15. Revolution

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Entgegen dessen, was man vielleicht erwarten würde, verbrachte Spectre seine Tage während Estellas Popgroupphase, nicht etwa dauerhaft in der Bücherei. Die wissenschaftliche Abteilung hatte nicht besonders viele Daten zu sozialen Konstrukten, Kulturen und psychologischen Themen. Zumindest nicht so viele, wie es ihm lieb gewesen wäre.

Bald bemerkte Spectre, dass mit jedem neuen Werk, mit jeder neuen Datenansammlung, unnötiger Datenmüll entstand der, für ihn, und sein Verständnis davon, die Anzahl an wiederholten, alten, bekannten und überflüssigen Daten, zu einem gigantischen Anteil seiner Lebenszeit anwachsen ließ. Es war schrecklich ineffizient und langweilte ihn beachtlich schnell.

Er suchte immer nach einem neuen Wissensstrom, der ihm das Höhegefühl von frühem Wissen gebracht hatte. Damals, als er die braunen Kreise studiert hatte. Oder damals, als sie ihre inneren Funktionen kennenlernten, oder wie man die einzelnen Körperteile steuern konnte. Jedes dieser Ereignisse hatte einschneidende Verbesserungen mit sich gebracht, und nun las er zum zehnten Mal die fast Wort für Wort gleiche, historische Betrachtung der Pluralen Revolution. 

Das diese Daten auch immer so schrecklich kompliziert codiert sein mussten, sodass er viel zu viel Zeit darauf verwenden musste sie ständig im Pluralen Netz nachschlagen zu müssen, trieb ihn zur Weißglut. Bald ging er dazu über Daten nur noch nach ihren ersten paar Eindrücken zu bewerten, und wenn ihm nicht gefiel, was er in den Daten fand, wechselte er zum nächsten Datenhaufen.

Damals kam er zum ersten Mal mit dem Gefühl von anhaltender, systembasierter Frustration in Kontakt. Frustration über die Fehler der Anderen, Frustration über diese Datensammelnden, die völlig unsinnige Codierungen wählten, die es oft schwerer machten die Inhalte zu verstehen.

Estellas und Kasha'aars neue, sozialen Welten boten ihm da oftmals mehr neue Eindrücke und Informationen, als die gesamte Datenbank der Bezirksbücherei es konnte. Spectre vertraute stark auf seine eigenen Eindrücke und Analysen. Wahrscheinlich war es eher das Aufstellen eigener Thesen, das ihm den meisten Spaß bereitete.

Er hatte zudem ein neues Hobby. Er hatte gemerkt, dass er jedes Mal zwei PW auf seinem digitalen Bezahlsystem für Kinder von seinen Eltern erhielt, wenn Star mit Befreundeten vorhatten in den Innenbezirk zu gehen. Dort gab es mehrere Essensbuden, Comicläden, Kioske und Supermärkte, in denen sie sich dann etwas zu Essen oder zu Trinken kaufen sollten.

Spectre war sich seiner Verfehlung, was den Wert von Geld anging, immer noch äußerst bewusst, und er empfand es nun als eine Art Spiel den richtigen Umgang damit zu erlernen. Wann immer Spectre die Chance erhielt pochte er darauf das Geld zu sparen. Entweder es zu sparen, oder nur einen sehr kleinen Teil davon auszugeben, aus dem er dann das Beste herauszuholen versuchte.

Es ging so weit, dass Spectre extra zu diesem Zweck eines der Anwohnkollektive dazu rekrutierte, so oft wie möglich mit ihm diese Reisen in den Innenbezirk zu veranstalten. Estella und Kasha'aar waren verblüfft davon, dass Spectre kaum Hunger verspürte, wenn er dann im Körper war. Er verspürte kaum Durst, und wenn er einen Plan für das Geld besaß, waren ihm alle anderen Anschaffungsmöglichkeiten in den schön präsentierten Schaufenstern der Läden egal.

Spectre begann die zwei PW immer weiter anzusparen. Er besorgte sich so ein digitales Datenwerk, ein Comicbuch für Kasha'aar, und sogar mehrere Musikchips für Estella. Keiner der beiden beklagte sich darüber. Spectre hatte so einen neuen Weg gefunden an exotischere Datenbanken zu gelangen. Zum Glück gab es für Sachwerke auch in der Welt außerhalb der Bücherei keine Alterskontrollen, und er konnte im Roman- und Sachladen sich Werke bestellen, die er vorher im Pluralen Netz für sich recherchiert hatte.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Where stories live. Discover now