117. Übermacht

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Plurale Mittelschulen waren sehr stark dem Vorbild der amerikanischen High Schools nachempfunden, und so hatte Thknah sich von der Lehrkraft erst einen Hallenpass besorgen müssen, um zum Krankenzimmer gelangen zu können. Eigentlich tat er das nur ungern, da er hierzu immer den Unterricht stören, und auf sich aufmerksam machen musste. Das, obwohl Aufmerksamkeit genau das war, was er so gut es ging vermeiden wollte.

Zusätzlich dazu waren die leeren, kahlen, viel zu grell erleuchteten Schulkorridore nicht gerade hilfreich, wenn er sowieso schon mit der in sich manchmal aufsteigenden Grundübelkeit zu kämpfen hatte, die ihm eine Art von geistiger Vernebelung andeutete. Er musste das Krankenzimmer erreichen, bevor – zu spät!

Frustriert über sein zu spätes Handeln betrachtete Thknah seinen menschlichen Körper aus einer verzerrten Perspektive, bei der er nicht mal sagen konnte, wo im Raum er sich jetzt eigentlich befand. Die ihn umgebenden Spindreihen konnte er zwar noch wahrnehmen, aber nicht mehr als horizontale Wegbegrenzungen, sondern nur noch als »da geht es nicht weiter«. Thknah musste kapitulieren, irgendwann bald, so hoffte er, würde er wieder in der Szene drinstecken und seinen Weg fortsetzen können.

»Du musst mir helfen!« Erschrocken drehte sich Thknah um. Ein mittelalter Maskuliner in beiger Abenteurerkluft war hinter ihm aufgetaucht, »du bist doch der Sternenwanderer?« Der Sternenwas?! Offenbar konnte der Abenteurer mit dem Safarihut die Perplexität von Thknahs Ausdruck nicht deuten. Er schwallte einfach weiter, »ich brauche einen Beweis, dass ich hier war! Dass ich die Grenze zu dir überschreiten konnte! Hilf mir! Das Leben meiner Tochter steht auf dem Spiel!«

»Das Leben deiner Tochter? Moment mal!« protestierte Thknah energisch.

»Ja, ja! Bitte, du musst mir glauben! Bitte!«

Thknah grübelte, und dann kam ihm, dass er immer zuerst Informationen sammeln musste.

»Ich glaube dir!«

»Ja? Natürlich tust du das! Du bist der Sternenwanderer! Oh, endlich! Endlich konnte ich dich erreichen!«

»Wer bist du?«

»Ich bin ein Wissenschaftler aus einer anderen Welt...bei uns, wir...die Regierung hat uns unterdrückt und hält mich gegen meinen Willen unter stetiger Folter gefangen. Aufgrund meiner Forschung haben sie meine Tochter entführt! Wenn ich kein Gerät erfinden würde, um zu den Sternen zu gelangen, dann würden sie sie auch foltern...und töten!«

»Das klingt...schrecklich! Aber wie kann ich dir dabei helfen?«

»Hier, hier!« Der seltsame Reisende entfaltete einen Plan unverständlicher Formeln und mathematischer Symbole vor Thknahs Augen und deutete auf etwas Eingekreistes, »ich habe Berechnungen angestellt! Oh, ich bete, dass sie stimmen! Geh zu deinem Spind, öffne ihn, und mach ihn wieder zu! Wiederhole das fünf Mal, und die Sterne in meiner Welt werden so ausgerichtet sein, wie ich es bei meiner Abreise durch das Portal vorherbestimmt habe! Du wirst ihnen damit beweisen, dass meine Maschine funktioniert!«

Dass Thknah von dieser Situation völlig überrumpelt war, wäre wohl völlige Untertreibung gewesen. Sollte er sich freuen, dass er wieder Kontakt hatte? Aber Kontakt zu was, verflucht? Er war der was? Dieses Wesen war eindeutig nicht von seiner Spezies, und es wirkte auch keinesfalls wie ein Invasor. Er wirkte wirklich wie ein völlig verzweifelter Familienvater.

Jetzt war eigentlich nur die Frage, was, wenn er ihm half, und was, wenn er sich ihm verweigerte? Thknah starrte an seinem Gesprächspartner fassungslos vorbei, bis er einen Gedanken fand, der ihm gefiel. Angenommen, diese Welt des Fremden war genauso real wie die anderen, dann schien er, Thknah, eine Art Macht dort zu besitzen.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Where stories live. Discover now