11. Weiße Maske

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Estella stand erneut voller Verwunderung im Pausenhof. Es war nun bereits der vierte Schultag und die Geschlechter hatten sich nur minimalst gemischt. Das war ein unglaubliches Mysterium für sie. Sie konnte einfach diesem Unterschied nicht so viel Kraft und Macht beimessen. Es war für sie einfach total egal.

»Also Kupernikus schreibt dazu«, begann es aus dem Inneren zu sickern, »Kupernikus schreibt, dass der Körper als Signalempfänger Informationen unterschiedlich verarbeitet, weil er unterschiedliche, chemische Signalmoleküle besitzt. Da die chemischen Substanzen je nach femininem und maskulinem Körper variieren, haben feminine Körper auch Empfindungen und körperliche Ereignisse, die du in einem maskulinen Körper niemals nachvollziehen kannst. Es gibt also schon so etwas wie einen geteilten Erfahrungspool unter gleichen Körpern.«

Estella seufzte. »Ach ja? Und was sind denn Moleküle? Was sind das für Variationen? Was soll das bedeuten, ein Erfahrungspool?«

Sie zog die abstrakten Begriffe betont besonders lange. Estella wusste genau, wie sie Spectre zum Schweigen bringen konnte. Er zitierte oft Begriffe, die er selbst noch gar nicht verstand. Er gab nur wieder, was in den Werken aus der Bücherei aufgeführt wurde, ohne es vollends verstanden zu haben.

»Ähm, naja...also das muss ich alles auch erst noch nachschlagen. Ich dachte, es könnte dir vielleicht helfen«, gestand er ihr sein unvollständiges Wissen.

»Das hilft dir vielleicht, aber mir überhaupt nicht! Ich glaube, selbst wenn ich diese blöden Begriffe verstehen könnte, könnte ich das nicht verstehen! Es macht keinen Sinn! Ich will doch einfach nur, dass alle mit allen spielen und Spaß zusammen haben! Das kann gar nicht falsch sein, egal was in deinen Büchern da steht!«

Spectre gab sich geschlagen. Immer wenn Estella in diesen Modus schaltete, war es besser nicht mehr weiter mit ihr zu argumentieren. Sie bestand auf manchen Dingen einfach, das wusste er. Es waren Dinge, die bei ihr einfach nicht zur Diskussion standen, und nach ihrer Auffassung auch niemals zur Diskussion stehen würden.

Mit jedem Schultag lernten sie dazu, und mit jedem Schultag übte das Äußere Einfluss auf ihr Inneres und ihre gemeinsame Dynamik aus. Je nachdem in welcher äußeren Situation wer welche Priorität einnahm, veränderte sich die Reaktion von Starbound gegenüber dem Äußeren. Manche der entstehenden Kombinationen waren fataler, als andere.

Eines Tages war Estella zu Besuch bei Silke. Die beiden spielten mit ihren Gerechtigkeitskämpferinnen. Der böse Ushurak aus dem Abgrund hatte seine Skelettarmeen beschworen und teleportierte sie in alle Innenräume der Welt. Nur mit Hilfe ihrer Teleportationskräfte konnte Sybil sie ausfindig machen, und gemeinsam mit Adele von Innenraum zu Innenraum hüpfen.

Doch als seine Armee fast besiegt war beschwor Ushurak den roten Abgrunddrachen, seinen grausigsten Verbündeten. Adeles Pflanzenranken, mit denen sie gegen ihn kämpfte, wurden verbrannt und sie ging verletzt zu Boden. Doch da tauchte die Weiße Maske auf!

Ein edler Dieb, der sich bei einem seiner Raubzüge in Adele verliebt hatte, und nun immer auf der Mission war sie zu beschützen. Silke hatte beschlossen die Weiße Maske von einem ihrer inneren Maskulinen spielen zu lassen, der am besten auf den Charakter passte. Sie wollte Estella eine möglichst reale Erfahrung bieten.

»Weiße Maske! Rette mich!« rief Adele in vollster Erwartung bald an der Brust ihres schönen Prinzen zu landen.

»Warum sollte ich?«

»Hä?!« machte es in Estellas und in Silkes Kopf gleichzeitig.

»Du bist ja nicht mal eine echte Feminine! Ich rette nur echte Feminine!« Silkes Körper hatte in diesem Satz Estella fest angepeilt, in deren Augen sich sofort die ersten Tränen zu sammeln begannen.

Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt