28. Aufbruch

3 3 0
                                    


~Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇--|✧|--Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇Δ∇~


So begann die Phase, in der Spectre dazu abkommandiert wurde, Kasha'aar seine Netzwerkkapazitäten auszuleihen, damit dieser schneller sich in die Thematik des Kraftsports einarbeiten konnte. Kasha lief zum örtlichen Sportgeräteladen und trug zu Fuß in mehreren Anläufen schwere Eisenstangen und Gewichte nach Hause. Stars Eltern waren zwar einiges gewohnt, aber das Kasha'aar sich nun vor ihnen eine Kampfsportweste umschnallte, mit zehn kleinen Taschen für Extragewichte und Arm- und Beinschnallen, die ebenfalls drei Gewichtsschnallen besaßen, das war ein wenig zu seltsam, selbst für sie. Das hatte er mal in so einer Zeichentrickserie von Estella gesehen. Dort hatten sie sich riesige Felsen um den Körper geschnallt und sie tagelang hinter sich her geschleift. Als sie dann die Felsen wieder von sich abseilten, waren sie unfassbar stark in unfassbar kurzer Zeit geworden.

»Das ist...okay«, entfuhr es Joey, auf diese Erklärung zu Kashas Verhalten hin.

Er setzte ein mickriges Gesicht auf, das irgendwie eine Mischung aus Beifall, Abscheu und Verwirrung war. Kasha stemmte jetzt täglich mehrere Male Gewichtsstangen in die Luft, vom Boden, gegen die Decke. Er besorgte sich eine Klimmzugstange, und, da es keinen geeigneten Ort zur Befestigung gab, bat er einen der Anwohnenden ihm Zugang zu dessen Dachboden zu gewähren. Dort konnte er dann hinlaufen, machte seine Klimmzüge, und lief dann wieder runter. Estella beobachte das Ganze mit Besorgnis.

»Wie weit wirst du damit geh'n?« fragte sie.

»Wie, wie weit? Was soll das heißen? Ich mach' das bis ich der krasseste Motherfucker im ganzen Bezirk bin!«

Estella war geschockt. Kasha'aar spürte das.

»Was ist los?«

Estella schwieg.

»Mann, Grün! Jetzt mach schon! Da waren wir schon mal! Sag es jetz', oder ich kann nicht weitermachen!«

Das gab Estella die nötige Kraft und sie flüsterte vor sich in den Raum: »Ich...ich mag nicht, dass unser Körper dann so aussieht. Mit so vielen Muskeln, und so übermaskulin...wie soll ich denn da einen Partner finden?« Kasha'aar schwieg.

»Ich will und ich kann dir nicht dein Leben vorschreiben!« verteidigte sie sich, »ich wollte es nur...erwähnt haben«, schloss sie und schwebte Richtung Wald.

Ugh. Neue Datenbanken brauchte es jetzt. Wie wurde man maximal stark, ohne dabei zu einem Muskelberg zu werden? Bald stieß Kasha'aar mit Hilfe des silbernen Netzes auf Trainingsmethoden, die in Intervallen arbeiteten. Übungen, die mit dem reinen Körpergewicht auszubalancieren waren, und dem guten, alten Joggen. Letzteres machte Kasha'aar besonders viel Spaß. Er liebte es über die leergefegten Felder und kargen Landschaften bei sommerlichen Temperaturen entlang zu düsen.

Er entdeckte das sogenannte »Runners High«. Das Runners High muss man sich in etwa so vorstellen: Man bedient eine Maschine immer schneller, und schneller, und schneller, und es wird mit jedem Drücken und Schieben und Ächzen schwieriger, man schwitzt mehr, und man keucht mehr, und man spürt den Herzschlag in der Kehle schlagen, und dann - das Runners High! Pures Nirwana. Alle Anstrengung verblasst, und die Maschine läuft einfach. Sie läuft ohne den Druck eines einzigen Hebels, eines einzigen Fußpedals. Es läuft einfach, und man selbst wird überschüttet mit den besten Hormonen, die die menschliche Biochemie jemals hervorgebracht hat.

»Brauchst du Hilfe?«

Ein paar Typen in einem Jeep waren Kasha'aar auf den Fersen, am Rande einer staubigen Landstraße. Kasha'aar schüttelte nur energisch den Kopf, seine Augen waren halb in seinen Kopf zurückgerollt. Er trug ein ausgeleiertes, gerilltes, weißes Unterhemd, beigefarbene Khaki Sommerhosen, zerfledderte Billigschuhe, ein weißes Schweißband auf der Stirn und eine kleine, silberne Dogtag-Kette um den Hals, die von Spectre zur Not aus dem Innern »unter Strom« gesetzt werden konnte, falls der Körper wirklich kurz vor seinem Untergang stand, ohne, dass Kasha es merkte.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Where stories live. Discover now