Kapitel 27 - Hass und Kälte

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Wir sahen einander bloß an. Niemand sagte mehr auch nur ein Wort. Schweigen. Was würde er nun tun? Würde er mich töten? Er schien das Misstrauen in meinen Augen bemerkt zu haben. Es schien ihn zu verwundern. Dennoch schien er mir nicht näher kommen zu wollen. Mir war nicht entgangen, dass er sich zwei Schritte von mir entfernt hatte. Ich unterdrückte ein humorloses Lachen. Er hatte Angst vor mir. Er, Damon Firelight, der große Jäger, hatte Angst vor mir. Das war so absurd.

Seine Augen huschten immer wieder zu meinen Augen, zu der Narbe und zu meinen Lippen. Genauer gesagt zu meinen Eckzähnen. Nun konnte ich mir das Grinsen doch nicht verkneifen, sodass nun meine Eckzähne zum Vorschein traten und Damon merklich zurückzuckte.

Ich war mir sehr wohl bewusst, dass meine Augen immer noch wie Blut glühten. Doch es war mir egal. Ich genoss mein einschüchterndes Auftreten. Damon wirkte immer unsicherer. Seine Augen huschten immer über mich, als würde er versuchen abzuschätzen, wer genau ich nun war. Ob ich immer noch das Mädchen war, das er kannte. Doch seine Angst vor mir, konnte er nicht so einfach verstecken.

Mein Grinsen erlosch nicht. Stattdessen sah ich ihm nun genau in die Augen.

"Ich glaub's nicht.", sagte ich amüsiert. Es schien ihn total aus der Bahn zu werfen. Dennoch konnte er sich nicht dazu bringen, etwas zu sagen. Mein Grinsen wurde breiter. "Du hast doch tatsächlich Angst vor mir."

Er zuckte zusammen. Ich hatte total ins Schwarze getroffen. Aber für mich war das keine Überraschung. Eher einer Bestätigung dessen, was ich bereits wusste.

"Was tust du überhaupt hier? Mir wurde gesagt, dass du wieder in der Schule bist." Nun musterte ich ihn aufmerksam und stemmte die blassen Hände in die Hüfte.

Er sagte nichts, versuchte einfach immer noch sein Entsetzen über mich zu verstecken. Über mich und mein Aussehen. Irgendwo tief in mir drin zog es sich schmerzlich zusammen. Was es war konnte ich mir nicht erklären.

"Du hast dich ja nicht einmal verabschiedet." Nun klang ich enttäuscht. Weshalb klang ich enttäuscht? Ich wollte nicht enttäuscht klingen! Er war wieder ein Jäger, falls er überhaupt je aufgehört hatte, Jäger zu sein.

Nun schaffte Damon es, endlich mal etwas zu sagen. Er klang dabei ziemlich fertig. "Mika ..."

Ich verdrängte meine Enttäuschung über ihn und setzte eine kalte Maske auf. "Du brauchst mich nicht mehr anzulügen, Damon. Ich weiß bereits, dass du wieder ein Jäger bist, falls du je aufgehört haben solltest, einer zu sein." Er wirkte entsetzt, setzte an, etwas zu sagen, doch ich ließ ihn nicht. "Du brauchst es nicht abzustreiten. Ich habe es gesehen. Du warst in einem dunklen Raum und hast das Tagebuch deines Vorfahren gelesen."

Nun wirkte Damon zutiefst erschüttert und entsetzt. Unwillkürlich machte er einen weiteren Schritt zurück. "Woher ...?"

Ich lächelte leicht. "Ich entdecke meine Fähigkeiten, Damon."

Er schluckte und sagte daraufhin nichts mehr. Er schwieg.

Plötzlich ertönten wieder diese Rufe. Es war, wie ich es bereits vermutet hatte. Würde Damon an meiner Feuerwand vorbei kommen, würden es auch die Anderen. Hektisch blickte ich nach hinten. Einer der Männer entdeckte Damon. "Du da! Halt sie! Sie darf nicht entkommen!"

Mein Blick huschte kurz zu Damon. Wieder wich er zurück. Mein Blick schien förmlich zu drohen, dass wenn er es auch nur versuchen würde, mich festzuhalten, er ein toter Jäger sein würde.

Nun widmete ich meine ganze Konzentration den Männern, die alle auf mich zustürmten.

"Gebt's auf, ihr könnt mich nicht fangen!", höhnte ich und grinste, wobei wieder meine Eckzähne zum Vorschein traten.

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