Kapitel 185 - Es war vorbei.

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Lilly

*trigger Warnung*

Mein Kleid hängte ich ordentlich in den Schrank zurück und zog mir ein Sweatshirt und eine Pyjamahose an. Vorsichtig setzte ich mich auf die Kante meines Bettes, ich konnte mich im Spiegel auf der anderen Zimmerseite sehen. Meine Haut war blass, ich sah ängstlich aus. Die Stille im Raum war drückend. Rasselnd strömte die Luft durch meine Kehle. Ich schluckte und löste meinen Blick von meinem Spiegelbild. Die Briefe lagen fein säuberlich auf dem Schreibtisch, die Schlaftabletten standen neben mir auf dem Nachttisch. Eine Flasche Wasser direkt dahinter.
Ein letztes Mal schloss ich die Augen, nahm einen tiefen Atemzug, spürte das Leben in mir. Die raue Kante drückte sich in meine Fingerspitzen als ich den Deckel von dem Döschen öffnete. Langsam holte ich die erste Tablette raus. Sie war weiß, unscheinbar. Sie sah fast unschuldig aus. Ein Lächeln zuckte um meine Mundwinkel.
Es ist okay, sagte ich mir. Du hast es bald geschafft. Du darfst gehen. Ich vergebe dir. Die erste Tablette berührte meine Zunge.
Sie war glatt, ich fühlte sie kaum. Mit einem Schluck Wasser spülte ich sie runter.
Ab da ging alles automatisch. Die zweite Tablette folgte genau danach, dann die dritte, die vierte. Nach fünf Minuten war die Dose leer. Ich schloss die Wasserflasche und stellte sie wieder auf den Nachttisch.
Mein Hals war trocken, ich schluckte.
Doch es fühlte sich an als hätte jemand seine Hände fest um meine Lunge gedrückt.
Mein Bein fing an zu zucken und ich versuchte es ruhig zu halten.
Panik schlich sich an.
Was war, wenn die Dose nicht reichte?
Was war, wenn ich gar nicht starb?
Nein, es musste reichen. Es musste einfach. Ich stand auf, tigerte hin und her. Meine Gedanken fingen wieder an mich anzuschreien.
Hört auf! Seid leise!
Ich kniff die Augen zusammen, hielt mir die Ohren zu. Obwohl ich genau wusste, dass das nichts half. Ich schlang meine Arme um meinen Körper und starrte vor mich hin. Was sollte ich tun?
Plötzlich hob ich den Kopf und drehte mich um. Als wäre ich besessen, stürzte ich mich auf meine Schreibtischschublade. Das letzte bisschen Koks fiel mir sofort in die Hände. Ich zwang mich Ruhe zu bewahren, während ich Lines auf der Tischplatte legte. Ich presste meinen Kiefer aufeinander, ich hatte Angst.
Was war, wenn der Tod grauenvoll war?
Ich schaltete meinen Kopf auf und zog die zwei Lines durch meine Nase, nichts blieb übrig. Ein Wimmern entglitt mir, meine Sicht wurde verschwommen. Ich stellte alle Sachen wieder ordentlich zurück und wankte ins Bett. Die Decke war warm und schwer und kurze Zeit war ich glücklich.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, alles flog einfach an mir vorbei. Eine Träne rann über meine Haut, auf mein Kissen. Mein Leben zog an mir vorbei und ich war dankbar für jeden einzelnen Moment. Ich war befreit, zufrieden.
Dann bekam ich keine Luft mehr.
Ein wahnsinniger Druck lag auf meinen Augen. Ich wollte schreien, aber es kam nichts raus. Mein Herz zog sich zusammen, ich konnte jeden einzelnen Tropfen Blut in meinen Adern spüren. Schmerz überflutete mich, meine Muskeln waren gelähmt.
Nach ein paar Sekunden stoppte es.
Alles war dunkel. All die Last, das Leid, fiel von mir ab.
Es war okay. Es war vorbei.

Please no promises - und alles wurde fakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt