116. Party

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»...und deshalb ist auch Warks in seinen Schriften...«

»...die Bourgeoisie blabla...«

»...eine echte Revolution kann nie erlangt werden, wenn nicht...blabla.«

Dartagno analysierte das Geschwätz der Punkerkutten auf dessen Schlagworte. So dachten die Menschen nämlich: In coolen Schlagworten, die nur sie und ihre Homies kannten. Yeah, Mann, kennst du auch den Warks? Ja, Mann, dann bist du schlau und ich auch! Wow, yeah!

Und irgendwo sitzt dann so ein schmächtiger, oberschlauer Regisseur und schreibt sich einen ironisch intellektuellen Charakter in seinen Film, der ihn an seinen alten Studikollegen erinnerte. Und der zitierte dann Warks, oder Senin, oder Lokrates, oder Marcey, den lila Dinosaurier. Wenn es nach Dartagno ginge, dann waren sie alle Teil vom selben Spiel mit dem haargenau gleichen IQ, ganz besonders der Regisseur, der dachte, dass er echt clever wäre, weil er »es ja ironisch« meinen konnte.

»Willst du jetzt einen Blumenstrauß dafür, oder was, du Bastard?«

Verdammt, er durfte nicht so weit da hinein mit seinen Gedanken abschweifen. Da wohnte Es. Alkohol, Alkohol, Alkohol! Dartagno hatte eine weitaus wichtigere Figur aus diesem sozialen Milieu in seinem Repertoire: Andy Marder. Wieder so ein typisch chauvinistischer, übertrieben offensichtlicher Kranker, der nur mit Hilfe religiöser Idolisierung seiner selbst sich eine ernstzunehmende Armee hatte erschaffen können. Wenn so ein Loser das konnte, warum dann nicht auch Dartagno?

Doch mit jedem Satz, der aus den Kehlen dieser missgestalteten Elendigen drang, haderte er zugleich mit dem Gedanken, ob eine Auferstehung der GAP wirklich das war, was in Deutschland aktuell irgendetwas bringen würde. Das hatte es damals noch nicht, und das würde es auch heute nicht. Es war wirklich verdammt schwer sich etwas zu überlegen, das nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Da saßen sie nun alle versammelt, mit ihrem gleichen Musikgeschmack, und gleichen Outfits, und besprachen ihre grenzenlose Individualität. Ihr Außenseitertum. Klar, ich zieh mir was anderes an und bin plötzlich schlauer als der Rest. Nein, man konnte mit denen einfach nichts planen. Das war ja das Grundproblem. Egal, was sie sich anzogen: Mensch blieb Mensch. Es war alles sinnlos, was sich auf das Mitwirken von denen da konzentrierte. Und Marder wollte ja eigentlich auch nur Ficken, so wie Fred Dundy und der Typ, der mit seinem Hund gesprochen hat. Naja, der vielleicht eher nicht.

Menschen, die sich wirklich stundenlang mit kranken Serienkillern befassten, waren ein Klischee, weswegen Dartagno nur immer genau so viel aufschnappte, bis er sein Urteil über sie hatte fällen können, was meistens nicht über die Zehn-Minuten-Marke einer Dokumentation hinausging. Das waren nicht seine Leute. Sonst wären sie noch da draußen und niemand wüsste wer zum Teufel sie eigentlich in Wahrheit waren. Entweder, es gab seine Leute nicht, oder sie waren so verdammt gut, dass es einem den Angstschweiß auf die Stirn treiben konnte nur darüber nachzudenken.

Einer der Punker hatte Dartagno ins Visier genommen. Zum Glück hatte Dartagno direkt einen Weg ans Schnapskabinett gesucht, sobald er mit Nina zusammen durch die WG-Tür gefallen war. Mit seiner Linken umschloss er jetzt die frisch geöffnete Flasche, während die Fingernägel seiner Rechten, versteckt vor aller Augen, sich so langsam auf den Weg machten, sich durch seine geballte Faust hindurch auf direktem Wege in die Hölle selbst zu bohren, um Satan zu ermorden und endlich seinen rechtmäßigen Platz auf dessen erbärmlichem Thron einnehmen zu können. Dartagno beäugte die Flasche in seiner Linken. Das sollte nicht nur genug sein um dumm genug zu werden und nicht aufzufliegen, sondern auch Es vertreiben, bevor es diesem Typen die Augen aus seinen Höhlen herausbeißen konnte. Hoffte er.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt