38. Rory

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Gesagt, getan. Rory wohnte, wie zu erwarten, in einem Block. Aber er hielt nicht direkt davor, sondern an einem Hühnchengrillwohnwagen, der sich unweit seiner Behausung befand. Er hatte zuvor noch seine Gewinnpunkte in PW umgetauscht und besaß nun Tausendzweihundert frische Öcken in den Taschen. Rory stieg aus seinem Wagen und klopfte an die geschlossenen Rollläden des verlassen wirkenden Wohnwagens. Der Rollladen knarzte nach oben und offenbarte ein überraschend aktives, geschäftliches Treiben in seinem Inneren.

»He, Boss, na? 'Ne Gute Nacht gehabt?«

»Sag du's mir«, antwortete Rory einem von vier Körpern, die unter dicker Bekleidung, kaum erwärmt durch eine Minielektroheizung im Hohlraum des »Hähnchengrills« steckten und auf einem Haufen eingeschweißter, brauner Pakete saßen.

»Ach, du Scheiße«, verlautete es mal wieder im Dreiklang aus Stars Innen.

»Der Verkauf lief gut, sind einige Päckchen losgeworden.«

»Bombe, Bombe, Chimas. Das hier ist Kasha'aar, haben vorhin ein paar Schweinen das Fürchten gelehrt und dann...«

Rory holte das Pad aus seiner Jackentasche und wedelte mit seinem Gewinn vor dem »Grillpersonal« herum. Dieses begann daraufhin in lauten Geräuschen, die selbst für Kasha nicht zu entschlüsseln waren, offen Beifall zu bekunden.

»Komm, komm«, winkte Rory Kasha heran und die beiden gingen seitlich am Hühnchengrill vorbei, was eine weitere Absurdität offenbarte. Direkt hinter dem großen Wagen saß ein Haufen Chimas und zählte ihr Geld. Sie rauchten harziges Haschisch und hatten weiße Lines vor sich ausgelegt. Die insgesamt sechs Angestellten hatten sich draußen um einen großen Baumstamm versammelt, der ihnen einen Tisch ersetzte.

»Wir haben ein Problem mit Aron«, sprach ein Körper sofort den Boss an, »wir sollten ja mal nachhören, ob es irgendetwas Neues gibt. Der ist einfach verschwunden. Auf der Straße gibt es das Gerücht, er wäre jetzt bei den 77ern.«

Rory schlenderte um den Tisch, setzte sich auf eine der lausigen, klapprigen Campingstühle, die darum platziert waren, und erhitzte sich ein Stückchen braunen Klumpen.

»Was soll'n wir tun, Boss?«

Rory zeigte immer noch keine Reaktion, sondern wendete sich lieber Kasha'aar zu. Sein Tonfall wurde nun mit einer Note von Verachtung versetzt.

»Dieser Aron, weißt du, der war gut. Der ist immer für uns laufen gegangen und das hat er echt gut gemacht. Ich kenne seine Mama und sie hat immer so gut von ihm gesprochen, also hab' ich ihm vertraut, weißt du? Aber ich sehe das, wenn einer dieses falsche Funkeln in den Augen trägt, weißt du? Haben! Haben! Ich brauch' mehr, ich brauch' immer mehr! Nie genug! Solche Augen hatte der Aron. Deshalb weiß ich jetzt nicht was ich glauben kann. Verstehst du das?«

Kasha nickte und antwortete:

»Er hat den Stamm verraten.«

»Hat eventuell!« korrigierte ihn Rory energisch, allerdings nicht ohne dabei mit einem Lächeln Kashas Ausspruch mit einer gewissen Prise Respekt zu quittieren. Er steckte das Hasch in Brand und nahm einen dicken Zug.

»Hat eventuell...« wiederholte er immer wieder in ominös sanftem Ton, »wisst ihr was? Kasha'aar hat Recht! In so einem Fall ist ein ›hat eventuell‹ genauso viel wert wie ein ›hat‹. Ich will, dass ihr ihn auftreibt und seinem Körper ein paar Knochen brecht. Vielleicht lernt er es dann ja auch.«

Spectre war jetzt nicht mehr bei seinen Strafgesetztexten, sondern bei den 77ern. Es war die eine Sache bei einem Drogendealer zu sitzen, der keine Feindlichen hatte. Es war eine ganz andere Sache bei einem Drogendealer zu sitzen, der welche hatte. Solange sie hier draußen waren, war es auch möglich, dass diese 77er auf einen unangekündigten Besuch vorbeischauten. Das war nicht gut.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Where stories live. Discover now