Kapitel 169 - Mailbox

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Lilly

>>Hey, bitte ruf mich an. Rede mit mir. Es tut mir so leid mit Harvey. Bitte...ruf einfach an<<
Caleb hatte heute zum dritten Mal auf meine Mailbox gesprochen. Langsam wurde es weniger. Zwei Wochen hatte ich mit niemandem geredet, erst recht nicht mit Caleb. Ich ließ einfach niemanden an mich ran, das konnte ich nicht. Ich hatte mich selbst ausgeklinkt. Jeden Tag hoffte ich, mein Handy würde klingeln und Harvey würde mich einfach anrufen und vollquatschen. Aber das passierte nicht und das würde es auch nie wieder. Also redete ich auch nicht. Nicht in der Schule, nicht Zuhause und nicht bei meinem Arzt oder Therapeuten. Allein durch den Stress hatte ich in letzter Zeit drei Kilo abgenommen. Ich schaffte diesen Sprung in den Alltag einfach nicht mehr. Dafür war ich wieder viel zu weit abgedriftet. Ich wusste auch nicht, ob ich das je wieder könnte oder überhaupt noch wollte. Seufzend ließ ich meine Schultasche von meiner Schulter gleiten. Chrissy und ich hatten in New York Handynummern ausgetauscht, doch hatten wir seitdem nicht mehr miteinander geredet. Ich wusste nicht, wie es ihr ging. Aber ich brauchte diesen Abstand, einfach zu allem und jedem. Ich wollte nicht reden. Selbst, wenn ich gewusst hätte was ich sagen kann. Die Stimmen in meinem Kopf schrien mich an, fraßen mich auf, während ich stumm da stand und an die Wand starrte.
>>Was soll ich nur machen?<< flüsterte ich kraftlos. Ich konnte einfach nichts tun, ich war allem einfach so ausgeliefert. Schmerzerfüllt schloss ich die Augen. Ich hatte keine Kontrolle. Ich konnte nichts kontrollieren. Keine Kontrolle! Meine Finger gruben sich in meinen Nacken. Meine Gedanken kreisten immer weiter, wirbelten wild im Kreis. Mir wurde speiübel. Hört auf! Seid leise! Kontrolle. Kontrollier dich, Lilly! Langsam sank ich zu Boden, rollte mich auf dem Teppich ein und ließ alles an mir vorüber ziehen. Auch, wenn ich keine Ahnung hatte wofür. Wofür sollte ich durch halten? Ich fühlte mich allein. Zitternd holte ich mein Handy hervor. Ich wählte Harveys Nummer, wie so oft die letzten Tage. Ich wusste, dass ich mir so nur immer wieder selbst weh tat, doch ich musste einfach seine Stimme hören. Ich brach in stummes Weinen aus als seine Mailbox an ging. Er klang so normal, so unbeschwert. Wie die ganzen Tage in der Klinik am See. Fest biss ich mir auf die Lippe als ich es doch über mich brachte und Caleb anrief. Ich wollte ihn eigentlich gar nicht anrufen, doch ich hatte das Gefühl als dürfte ich jetzt nicht länger allein mit mir sein.
>>Oh Gott, endlich.<< meldete er sich. Ich sagte gar nichts. Sein Atem ging schneller.
>>Bist du zuhause, Lilly?<< fragte er, ich hörte wie er umher lief. Wieder sagte ich nichts. Was machte ich hier nur?
>>Ich komme zu dir.<< sagte er nur entschlossen und legte auf. Schmerzhaft atmete ich aus, meine Brust verkrampfte sich. Ich hielt mir die Ohren zu, versuchte die schreienden Stimmen in meinem Kopf ruhig zu stellen. Wie viel Schmerz kann ein Mensch ertragen, bis er zerreißt?

Please no promises - und alles wurde fakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt