Obscura

Bởi 00elem00

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Fünf Elemente. Eine Schule. So heißt es zumindest. Was kaum einer weiß: Auf dieser Welt gibt es so viel mehr... Xem Thêm

Prolog - Einige Jahre zuvor ✅
Kapitel 1.2 - 16 Jahre später ✅
Kapitel 2 - Der Angriff ✅
Kapitel 2.2 - Der Angriff ✅
Kapitel 3 - Der Brief und die Wahrheit? ✅
Kapitel 3.2 - Der Brief und die Wahrheit? ✅
Kapitel 4 - Neuanfänge ✅
Kapitel 4.2 - Neuanfänge ✅
Kapitel 5 - Eine grüne Ankunft ✅
Kapitel 6 - Außenseiterin und dunkle Überraschungen ✅
Kapitel 6.2 - Außenseiterin und dunkle Überraschungen ✅
Kapitel 7 - Das Element "Geist" ✅
Kapitel 7.2 - Das Element "Geist" ✅
Kapitel 8 - Von Jägern, Hass und Brüdern ✅
Kapitel 8.2 - Von Jägern, Hass und Brüdern ✅
Kapitel 9 - Elementtraining ✅
Kapitel 9.2 - Elementtraining ✅
Kapitel 10 - Schwarz wie die Nacht ✅
Kapitel 10.2 - Schwarz wie die Nacht ✅
Kapitel 11 - Schock ✅
Kapitel 12 - Danach ✅
Kapitel 13 - Abstand ✅
Kapitel 15 - Damon Firelights Geschichte ✅
Kapitel 16 - Die Beichte ✅
Kapitel 16.2 - Die Beichte ✅
Kapitel 17 - Mondnacht ✅
Kapitel 17.2 - Mondnacht ✅
Kapitel 18 - Ich hasse dich nicht ✅
Kapitel 18.2 - Ich hasse dich nicht ✅
Kapitel 19 - Schreie, Tod und Tränen ✅
Kapitel 19.2 - Schreie, Tod und Tränen ✅
Kapitel 22 - Familie ✅
Kapitel 22.2 - Familie ✅
Kapitel 23 - Vater und Kontrolle ✅
Kapitel 23.2 - Vater und Kontrolle ✅
Kapitel 24 - Als der Wald verstummte ✅
Kapitel 24.2 - Als der Wald verstummte
Kapitel 25 - Tagebuch eines Jägers
Kapitel 25.2 - Tagebuch eines Jägers
Kapitel 26 - Catch me if you can
Kapitel 26.2 - Catch me if you can
Kapitel 27 - Hass und Kälte
Kapitel 27.2 - Hass und Kälte
Kapitel 28 - Lune James
Kapitel 28.2 - Lune James
Kapitel 29 - Das Darkstone Internat
Kapitel 29.2 - Das Darkstone Internat
Kapitel 30 - Desdemona MacKenzie
Kapitel 30.2 - Desdemona MacKenzie
Kapitel 31 - Der Großkotz
Kapitel 31.2 - Der Großkotz
Kapitel 32 - Kräuter und wie man sie anwendet
Kapitel 32.2 - Kräuter und wie man sie anwendet
Kapitel 33 - Aufgeflogen?
Kapitel 33.2 - Aufgeflogen?
Kapitel 34 - Von Wut und Schuldgefühlen
Kapitel 34.2 - Von Wut und Schuldgefühlen
Kapitel 35 - Team Mi...-Lune
Kapitel 35.2 - Team Mi...-Lune
Kapitel 36 - Die Feinde unter uns
Kapitel 36.2 - Die Feinde unter uns
Kapitel 37 - Familiengeheimnisse und bevorstehende Bedrohung
Kapitel 37.2 - Familiengeheimnisse und bevorstehende Bedrohungen
Kapitel 38 - Ariadne Glacials Geschichte
Kapitel 38.2 - Ariadne Glacials Geschichte
Kapitel 39 - Die eisige Katze
Kapitel 39.2 - Die eisige Katze
Kapitel 40 - Der Plan
Kapitel 41 - Newcastle Airport
Kapitel 42 - Die Großstadtmetropole London
Kapitel 43 - Besuch bei den Glacials
Kapitel 44 - Verfolgungsjagd
Kapitel 45 - Das Glacial Trio
Kapitel 45.2 - Das Glacial Trio
Kapitel 46 - Zurück zum Darkstone Castle
Kapitel 46.2 - Zurück zum Darkstone Castle
Kapitel 47 - In den Kellergewölben
Kapitel 47.2 - In den Kellergewölben
Kapitel 48 - Die Katze im Turm
Kapitel 48.2 - Die Katze im Turm
Kapitel 49 - Richtig und Falsch
Kapitel 49.2 - Richtig und Falsch
Kapitel 50 - Zurück in die Kerker
Kapitel 50.2 - Zurück in die Kerker
Kapitel 51 - Wie Liam die Wahrheit erfuhr
Kapitel 51.2 - Wie Liam die Wahrheit erfuhr
Kapitel 52 - Zurück Zuhause
Kapitel 52.2 - Zurück Zuhause
Kapitel 53 - Wiedersehen
Kapitel 53.2 - Wiedersehen
Kapitel 54 - Nicht allein
Kapitel 54.2 - Nicht allein
Kapitel 55 - Ein neuer Schüler
Kapitel 55.2 - Ein neuer Schüler
Kapitel 56 - Nawin und Desdemona
Kapitel 56.2 - Nawin und Desdemona
Kapitel 57 - Zimmer 93
Kapitel 57.2 - Zimmer 93
Kapitel 58 - Kellererinnerungen
Kapitel 58.2 - Kellererinnerungen
Kapitel 59 - Nachtluft
Kapitel 59.2 - Nachtluft
Kapitel 60 - Desdemonas Rede
Kapitel 60.2 - Desdemonas Rede
Kapitel 61 - Ariadnes Plan
Kapitel 61.2 - Ariadnes Plan
Kapitel 62 - Mikas Plan
Kapitel 62.2 - Mikas Plan
Kapitel 63 - Mitternacht
Kapitel 63.2 - Mitternacht
Kapitel 64 - Sechs kleine Schafe
Kapitel 64.2 - Sechs kleine Schafe
Kapitel 65 - Der Kampf im Wald
Kapitel 65.2 - Der Kampf im Wald
Kapitel 66 - Das Verhör
Kapitel 66.2 - Das Verhör
Kapitel 66.3 - Das Verhör
Kapitel 67 - Damons Erinnerungen
Kapitel 67.2 - Damons Erinnerungen
Kapitel 68 - Auge in Auge
Kapitel 68.2 - Auge in Auge
Kapitel 69 - Der Plan
Kapitel 69.2 - Der Plan
Kapitel 70 - Vorbereitungen
Kapitel 70.2 - Vorbereitungen
Kapitel 71 - Mission: Saimon
Kapitel 71.2 - Mission: Saimon
Kapitel 71.3 - Mission: Saimon
Kapitel 71.4 - Mission: Saimon
Kapitel 72 - Das Haus der Klahans
Kapitel 72.2 - Das Haus der Klahans
Kapitel 73 - Von Jägern und Ghosts
Kapitel 73.2 - Von Jägern und Ghosts
Kapitel 74 - Saimon
Kapitel 74.2 - Saimon
Kapitel 74.3 - Saimon
Kapitel 75 - Verlangen nach Antworten
Kapitel 75.2 - Verlangen nach Antworten
Kapitel 76 - Beste Freunde
Kapitel 76.2 - Beste Freunde
Kapitel 77 - Die Ruhe vor dem Sturm
Kapitel 77.2 - Die Ruhe vor dem Sturm
Kapitel 77.3 - Die Ruhe vor dem Sturm
Kapitel 77.4 - Die Ruhe vor dem Sturm
Kapitel 78 - Der Sturm
Kapitel 78.2 - Der Sturm
Kapitel 78.3 - Der Sturm
Kapitel 78.4 - Der Sturm
Kapitel 78.5 - Der Sturm
Kapitel 78.6 - Der Sturm
Kapitel 79 - Die Leere danach und die endgültige Aufklärung
Kapitel 79.2 - Die Leere danach und die endgültige Aufklärung
Kapitel 79.3 - Die Leere danach und die endgültige Aufklärung
Kapitel 79.4 - Die Leere danach und die endgültige Aufklärung
Epilog
Danksagung und Schlusswort

Kapitel 1 - 16 Jahre später ✅

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Bởi 00elem00

»So geht das wirklich nicht.« Mit vor der Brust verschränkten Armen saß Miss Collins auf ihrem Stuhl hinter dem Pult. Anklagend lagen ihre hellen Augen auf mir. Kopfschüttelnd löste sie ihre Arme und begann in dem Haufen aus Papier zu wühlen, der sich auf der Tischfläche ausgebreitet hatte. Schweigend starrte ich auf meine Hände. Ich wollte hier nicht sein. Es war mir unangenehm, hier zu sitzen. Es war mir, als säße ich auf der Anklagebank. Auf dem Präsentierteller.

»Um was geht es denn eigentlich?« Fragend sah meine Mutter meine Mathelehrerin an. Man hatte ihr am Telefon nicht gesagt, weshalb sie heute hierher kommen sollte. Glücklicherweise hatte ich gerade erst Schulschluss und musste mich nicht vorher schon mit meiner Mutter auseinandersetzen, die mich sicherlich mit Fragen gelöchert hätte.

Miss Collins räusperte sich, wobei sie einmal ihre rechteckige Brille geraderückte. Es war ihr anzusehen, dass sie sich selbst erst einmal wieder beruhigen musste. Immerhin konnte sie nicht einfach mit derTür ins Haus fallen. Außerdem war auch die Begrüßung schon relativ spärlich ausgefallen. Und wenn meine Mutter etwas überhaupt nicht schätzte, dann war es Unhöflichkeit.

»Natürlich. Entschuldigen Sie.«, sagte Miss Collins und zog zwei Hefte unter dem Papierchaos hervor. Betont ruhig legte die sie vor sich auf den Platz. »Mrs Keaton, es geht um Ihre Tochter Mika.«

Meine Mutter zog nur eine Augenbraue hoch. »Ach, wirklich?«, fragte sie ironisch. Den Rest verkniff sie sich. Sie war keine Frau, die es auf einen Streit auslegte. Normalerweise ging sie dem immer aus dem Weg und versuchte, freundlich zu bleiben. Bei meiner Mathelehrerin tat sich dabei merklich schwer. Kein Wunder, immerhin hatte diese sie einfach so auf der Arbeit angerufen und ohne eine Begründung herbestellt. Zumal Miss Collins nicht viel Wert auf Förmlichkeiten legte.

Miss Collins verkniff sich ein Schnauben und beschränkte sich auf einen genervten Blick. »In der Tat.«, fuhr sie fort. »Wie Sie sicher wissen, hat ihre Tochter letzte Woche in Mathematik eine Klausur geschrieben.« Prüfend sah sie meine Mutter an. Diese nickte bloß und wartete darauf, dass die Lehrerin fortfuhr. Ich wusste schon, was jetzt kommen würde. Und es widerstrebte mir, hier noch eine Sekunde länger zu sitzen. Wie sollte ich denen das nur erklären? Ich wusste doch selbst nicht, wie das möglich war. Und bis vor einigen Jahren war ich noch davon ausgegangen, dass es völlig normal wäre. Weder meine Lehrerin, noch meine Mutter würden mir glauben, wenn ich versuchen würde, das zu erklären. Eher würde ich beim Therapeuten landen. Und darauf konnte ich wirklich verzichten.

»Nun ja.« Miss Collins klopfte mit ihrem Zeigefinger auf die beiden Hefte, die vor ihr lagen. Die Klausuren-Hefte. »Ihre Tochter hat ihre komplette Klausur abgeschrieben.« Ich verzog mein Gesicht als hätte ich in eine Zitrone gebissen. Das stimmte gar nicht. Nicht die ganze Klausur. Schließlich sollte es doch nicht so offensichtlich sein. Ein paar Aufgaben hatte ich natürlich alleine bearbeitet. Dementsprechend falsch waren sie auch.

Nun war es an meiner Mutter, das Gesicht zu verziehen. Ich spürte ihren Blick auf mir, während ich weiterhin verkrampft auf meine Hände starrte. »Stimmt das, Mika?«, wollte sie mit ruhiger Stimme wissen.

»Natürlich stimmt das!«, antwortete Miss Collins an meiner Stelle, wofür sie einen vernichtenden Blick von meiner Mutter erntete. Den ignorierte die Lehrerin jedoch. »Sehen Sie doch nur hier!« Mit einem finsteren Blick schob sie das Heft, auf dem mein Name stand, zu meiner Mutter und schlug sofort die richtige Seite auf. Diese warf nur einen flüchtigen Blick darauf. Zum Vergleich reichte Miss Collins ihr nun auch das zweite Hefte. »Das hier ist die Klausur von Josie Green.«, informierte sie uns. Sie sah mich kurz an, als würde sie erwarten, dass ich sofort alles reumütig zugab. Aber darauf konnte sie lange warten. Nicht, dass ich es nicht bereute, abgeschrieben zu haben. Schon lange hatte ich das nicht mehr getan. Aber letzte Woche hatte ich wirklich Panik gehabt. Mathematik war noch nie mein stärkstes Fach gewesen und als ich die Aufgaben gesehen hatte, wusste ich, dass ich bestenfalls mit einer fünf rechnen konnte. Also hatte ich das getan, was ich nicht erklären konnte.

»Sehen Sie hier?« Miss Collins deutete auf die bearbeitete Aufgabe beider Klausuren. »Hier stehen exakt die gleichen Ergebnisse.«

Unbeeindruckt zuckte meine Mutter mit den Schultern. »Natürlich. Beide Mädchen haben die Aufgabe richtig gelöst.« Obwohl sie ganz gelassen klang, wusste ich, dass es hinter ihrer Stirn ratterte. Ängstlich beobachtete ich sie. Ihre Mimik verriet nichts. Dennoch war mir klar, dass sie ganz genau wusste, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Schließlich wusste sie, was für eine Niete ich in diesem Fach war. Ich versuchte, es ihr gleichzutun. Betont gleichgültig schielte ich zu den Heften. Innerlich sah es ganz anders aus. Mir war zugleich heiß und kalt. Meine Handflächen waren feucht. Wie zum Teufel sollte ich erklären, was passiert war?

Verärgert schüttelte Miss Collins den Kopf. »Die Klausuren der letzten Jahre befanden sich meist im Viererbereich.«, sagte sie. »Das hier ist aber eine zwei minus.« Ja, ich hatte definitiv übertrieben.

»Dann würde ich sagen, dass Mika sich deutlich verbessert hat.«, behauptete meine Mutter leicht lächelnd und schenkte mir einen stolzen Blick. Zumindest sah es für Miss Collins so aus. Zerknirscht knetete ich meine Hände. Zuhause gab es Ärger. Ganz bestimmt. Und das konnte ich gar nicht gebrauchen. Mir reichte es schon, dass es in der Schule immer so stressig war. Aber das lag nicht daran, dass ich überfordert war. Es lag eher an den Schülern und dass sich keiner von denen mit mir abgeben wollte. Die meisten von ihnen kannte ich bereits seit ich ein Kleinkind war. Bestimmt hatten sie mich immer noch als dieses seltsame Kind im Kopf. Auf keinen Fall wollte ich, dass es Zuhause nun auch angespannt verlief.

»Leider muss ich Ihnen sagen, dass sie das nicht hat.«, meinte Miss Collins. »So wünschenswert eine Verbesserung ihrer Leistungen in Mathematik auch wären.« Erneut tippte sie auf eine Aufgabe. »Auffallend ist, dass Mika die gleichen Fehler gemacht hat, wie Josie. Und auch die Formulierung der Ergebnisse der Textaufgaben ähneln sich.«

»Das wundert mich nicht.«, sagte meine Mutter und lächelte Miss Collins freundlich an. »Mathe ist anders als Englisch. In Mathe hat man nicht so viele Freiheiten, was die Formulierung angeht.«

Miss Collins räusperte sich und ging nicht weiter auf meine Mutter ein. »Wie dem auch sei. Mika hat abgeschrieben. Mich wundert jedoch, wie sie das gemacht hat.« Jetzt legten sich ihre hellen Augen wieder auf mich und ich musste schlucken. Ich wollte hier weg. Sofort. »Es ist nämlich so, dass Mika und Josie in der Klausur jeweils am anderen Ende des Raumes saßen.« Kaum hatte sie das gesagt, spürte ich den verblüfften Blick meiner Mutter auf mir. Was sollte ich nur sagen?Während ich verzweifelt über meinen Aufgaben gesessen hatte, sah ich plötzlich ein ganz anderes Blatt unter mir. Josie hatte bereits mit ihren Aufgaben angefangen und ihr Stift flog über das Papier, während sie nebenbei ihre Rechnungen in den Taschenrechner tippte. Das war mir ewig nicht mehr passiert. So lange nicht mehr, dass ich mittlerweile geglaubt hatte, dass ich es mir damals nur eingebildet hatte. Aber letzte Woche geschah es dann wieder. Und aus Verzweiflung hatte ich begonnen, Josies Ergebnisse abzuschreiben. Weshalb ich Josies Blatt genauso vor mir liegen sah, wie sie selbst, wusste ich doch auch nicht.

»Mika war in letzter Zeit viel mit Lernen beschäftigt.«, meinte meine Mutter und es war eine eiskalte Lüge. Für Mathe sah ich mir seit ein paar Jahren nicht mehr an, als das Nötigste. Es hatte ohnehin keinen Sinn. »An einigen Tagen hat sie sich auch mit ein paar Leuten getroffen, die ihr geholfen haben. Bestimmt war diese Josie auch dabei und Mika hat sich ihre Formulierungen angewöhnt.« Sie zuckte mit ihren Schultern. »Und vielleicht hat Josie ihr eine ähnliche Aufgabe erklärt, wie die, die in der Klausur dran kam und den selben Fehler gemacht, den Mika sich letztendlich abgeschaut hatte.« Am liebsten hätte ich mir jetzt die Hände vor das Gesicht geschlagen. Jetzt zog sie auch noch Josie mit hier rein. Was, wenn Miss Collins auf die Idee käme, Josie zu der Sache zu befragen? Die würde ganz sicher nicht für mich lügen. Wie ich sie kannte, würde sie ganz entsetzt sein, weil von ihr abgeschrieben worden war. Ich würde mir was von ihr anhören können.

Miss Collins knirschte mit den Zähnen. Ihre Finger krallten sich schon fast in die Hefte, als sie die wieder zu sich zog. Es war offensichtlich, dass sie mit dem Verlauf dieses Gesprächs nicht zufrieden war. Zuerst wirkte es so, als würde sie noch etwas erwidern wollen, doch sie besann sich eines Besseren und schwieg. Hoffentlich würde sie nicht noch mit Josie reden. Ich wollte doch nur meine Ruhe.

»Nun gut.«, brachte meine Lehrerin nach einer kurzen Stille heraus. »Dann wäre wohl alles geklärt. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, Mrs Keaton.« Sie nickte meiner Mutter knapp zu.

»Aber natürlich.«, erwiderte meine Mutter lächelnd. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.« Sie erhob sich und sah mich auffordernd an.

»Ach, und Mika?« Miss Collins Augen schienen mich zu durchbohren. Zögerlich blickte ich zu ihr. »Wir sehen uns am Montag.« Schnell nickte ich und sprang beinahe schon aus dem Stuhl. Im Gehen murmelte ich noch ein leises »Tschüss«, ehe ich meiner Mutter aus dem Raum hinaus auf den Flur folgte. Dieser war leer. Immerhin hatten die meisten Schüler bereits Schulschluss. Und die, die noch hier waren, befanden sich noch im Unterricht.

Mit einem leisen Klicken fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Vorsichtig sah ich zu meiner Mutter. Diese musterte mich eingehend. Sie wirkte nicht sehr zufrieden. Ihre schönen, blauen Augen schienen sich in meine Seele zu bohren. Früher oder später würde ich es ihr sagen müssen. Aber lieber später als früher.

Schließlich brach sie unseren Blickkontakt und fuhr sich mit der Hand durch das halblange, hellbraune Haar, das sie wieder einmal hochgesteckt hatte. Im Gegensatz zu mir war sie leicht pummelig und hatte meist ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Dieses jedoch fehlte jetzt. »Darüber sprechen wir später noch.«, sagte sie und es gefiel mir gar nicht, dass ich ihre Laune gerade nicht einschätzen konnte. Seufzend streckte sie ihren Arm nach mir aus und strich mir sanft über den Rücken, wobei sich ihre Hand in meinem tiefschwarzen, langen Haar verhedderte. Kurz verzog ich mein Gesicht, ehe sie ihre Hand vorsichtig wieder befreite. »Entschuldigung.«, sagte sie und seufzte erneut. »Ich werde jetzt noch einkaufen gehen. Möchtest du mitkommen?« Sofort schüttelte ich meinen Kopf. Es wäre besser, sie jetzt erst einmal alleine zu lassen, sodass sie, falls sie wütend war, wieder ruhiger wurde. Somit kam es mir gerade gelegen, dass sie einkaufen wollte. »Hast du dein Busticket?«

»Habe ich.«, sagte ich. Wie sollte ich auch sonst zur Schule kommen?

Meine Mutter nickte und ihre blauen Augen lagen wieder auf mir. Manchmal beneidete ich sie um ihre Augen, denn die waren wirklich schön. Meine dagegen ließen sich als sturmgrau beschreiben. Generell hatten wir beide nichts gemeinsam. Meine viel zu dunklen Haare in Kombination mit meiner blassen Haut ließen mich so aussehen, als bekäme ich kaum Schlaf ab. Immer. Wirklich etwas daran ändern konnte ich nicht.

Sie dagegen wirkte manchmal wie das Leben selbst. Aber es war nicht wirklich verwunderlich, dass wir so unterschiedlich waren. Schließlich war Hanne nicht meine leibliche Mutter. Sie hatte mich adoptiert, nachdem ihr Mann, Stephen, bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam.

»Na dann. Bis später.«, verabschiedete sich meine Mutter und wollte gerade gehen, als sie sich noch einmal zu mir umdrehte. »Ach ja, bevor ich es vergesse: Das Mittagessen steht bereits im Kühlschrank. Wenn du nach Hause kommst, kannst du dir einfach was davon nehmen.«

Eine ungute Ahnung beschlich mich. »Bitte sag mir, dass es nicht wieder Spiegeleier mit Jogurt gibt.«, flehte ich sie aus weit aufgerissenen Augen an. Tatsächlich lachte sie. »Gut geraten.«, meinte sie und zwinkerte mir grinsend zu. Ich ließ meine Schultern sinken. Nicht schon wieder.

»Das überlebst du schon. Immerhin kannst du dich umso mehr auf die Spagetti morgen freuen.«, munterte sie mich auf, ehe sie in die entgegengesetzte Richtung verschwand. Seufzend sah ich, wie sie hinter einer Ecke verschwand. Ich schulterte meine Tasche und verließ das Schulgebäude.

Kurze Zeit später wartete ich auch schon auf den Bus, um in den Stadtwald zu fahren. Ich mochte den Stadtwald. Es war dort so schön ruhig und man wurde nicht gestört. Man konnte in aller Ruhe nach denken oder einfach mal für eine Weile den Stress oder was auch immer es gab, vergessen. Ich liebte es, irgendwo ungestört sein zu können. Und der Wald bot sich dafür einfach nur zu gut. Zumal ich keine Lust hatte, meiner Mutter zu früh wieder zu begegnen. Das Gespräch, das sie mir bereits angekündigt hatte, wollte ich so lange wie möglich herauszögern. Hätte ich eine beste Freundin, hätte ich vermutlich sie besucht. Doch leider hatte ich keine. Meine Mitschüler mieden mich schon seit ich denken konnte.

Nach ein paar Minuten der Warterei kam auch schon der Bus. Mit quietschenden Reifen hielt er vor mir und die Türen öffneten sich. Hinten strömten einige Leute heraus und ich stieg ein. Warme Luft umfing mich. Wiedereinmal funktionierte die Klimaanlage nur mäßig, oder der Busfahrer hatte sie einfach nicht eingeschaltet. Allerdings hatten wir auch schon Anfang August und so lange würde der Sommer nun auch wieder nicht mehr anhalten.

Wie gewohnt zeigte ich meine Fahrkarte vor und der Bus fuhr sofort mit quietschenden Reifen los. Hektisch griff ich nach der Haltestange, um nicht gleich umzukippen. Irgendwie konnten die Busfahrer nie warten, bis ich mich hingesetzt hatte. Oder sie mochten mich ganz einfach nicht. Auch eine Möglichkeit. Ich suchte mir einen leeren Zweierplatz am Fenster in der Nähe der hinteren Tür und eines Halteknopfes. Dort setzte ich mich. Stumm sah ich aus dem Fenster, während die Landschaft an mir vorbeizog. Der Bus hielt regelmäßig und immer wieder stiegen neue Leute ein oder gingen hinaus. Den ein oder anderen erkannte ich aus meinem Jahrgang, doch weder sie grüßten, noch ich. Wir ignorierten uns einfach. So war es am angenehmsten für sie, wie auch für mich. Dennoch kam ich nicht umhin, immer wieder heimlich zu ihnen hinüber zusehen. Lachend hatten sie es sich beieinander gemütlich gemacht und witzelten herum. Ironischer Weise erkannte ich unter ihnen auch Josie. Sofort riss ich meinen Blick von ihnen los und sah wieder aus dem Fenster. Hatte Miss Collins überhaupt schon mit ihr gesprochen? Hoffentlich nicht. Ich konnte nämlich wirklich darauf verzichten, dass sie mir hier vor allen anderen eine Szene machte.

Als ich schon fast an der Waldhaltestelle war, hatte ich auf einmal das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Dass jemand mich beobachtete. Unwohl rutschte ich auf meinem Sitzplatz hin und her. Ganz bestimmt bildete ich mir das gerade nur ein. Soweit ich gesehen hatte, befanden sich meine Mitschüler alle im vorderen Bereich des Busses, womit ich sie alle im Blick hatte. Und wer außer ihnen sollte mich schon beobachten?

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