Kapitel 187 - Sheila

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Sheila wusste nicht, wie lange sie schon dabei waren, immer wieder mit dem Hammer auf die Wand einzudreschen, doch nach einer gefühlten Ewigkeit war endlich fast alles eingerissen. 

Jonathan schlug nun etwas vorsichtiger die letzten Reste aus den Ecken, dann stellte er den Hammer auf den Boden und stützte sich darauf ab. Er stieß einen erschöpften Laut aus und legte dann den Hammer auf den Boden. 

Sheila tat es ihm gleich, dann betrachtete sie ihr Werk und sie musste zugeben, dass sie ziemlich zufrieden mit sich war. Sie hielt ihm die Hand hin zu einem High-Five, doch er hob nur schwach die Hand. 

„Meine Arme tun so weh", jammerte er und schüttelte sie. Sheila lachte, denn obwohl auch ihre Arme schwer waren, fühlte sie sich nicht so erschöpft, wie er es offensichtlich war. 

„Muss Opi sich ausruhen?", scherzte sie, woraufhin er ihr die Zunge rausstreckte. Sie kicherte, doch dann ging sie zu ihm und legte ihm die Arme um die Mitte. 

„Das haben wir ziemlich gut hinbekommen", sagte sie und stellte sich vor, wie dieser Raum aussehen würde, wenn alles fertig war. 

„Da vorne könnten wir das Bett hinstellen. Und hier den Schrank", erklärte sie und zeigte ihm, wie sich es sich vorstellte. Jonathan nickte. 

„Es wird so schön, wenn wir hier alles so einrichten, wie es uns gefällt. Dann musst du auch nicht mehr mit mir auf so engem Raum zusammenhocken", sagte er, doch sie schüttelte schnell den Kopf. 

„Ich bin ziemlich gerne auf engem Raum mit dir zusammen", lachte sie, dann schlug sie ihm mit der flachen Hand auf den Hintern. Er zuckte zusammen, denn offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet und sie sah, wie er leicht errötete. Er war wirklich süß. Doch dann löste sie sich von ihm. 

„Ich gucke mal, was die anderen machen. Kommst du mit?", fragte sie und er nickte. Sie nahm ihn wieder an der Hand und ging zurück in den Flur, wo Matthias oben auf der Leiter hockte und genau wie Oskar gestern mit dem Bohrhammer arbeitete. Ihr Vater hielt die Leiter fest und beobachtete ihn mit kritischem Blick. Sheila musste grinsen, denn in seinen Haaren, die er zu einem Knoten zusammengebunden hatte, klebte allerlei Staub und kleine Stückchen von der Wand. Als Matthias die Leiter ein Stück weiter schieben musste, bemerkte er sie erst. 

„Wie weit seid ihr?", fragte er, während er ein wenig unbeholfen die Leiter herunterstieg. 

„Fertig", antwortete sie und er sah sie überrascht an. 

„Zeig mal", sagte er, legte den Bohrhammer auf den Boden und ging in durch die Tür seines alten Zimmers in das neue große Schlafzimmer. Darren folgte ihm und Sheila sah, wie sie sich umsahen und dann durch ihre Zimmertür wieder herauskamen. 

„Sieht gut aus!", sagte ihr Vater, doch Matthias griff sie an den Kopf, als wäre ihm gerade wieder etwas eingefallen. 

„Wie viel Uhr haben wir?", fragte er entsetzt, während Darren auf seine Armbanduhr sah. 

„Gleich halb acht", antwortete er und Matthias schlug beide Hände über dem Kopf zusammen. 

„Du bist nicht schon wieder zu spät, oder?", fragte Sheila belustigt, doch seine Körpersprache war eindeutig. Er winkte schnell ihnen allen zu, dann sprintete er los. 

„Wenn ich mich beeile, bin ich nicht so viel zu spät", rief er noch und keine Sekunde später knallte er die Haustür zu. Jonathan neben ihr gluckste, doch Darren schüttelte den Kopf. 

„Wann kriegt er es endlich mal auf die Reihe?", seufzte er, dann lachte auch er. 

„Wie sieht es bei euch aus? Wollen wir morgen weiter machen?", fragte Darren und sah sie und Jonathan abwechselnd an. Jonathan warf ihr von der Seite einen Blick zu, doch dann bejahte er. Sheila lachte leise in sich hinein, denn anscheinend hatte er sich bei der Wand viel mehr verausgabt als sie selbst. 

„Okay, dann machen wir morgen weiter", schloss ihr Vater, schob die Leiter aus dem Weg und machte sich auf den Weg nach unten. Sheila nahm wieder Jonathans Hand und zog ihn hinter sich her. Es fühlte sich schön an, seine Hand zu halten und am liebsten würde sie es die ganze Zeit tun. Es war einfach eine kleine Aufmerksamkeit, die gleichzeitig eine Verbundenheit zeigte. Ville wollte nie Händchenhalten, er fand das peinlich. 

„Morgen kommen auch Laura und Karl zum helfen", sagte Jonathan, als ihr Vater gerade die Tür öffnete. Er warf ihm einen Blick über die Schulter zu. 

„Das ist nett, dass deine Freunde helfen", sagte er und ging er weiter in Richtung Auto. Offensichtlich war er auch froh, dass er nach Hause kam. Sie verabschiedeten sich, dann ging Sheila zu ihrem Auto. Erst als Jonathan seine Hand aus ihrer löste, fiel ihr wieder ein, dass er ja mit seinem eigenen Auto hier war. 

„Dann bis gleich", sagte er, doch da nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie überraschend leidenschaftlich. Als er sie wieder losließ, war sie ein wenig außer Atem. 

„Jetzt sind wir quitt mit überraschendem Körperkontakt", lachte er, strich ihr noch einmal über die Wange und ging dann zu seinem Auto. Sheila lachte, denn sie dachte daran zurück, wie sie ihm vorhin auf den Hintern gehauen hatte.

Sheila warf immer wieder Blicke in den Rückspiegel und beobachtete Jonathan, der hinter ihr her fuhr. Langsam spürte sie, wie sie müde wurde. Heute war wieder so viel passiert, dass ihr Hirn anscheinend erst verzögert auf das alles reagierte. 

Obwohl es erst ein paar Stunden her war, dass sie Ville getroffen hatte, kam es ihr vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her. Sie biss die Zähne aufeinander, als ihr wieder einfiel, wie sie ein paar Minuten lang geheult und dann Jonathan angerufen hatte. Er musste doch denken, dass sie Ville noch mochte und sie deswegen so durcheinander war. Doch eines war anders gewesen als sonst. Sie war nur ein paar Minuten traurig und verwirrt gewesen, dann hatte sie sich ablenken können. 

Während sie mit Jonathan die Wand zertrümmert hatte, waren ihre Gedanken nicht einmal zu Ville mit seinem frechen Grinsen gewandert. Sheila schüttelte den Kopf, als sie das kurze Gespräch noch einmal durchging. Er versuchte durchgehend sie zu manipulieren und ihr das Leben schwer zu machen. Ihm musste klar sein, dass sie nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte und doch versuchte er, ihre Beziehung zu Jonathan kaputt zu machen, einfach nur weil er gemein war und es ihr aus irgendeinem Grund versauen wollte. 

Ein Aufblitzen in ihrem Rückspiegel ließ sie aufblicken und erst da bemerkte sie, dass sie vor einer grünen Ampel stand. Sie beeilte sich loszufahren und hob reflexartig die Hand, um sich zu entschuldigen, doch da fiel ihr wieder ein, dass Jonathan hinter ihr fuhr. 

Es war seltsam, denn obwohl er nur die kurze Zeit während der Fahrt nicht bei ihr war, fühlte sie sich verletzlicher, als wenn er bei ihr wäre. Wenn er bei ihr war, fühlte sie sich viel selbstsicherer und ihre Gedanken spielten nicht so sehr verrückt. Allerdings war es in den letzten Wochen wirklich besser geworden mit ihr und sie brach nicht wegen Kleinigkeiten vollkommen zusammen. Sie hatte sich mehr im Griff und das schrieb sie eindeutig Jonathan zu. 

Slice of Life - A New Beginning ITempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang