Please no promises - und alles wurde fake

Kapitel 120 - two weeks

Lilly

>>Ich muss euch was sagen...<< stammelte Harvey und wippte aufgeregt mit dem Fuß.
Es war ein Samstagnachmittag und wir waren auf dem Weg zum Steg als Harvey plötzlich mitten auf der Wiese angehalten hatte.
>>Nun sag schon!<< lachte Chrissy und stieß ihn mit dem Ellbogen an.
Er lächelte nervös und fuhr sich einmal durch die Haare.
>>Also ich hoffe, dass ihr nicht sauer seid...<<
Chrissy und ich schauten uns fragend an und zuckten mit den Schultern.
>>Wenn alles gut geht werde ich morgen in zwei Wochen entlassen<< rückte er dann mit der Sprache heraus und sah uns erwartungsvoll an. Wir beide fingen an zu kreischen und fielen ihm um den Hals.
>>Oh mein Gott, ich freue mich so für dich!<< sprudelte es aus mir heraus und ich drückte ihm ein Küsschen auf die Wange.
>>Warum sollten wir denn deswegen sauer sein, Harvey?<< fragte Chrissy empört und drückte ihn ganz fest.
Erleichtert atmete er aus.
>>Ich weiß nicht, ich dachte einfach ich würde euch im Stich lassen oder so <<
>>Ach Quatsch, jetzt fang mal nicht an rumzuspinnen, mein Lieber<< mahnte ich ihm.
>>Wir freuen uns für dich!<<
Harvey strahlte übers ganze Gesicht. Ja, er war bereit zu gehen. Er schafft es. Generell hatten wir drei die letzten vier Wochen große Fortschritte gemacht. Harvey hatte sein Normalgewicht erreicht und schaffte es zu halten, sein Therapieplan war fast abgeschlossen. Chrissy hatte drei Kilo zugenommen und ihren Essenplan seit zwei Wochen durchgehend befolgt. Und Ich? Ich war bei 60% meines Tberapieplans, aß kontinuierlich ohne mich zu Erbrechen und hatte 4,5 Kilo zugenommen. Mir fehlten nur noch 2,6 Kilo um mein Normalgewicht zu erreichen. Ich war auf einem guten Weg. Die Therapie war zwar anstrengend, doch ich spürte jetzt schon, dass ich ausgeglichener war und es mir eher immer besser als schlechter ging.
>>Was ist das erste was du machst, wenn du hier raus bist?<< fragte Chrissy nachdenklich und zupfte am Gras der Wiese.
>>Definitiv feiern, saufen und mir einen Typen abschleppen!<< antwortete Harvey ohne zu zögern. Ich musste lachen und unwillkürlich an die Partys zuhause denken. Wie viel schlimmes passiert war. Ich wusste nicht wie es war feiern zu gehen und einfach mal Spaß zu haben. Naja wusste ich schon, aber da war ich high also zählte das nicht.
>>Ich kann das echt schaffen zuhause. Das mit meinem Eltern und allem. Denke ich << gab er nachdenklich zu.
>>Ja das kannst du!<< nickte ich sicher und er lächelte leicht. 
>>Zwei Wochen...Wie schnell das vorbei sein wird. Dafür, dass ich dann über ein halbes Jahr hier bin.<<
Er lachte unsicher.
>>Das wird komisch<<
Er zog seine Augenbrauen zusammen und schloss gequält die Augen. Nachdenklich zupfte ich an dem Grashalm, der so lang vor mir aus der Erde wuchs und schaute raus auf den See. Wenn Harvey ging, dann war ich bereits über drei Monate hier. Chrissy vier Monate. Wie schnell, und wie langsam gleichzeitig, diese Zeit doch vergangen war. Ich fragte mich wie lange ich noch hier sein würde, wenn Harvey entlassen wird. Und was passiert, wenn er weg war. Würden Chrissy und ich Fortschritte machen? Oder würden wir wieder Rückschläge erleiden? Vielleicht würden unsere Wege auch komplett anders verlaufen. Ich wusste nur, dass es mir ohne die beiden nicht so gut gehen würde wie jetzt gerade. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter, als ich daran dachte wie viel sich geändert hatte seitdem ich hier war. Das hier war ein ganz anderes Leben. So sehr anders, dass ich mich mit meinem alten Leben kaum mehr identifizieren konnte. Und ich wusste nicht, was das für meine Zukunft bedeuten sollte. Plötzlich spürte ich einen Ruck an meinen Fingern. Chrissy hatte den selben Grashalm gemustert, an dem ich gerupft hatte. Sie hatte ihn mit mir aus der Erde gerissen. Ich lachte etwas abfällig über dieses Sinnbild. Ja, bald würde es nur noch sie und mich geben. Wir zogen an einem Strang. Vorsichtig sah ich zu ihr auf und sie sah mich an. In ihren Augen konnte ich nur einen einzigen Satz lesen.

Wir beide schaffen das zusammen, wir werden zusammen gesund.