Kapitel 133 - Hope

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Lilly

Freitag und Samstag überlud ich mich mit Schulstoff. Ich arbeitete alles auf. Nur, damit ich nicht nachdenken musste. Damit ich nicht über Nick nachdenken musste. 
>>Du weißt es längst<<
hallten seine Worte durch meinen Kopf, bis mir ganz schwindelig wurde. Ja, ich wusste es. Und ja, ich mochte es.
Ich mochte ihn.
Und deswegen fühlte ich mich einfach so schlecht. Weil ich ihn mochte und er nicht Caleb war.
Caleb war einfach der eine, der richtige für mich. Und niemals würde da jemand ran kommen. Aber trotzdem, es gab eben auch noch Nick. Wieder schob ich ihn aus meinen Gedanken und beendete die restlichen Matheaufgaben. Es war später Samstagnachmittag und ich wusste jetzt schon nicht, wie ich Montag überleben sollte. Ja, im Endeffekt war es eine dumme Idee von mir gewesen, jetzt schon wieder zur Schule zu gehen. Aber was für eine Wahl hatte ich denn bitte? Entnervt stopfte ich meine Sachen in den Rucksack und stellte ihn für Montag neben die Tür. Dann warf ich mich aufs Bett und starrte an die Decke. So lange, bis mein Handy vibrierte. In Zeitlupe drehte sich mein Kopf in die Richtung und es dauerte nochmal eine Ewigkeit, bis ich auf die Nachricht schaute. 
Nick:
Hör zu, es tut mir sehr leid. Ich hab dich zu sehr bedrängt am Donnerstag. Wir sind Freunde, oder? 
Mitleidig legte ich meinen Kopf schräg und lange schwebten meine Finger über der Tastatur. Freunde. Würde das klappen? Böse starrte ich vor mich hin. Lilly, du bist nicht mehr die alte. Du kriegst das hin. Freunde. Ja, es kann funktionieren. 
Na klar. :)
Tippte ich und schickte es dann schnell ab. Es würde bestimmt klappen. Ich würde einfach dafür sorgen, dachte ich. Das hatte ich wirklich gedacht.
Wie dumm von mir, im Nachhinein. Ich sprang auf und machte mir unten ein bisschen von dem Mittagessen warm. Meine Eltern saßen zusammen auf dem Sofa und schauten Fernsehen. Nachdenklich sah ich die beiden an, huschte aber schnell genug wieder nach oben, damit sie mich nicht sahen. Es war mir zu anstrengend, mir über die beiden den Kopf zu zerbrechen. Ich wusste nicht, ob sie jemals wieder zusammen kommen würden, ob wir alle jemals wieder zusammen leben würden. Das sollte sich in nächster Zeit schon von selbst heraus stellen. Ruhig saß ich auf meinem Teppich und konzentrierte mich voll und ganz auf das Essen.
Auch das hatte ich in der Therapie gelernt. Wenn ich zu nachdenklich wurde und ich das Gefühl hatte, dass alles mir bald zu viel werden würde, dann sollte ich mich auf mein Essen konzentrieren. Darauf, wie es sich anfühlte, wenn ich aß. Darauf, dass ich es verdiente und es mir nicht weh tat. Danach würde ich mich besser fühlen. Und ja, es half wirklich etwas. Essen war keine Strafe mehr für mich.
Wie ich da so saß, wanderte mein Blick allmählich durch den Raum und blieb an dem Tagebuch auf meinem Regal hängen. Das Tagebuch aus der Klinik, indem ich monatelang jeden Tag geschrieben hatte. Das, was jetzt bis auf die letzte Seite voll war. Seitdem ich draußen war, hatte ich nicht mehr geschrieben und ich merkte, dass ich unruhiger und unausgeglichener war. Ich schnappte mir mein Portemonnaie und mein Handy und rannte nach unten. 
>>Mum, Dad? Ich laufe mal schnell in den Buchladen die paar Straßen weiter<<
rief ich im Vorbeigehen und streifte mir meine Jacke über. 
>>Soll ich dich fahren?<< rief mein Dad noch, doch ich war schon fast aus dem Haus. 
>>Nein, alles gut. Bin gleich wieder da<< 
Und schon war die Tür zu und ich lief die Treppe runter. Ich hatte noch eine halbe Stunde, bis der Buchladen zu machte und ich brauchte mindestens eine viertel Stunde, bis ich da war. Weshalb ich auf dem halben Weg anfing zu rennen und irgendwann atemlos in dem Laden ankam. Die Verkäuferin sah mich erschrocken an und stellte den Staubsauger ab. 
>>Wir machen eigentlich gleich zu<< sagte sie. 
>>Oh<< machte ich etwas zerknirscht und wollte schon wieder raus gehen, da hielt sie mich auf.
>>Aber du darfst dich ruhig trotzdem umsehen. Vielleicht kann ich dir ja helfen?<< sagte sie nett und schob den Staubsauger hinter den Tresen.
>>Ähm ja, ich suche eigentlich nur nach den Notizbüchern<< 
>>Na dann komm mal mit. Hier haben wir ein paar.<<
Schnell folgte ich ihr zu einem kleinen Regal in der rechten Ecke. Notizbücher in sämtlichen Farben. Trotzdem wusste ich auf Anhieb, welches ich wollte. Das aus der Klinik hatte ich schwarz angemalt. Und es war so voll mit Schmerz und Trauer, dass die schönen Momente darin fast untergingen.
Also griff ich nach dem Notizbuch mit glattem, weißen Einband, auf dem ein kleiner schwarzer Schriftzug stand. Hope. 
>>Das soll es also sein?<< fragte die Verkäufern neben mir freundlich.
>>Ja, bitte<< antwortete ich und reichte es ihr zum abkassieren.
Ein paar Minuten später lief ich die Straßen wieder hoch nach hause. Mein Blick schweifte wieder zum Schriftzug auf dem Buch, als mein Handy klingelte.
Kaltschweißig zog ich es au meiner Hosentasche, als wenn ich gewusst hatte was es war.
Ein Anruf.
Von Caleb.
Eingefroren starrte ich auf das Display. Ich vermisste ihn und doch würde ich es nicht aushalten können jetzt seine Stimme zu hören. Also drückte mein Finger wie von selbst auf ablehnen. Ich ließ das Handy wieder zurück in meine Tasche gleiten und strich über den Einband des Buches. Oh Gott. Warum hatte ich aufgelegt? Warum hatte er überhaupt angerufen? Was wollte er? Was wollte er mir sagen? Mein Kopf schwirrte und verkrampft versuchte ich Caleb aus meinem Kopf zu drängen. 

Please no promises - und alles wurde fakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt