Kapitel 42 - Die Großstadtmetropole London

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"Ich bin wirklich auf ihm eingeschlafen?", flüsterte sie mir dabei ins Ohr. Ich nickte zur Bestätigung. Desdemona löste sich wieder von mir, während sie leise vor sich hin fluchte.

"Ach komm, du kannst mir doch nicht sagen, dass es dir nicht gefallen hat!", zog ich sie auf. Empört stieß sie mir ihren Ellenbogen in die Seite.

"Wag es nicht!", drohte sie mir leise.

"Ja, ja.", machte ich nur.

Der Flughafen war gewaltig. Überall wuselten Leute umher, waren in Eile um ihren Flug zu bekommen. Andere dagegen saßen gelangweilt auf den Bänken. Die Fastfood Läden waren überfüllt.

Mit Hilfe eines Taxis fuhren wir tief in die Großstadt hinein. Überall fuhren rote Doppeldeckerbusse an uns vorbei und andere von den schwarzen Taxen.

"Seht mal!", rief Desdemona da. "Der Big Ben!" Sie presste ihr Gesicht schon beinahe an die Scheibe. Liam dagegen wirkte eher weniger Begeistert. Weshalb auch immer. Aber ich würde es schon noch aus ihm herausbekommen.

Die Straßen waren voll und oft standen wir im Stau. Menschen liefen über rote Ampeln und Touristen entdeckte man sofort daran, dass sie bei rot stehen blieben und warteten. Vor allem schauten sie erst nach links und danach nach rechts. Gewohnheit, oder?

"Hast du die Adresse?", fragte nun Liam. Ich nickte und zog einen Zettel aus meiner Hosentasche. "Zeig mal her.", befahl Liam und ich übergab ihm den Zettel mit der Adresse. Liam starrte das Geschriebene an und gab mir anschließend den Zettel wieder. "Das liegt in der Nähe des Big Ben."

Desdemonas Augen begannen vor Vorfreude zu funkeln. "Können wir ein Foto vor der Uhr machen?" Ich nickte, doch Liam reagierte nicht. "Bitte!", fügte sie an ihn gewandt zu.

"Na gut.", grummelte dieser nicht gerade begeistert.  Doch Desdemona hatte er damit glücklich gemacht.

"Halten Sie bitte hier.", sagte Liam zu dem Taxifahrer, während er mir bedeutete, mir den Taxifahrer vorzunehmen. Desdemona und Liam stiegen schon einmal aus, während ich mich um den Fahrer kümmerte. Kurze Zeit darauf stieg auch ich aus und das Taxi brauste in den nächsten Stau.

Liam kannte sich aus, dagegen konnte ich schon einmal nichts sagen. Nicht einmal Desdemona, obwohl, die war gerade nicht damit beschäftigt Liam zu ärgern, sondern hatte ihr Handy gezückt und schoss Bilder was das Zeug hielt.

"Oh wow!", sie drehte sich zu mir um, lief rückwärts und fotografierte mit ihrer Handykamera mich, wie ich durch die Straßen lief. Ihr zu Liebe lächelte ich sogar kurz. Nachdem sie das Foto gemacht hatte, machte sie ein von Liam, der gerade vor einer Telefonzelle stand.

Verschwörerisch grinsend wedelte sie mit ihrem Handy vor meinem Gesicht. "Ich habe ein Foto. Das wird ihm nicht gefallen." Ich lächelte nur. Vielleicht hatte sie das Foto nicht einmal gemacht, um ihn zu ärgern.

"Komm, ich zeig dir das, das ich von dir gemacht habe!" Eifrig klickte sie auf das Bild. Ich wie auch sie erschraken, als sich das Bild öffnete. Schlagartig blieben wir beide stehen. Das Bild war wirklich schön, mit den alten Häusern und dem Bus im Hintergrund, wie auch der Telefonzelle und dem Taxi, keine Frage, aber da gab es ein wirklich nicht gerade winziges Problem bei.

"Lune ...", sagte Desdemona langsam und sah mich an. Ihre Augen sahen besorgt zu Liam, der immer noch voran lief.

Das Problem bei dem Bild war, dass ich aussah wie ich. Wie Mika und nicht wie Lune. Mein Bild-Ich hatte tiefschwarzes Haar und nicht dieses helle Haar, das ich als Lune hatte. Die Augen waren beide unterschiedlich. Das Eine war lila, während das andere nun einmal mein gewöhnliches Mika-Auge war. Anscheinend zeigten Fotos mich wie ich war und nicht in einer anderen Gestalt.

"Liam darf dieses Bild nie sehen, verstanden?!", raunte ich ihr zu und sie nickte hastig.

"Ich kann es auch löschen, wenn du willst!", bot sie an, doch ich schüttelte den Kopf.

"Er kennt doch dein Password nicht." Das schien Desdemona zu beruhigen.

"Hey!", rief da Liam. "Kommt ihr, oder wollt ihr weiter da stehen bleiben, bis ihr alt werdet?" Er war schon ein ganzes Stück von uns entfernt. Schnell holten wir wieder auf. Wir liefen noch eine Weile schweigend nebeneinander her, da deutete Desdemona strahlend auf den Big Ben, der sich vor uns erhob. Das London Eye dagegen beachtete sie nicht wirklich, obwohl es nicht allzu weit entfernt stand.

Noch nie hatte ich Desdemona von etwas so begeistert gesehen. Sie wirkte wie ein kleines begeistertes Kind. Doch ich hatte nichts dagegen. Desdemona konnte auch ruhig mal gut gelaunt sein.

Sie sprach ein Touristenpaar an, die sich bereit erklärten ein Foto von uns zu machen. Liam war erst ziemlich mürrisch, doch als die Touristen ihn dann mit einem merkwürdigen Akzent und einer noch merkwürdigeren Grimmasse ihn dazu aufforderten zu lächeln, lachte er laut los.

Desdemona bedankte sich und nahm ihr Handy zurück. Mit zeigte sie das Bild. Es war wirklich gut geworden. Desdemona stand in der Mitte und rechts und links daneben Liam und ich. Im Hintergrund war die große Turmuhr zu sehen. Natürlich sah ich auch hier wie ich selbst aus.

"Liam wird das Bild nicht zu Gesicht bekommen.", versprach Desdemona mir.

"Hey, zeig mal!", forderte Liam Desdemona auf, doch Desdemona zog das Handy aus seiner Reichweite.

"Ich werde das Bild nach all dem hier ausdrucken lassen, damit wir alle es haben.", versprach sie ihm und warf mir einen Blick zu. Ich jedoch nickte. Ich hatte Liam sowieso mein Wort gegeben, ihm nach dem hier alles zu erklären. Dann würde er auch das Bild sehen dürfen. Es würde spätestens dann kein Problem mehr sein. Na gut, vermutlich würde er mich hassen, aber ich konnte es nicht ändern. Ich musste mich einfach mit diesem Gedanken abfinden.

So war es nun einmal.

"Keine unnötige Zeit verschwenden!", rief da auf einmal Desdemona voller Tatendrang und packte Liam und mich am Handgelenk, während sie und die Straße entlang zog.

"Wer hat denn hier von uns unnötige Zeit verschwendet?!", grummelte Liam schlecht gelaunt. Seine Laune lag definitiv an dieser Stadt. Doch warum? Was war hier geschehen, dass er so reagierte? Ich könnte einfach in seinen Kopf eindringen und es erfahren, doch das war nicht fair. Liam sollte es aus eigenen Willen erzählen. Dazu wollte ich ihn nicht zwingen.

"Hey!", rief da Liam. "Da vorne ist es!" Nun war er es, der Desdemona und mich hinter sich herzog. Er bog noch einmal in eine andere Straße ab und starrte die Haustür an.

"Glacial", war auf der Türklingel zu entziffern. Es war ein altes schönes Reihenhaus, das Ausländer als "typisch englisch" bezeichnen würden.

"Bereit?", fragte er uns und wir nickten. Es wurde Zeit, dass wir uns dem widmeten, weswegen wir auch hier her gekommen waren. Hier würden wir auf Ariadnes Eltern treffen, doch ob sie uns verraten würden, wo Ariadnes Geschwister lebten? Ob sie uns überhaupt herein lassen würden? Immerhin waren wir Fremde!

Liam wollte klingeln, doch Desdemona schlug seine Hand weg und drückte selbst auf die Klingel. Ein schriller Ton erklang im ganzes Haus. Wie gebannt starrten wir auf die Tür, die urplötzlich aufgerissen wurde.

Eine ziemlich unfreundliche Stimme erklang. "Was wollt ihr?"

ObscuraWhere stories live. Discover now