was immer auch passiert: Du gehörst zu unserer Familie. Heute wirst du offiziell eine Potter und James wird alles für dich tun. Du bist unsere Tochter und kannst immer auf uns zählen. " Sie hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. Dies waren genau die Worte, die Lily gebraucht hatte. Ein paar Tränen glitzerten in ihren grünen Augen. Sie lächelte die Frau, die sie fast wie eine Mutter ansah, an.

„Danke", krächzte sie heiser. Sie durfte jetzt nicht zulassen, dass sie weinte. Das würde das gesamte Make-up ruinieren. Es klopfte an der Haustür und Sage huschte aus dem Raum, gefolgt von dem Hochzeitsfotografen, den Willow und Primus engagiert hatten. Lily freute sich jetzt schon darauf, die bewegten Hochzeitsbilder zu betrachten. Kurz darauf kam Sage wieder, gefolgt von Kendera Malkin, die eine riesige und drei kleinere Kleiderhüllen trug. Sie lachte fröhlich über etwas, das Sage gesagt hatte, bevor sie Lily ein Lächeln zuwarf.

„So, die Damen, ich bringe Ihre Kleider." Sie übergab den beiden Brautjungfern und der Bräutigammutter ihre Kleiderhüllen und packte dann Lilys Kleid aus und hängte es an einen der Schränke. Lily warf der Stylistin einen kurzen Blick zu und diese nicke verständnisvoll. Langsam ging sie zu ihrem Kleid und strich mit zitternden Fingern bedächtig über den cremefarbenen Stoff. Diesen Traum aus Seide und Spitze würde sie gleich tragen, wenn sie James ihre Treue geloben würde. Es war immer noch schwer zu glauben, dass sie heute wirklich heiraten würde, in einer durch und durch magischen Zeremonie. Petunia war der einzige Muggel und die einzige Person aus ihrer nichtmagischen Vergangenheit, den sie eingeladen hatten und sie würde nicht kommen. In diesem Moment wurde Lily bewusst, dass sie alle Brücken zur Muggelwelt abbrach. Doch es tat ihr keine Sekunde leid. Nie hatte sie sich dort wirklich wohl gefühlt, immer gespürt, dass sie anders war. Hier bei den Potters war ihr Zuhause, in der Zaubererwelt. Sie nahm mit neuer Zuversicht wieder Platz und eine Stunde später hatte die Stylistin ihr Werk vollendet. Lilys Haare waren zu einem wahren Kunstwerk aufgetürmt, mitten auf dem Kopf prangte das Familiendiadem der Peverells und ein paar dunkelrote Locken umrahmten ihr Gesicht. Das Make-up ließ ihre Augen strahlen und sie fühlte sich bereits ohne Kleid wie eine Prinzessin. Doch genau dieses galt es jetzt anzuziehen und irgendwann wurde ihr noch der Schmuck umgelegt und der Schleier in den Haaren festgesteckt. Lily warf einen Blick auf die drei Frauen, die ihr so wichtig waren und konnte sehen, dass allen Tränen in den Augen standen. Lily schloss die Augen, um einen Moment der Ruhe zu finden und wieder einmal tauchte der dunkelhaarige Junge auf. Doch diesmal war er nicht alleine. Er stand mitten im Gryffindor-Gemeinschaftsraum, umringt von jubelnden Schülern. Ein rothaariger Junge hüpfte herbei und brüllte: „Wir haben gewonnen!" Doch Harry schien ihm nicht zuzuhören. Sein Blick war auf eine Person gerichtet. Lily schluckte bei dem Anblick des Mädchens. Sie hatte die gleichen roten Haare wie sie selbst und kam nun mit glühendem Gesicht auf Harry zugerannt. Und Harry küsste sie, vor allen Gryffindors. Irgendwann endete der Kuss. Einige Schüler pfiffen und Harrys Augen durchsuchten den Raum erneut. Der rothaarige Junge von vorhin nickte kaum merklich. Und dann verblasste das Bild vor Lilys Augen.

James hatte die Nacht vor der Hochzeit und den Morgen in Potentias Wohnung in London verbracht. Nun saß er im Wohnzimmer seiner Tante, umringt von seinem Vater und seinen zwei besten Freunden Sirius und Remus. In zwei Stunden würde er Lily Evans heiraten. Heute vor einem Jahr hätte er nicht einmal zu träumen gewagt, dass dieser Tag kommen würde. Madam Malkin hatte vorhin die Anzüge und Potentias Kleid vorbeigebracht, bevor sie sich auf den Weg zu den Frauen machte, Lilys Brautkleid abliefern. Die Festumhänge für den Abend würde sie direkt nach Hogwarts bringen. Für ihn, James, war es nun soweit. Es wurde Zeit sich anzuziehen, um dann nach Hogwarts zu apparieren. Schließlich war es seine Aufgabe, die Gäste vor der Trauung zu begrüßen. Sein Blick wanderte zum Fenster. Es war perfektes Juliwetter, strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Mit weichen Knien stand er auf und griff nach der Kleiderhülle mit seinem Hochzeitsumhang. Seine Hände zitterten, als er sie öffnete. Er drehte sich zum Tisch um, wagte es allerdings nicht, den dort Sitzenden in die Augen zu sehen. Potentia war bereits in Hogwarts, um mit Albus die restlichen Vorbereitungen zu treffen. Sie hatte sich verabschiedet, kurz nachdem ihr Kleid eingetroffen war.
„Meint ihr, sie kommt?" Seine Stimme zitterte genauso wie seine Hände. Sirius hatte seinen besten Freund noch nie so nervös und unsicher gesehen. Er stand auf und legte James eine Hand auf die Schulter.
„Tatze, diese Frau liebt dich genauso sehr wie du sie. Ihr seid für einander bestimmt und das nicht wegen der Prophezeiung. Natürlich wird sie kommen." James nickte. Das waren genau die Worte, die er gebraucht hatte. Mit einem Lächeln nahm er die Festkleidung und verschwand ins Gästezimmer, um sich umzuziehen. Zehn Minuten später apparierten die vier Männer gemeinsam nach Hogsmeade.

James Potter und das Erbe GryffindorsWhere stories live. Discover now