Kapitel 167 - Talks

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Lilly

Den gesamten Mittwoch brachte ich damit zu, das Gedicht in meinem Rucksack anzustarren und an meinem Daumen zu kauen. Klar, ich musste es Alexa zurück geben. Nur wie sollte ich das anstellen? Ich wusste, sie würde wieder eher im Klassenzimmer sein, also ging ich auch eher hin. Unschlüssig stand ich im Tührrahmen und sah ihr zu, wie sie an ihren Texten schrieb. Bevor sie mich bemerken konnte, setzte ich mich auf meinen Platz und zog ihr Gedicht hervor. Ich beobachtete sie von hinten. Sie war ganz in ihrer Trance, total in ihrer Leidenschaft. Das war das erste Mal, dass ich sie als einen genauso zerbrechlichen Menschen wahr nahm wie ich es war. Ich gab mir also einen Ruck und ging zu ihr. Vorsichtig legte ich ihr das Blatt auf den Tisch.
>>Ich glaube, dass gehört dir<< sagte ich nur sanft und lächelte sie schnell an. Sie erstarrte und sah mich durch ihre großen Augen erschrocken an. Ich schluckte und drehte mich einfach um, um zu gehen. Niemals hätte ich gedacht, dass das hier der Wendepunkt für Alexa und mich war. Am Nachmittag wartete ich aufgeregt in dem kleinen Cafe um die Ecke. Alexa wollte sich hier mit mir treffen. Sofort fühlte ich mich wie der hinterletzte Obdachlose als Alexa ins Cafe kam. Ihre Absätze hallten auf dem Marmorboden und ihre roten Haare schwangen rhythmisch bei jeder ihrer Bewegungen. Würde ich auf Mädchen stehen, hätte ich sicherlich eine Schwäche für sie. Doch an Caleb kam nichts ran.
>>Hey<< sagte sie unsicher, als sie ihre Handtasche neben den Tisch stellte und sich einen Stuhl zurück zog. Augenblicklich musste ich über diese absurde Ironie lächeln, die hier gerade statt fand. Sie legte den Kopf schief und schaute mich an. Ihr goldener Ohrring klimperte.
>>Warum lachst du so?<< wollte sie wissen.
>>Ach...<< wollte ich erst abwinken, doch sie ermutigte mich weiter zu reden.
>>Ich hätte nur nie gedacht, dass wir mal freiwillig zusammen an einem Tisch sitzen würden.<<
Sie schmunzelte und sah auf ihre manikürten Nägel.
>>Die ganzen Umstände tun mir leid<< sagte sie leise.
>>Was meinst du?<<
Skeptisch sah ich mich schnell um. Sie atmete laut aus. Ich konnte sehen, wie sehr sie mit sich kämpfte. Aus Reflex legte ich meine Hand auf ihre, um zu zeigen dass ich Verständis hatte. Sie verspannte sich und ihre hellen Augen sahen auf unsere Hände. Mein Atem stockte. Langsam, bemüht dass ich es nicht bemerkte, entzog sie mir ihre Hand und vergrub sie unter dem Tisch. Ich blinzelte und realisierte, dass ich in Zukunft sehr viel überlegter an die Dinge ran gehen musste.
>>Sorry, ich...<< murmelte ich.
>>Nein, nein. Alles gut. Es war nur...nichts.<< brabbelte sie und ich konnte sehen, wie ihre Wangen leicht errötetetn.
>>Ich glaub, ich gab dich noch nie so gesehen.<< sagte ich wieder, ohne nachzudenken. Ihr Blick schnellte hoch.
In ihrem Gesicht konnte ich ihre Emotionen sehen. So wie man es immerzu bei mir konnte, wenn ich am verletzlichsten war.
>>Ich hab immer gedacht, dich könnte nichts und niemand von deinem Thron reißen.<< versuchte ich mich richtig auszudrücken. Sie sah kurz weg, bevor sie mir furchtlos in die Augen sah.
>>Ich hab nie auf diesem Thron gesessen.<< sagte sie. Dann holte sie tief Luft.
>>Nicht, seitdem du da bist << fügte sie schüchtern hinzu. Ja, schüchtern.
>>Du kannst deinen Thron zurück haben, wenn du möchtest<< erklärte ich ihr einfühlsam. Ein Friedensangebot, für einen Neuanfang.
>>Dir steht er viel besser << flüsterte sie impulsiv. Wieder blieb mir die Luft weg. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass sie mir Macht gab. Wir redeten nicht mehr viel. Caleb war zwar nicht begeistert, dass Alexa und ich uns getroffen hatten, doch damit musste er sich eben abfinden. Ich wollte Antworten. Verstehen, warum Alexa so lange so furchtbar zu mir war. Und was sie dazu bewegt hatte, es plötzlich nicht mehr zu sein. Diese Antworten bekam ich heute nicht. Doch das würde ich noch.

Please no promises - und alles wurde fakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt