Kapitel 82 - Chocolate

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Lillys Sicht.

Der nächste Termin sollte schon in zwei Tagen sein, deswegen nahm ich mir vor mich genügend darauf vorzubereiten. In jeder freien Minuten notierte ich mir Fragen, die Sie mir vielleicht stellen könnte und legte mir vernünftige und unauffällige Antworten zurecht.
Manchmal kam ich mir echt schon verrückt vor, doch ich wollte am Donnerstag nichts riskieren.

>>Hallo Lilly << begrüßte mich die Ärztin wieder und bat mich, mich zu setzen.

>>Wie ist es dir in den letzten zwei Tagen ergangen? << fragte sie dann und suchte noch schnell etwas am Computer.

>>Ganz gut, ich hab viel geschlafen<<

>>Das ist schön, ich hoffe das geht einigermaßen mit dem Verband <<

Ich nickte nur schnell und versuchte kalt zu schauen.

>>Oh hast du Hunger? << fragte sie plötzlich und schob mir einen Teller mit Schokolade zu.

Mein Blick wanderte zu der Schokolade und augenblicklich krallte sich etwas in meine Schulter und zog mich fester in den Stuhl. Fast unmerklich schaute ich neben mich und erkannte Ana's dürre Finger auf meiner Stuhllehne. Wie gesagt, fast unmerklich.

>>Ist alles in Ordnung? <<

>>Was? Ähm, ja klar, tschuldigung. << sagte ich hastig und fügte hinzu:
>>Wo waren wir stehen geblieben? <<

>>Am Dienstag hast du mir von Caleb erzählt und davon, wie du an deiner Schule behandelt wirst <<

>>Ach ja, richtig<< machte ich nur und schluckte. Mein Blick schweifte immer wieder kurz zum Teller und sofort schlug mir Ana dafür auf den Arm.

>>Fang einfach an, wo du möchtest <<

Ich schaute vom Teller zu ihr. Ich war verwirrt, ich konnte mich kaum konzentrieren.

>>Sicher, dass alles in Ordnung ist? <<

>>Ja, natürlich. Bitte entschuldigen Sie, ich bin nur etwas durcheinander <<

>>Wovon durcheinander? << fragte sie und legte den Kopf schief.

>>Ich weiß nicht genau<<

Ich wurde nervös und drehte meinen Finger im Saum meines Shirts ein.

>>Was macht dir denn im Moment am meisten zu schaffen? Was stresst dich? <<

Ana schlug weiter auf meinen Arm ein und ich versuchte verzweifelt die Schmerzen zu unterdrücken. Ich antwortete ihr nicht. Mein Blick schweifte immer vom Teller, zu ihr, dann zu Ana.

>>Ich weiß nicht.. << sagte ich wieder, doch meine Stimme wurde brüchiger.

>>... Alles irgendwie. << sagte ich dann und atmete zitternd aus.

>>Alles? <<

>>Die Schule, die Jungs, meine Eltern, Caleb, mein Leben, ich selbst. Alles! <<
sagte ich nachdrücklicher.

Verständnisvoll schaute sie mich an, reichte mir ein Taschentuch und schob den Teller näher zu mir ran.
Ich schüttelte gequält den Kopf und drehte mich vom Teller weg. Ich fühlte mich, als würde jeden Moment alles aus mir raus platzen. Ich umschlang meinen Brustkorb und hielt mir den Arm.

>>Du bist magersüchtig, oder? << sagte sie.

Es war eigentlich keine Frage. Sie wusste es. Und ich wusste es auch.
Leise wimmerte ich und drehte mich weiter von ihr.

>>Zeig mir deinen Arm, Lilly<< sagte sie fürsorglich und stand auf. Dan hockte sie sich vor mich und zog meinen Ärmel hoch.
Durch Ana's Schläge hatten sich bereits blaue Flecken gebildet.

>>Warum tust du dir selbst so weh? << fragte sie leise und reichte mir ein Kühlpad.

Erst jetzt hatte ich realisiert, dass es gar nicht Ana gewesen war, die mich geschlagen hatte, sondern ich selbst.

>>Es ist einfach alles zu viel. Es soll aufhören << flüsterte ich immer gequälter.

>>Du brauchst professionelle Hilfe, Lilly. So kann es nicht weiter gehen <<

Please no promises - und alles wurde fakeWhere stories live. Discover now