Kapitel 133 - Sheila

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Sheila fing an zu zittern. Wenn Jonathan es nicht sehen sollte, konnte es nur etwas mit Ville zu tun haben. 

„Drehe ich durch, wenn ich das sehe?", fragte sie mit zitternder Stimme und klammerte sich an Johnny. Noch einen Liebesbrief von Ville würde sie nicht ertragen. 

„Kann schon sein", gab er zurück, dann führte er sie weiter in das Arbeitszimmer hinein und schloss die Tür hinter ihr. 

„Wir haben noch etwas aufgeräumt und dabei hat Oskar eine Art Geheimfach gefunden", fing Johnny an und ging in die linke Ecke an unter dem Fenster und kniete sich auf den Boden. Sheilas Herz pochte unangenehm. 

„Ist es... Hat er es für mich versteckt?", fragte sie leise, doch Johnny schüttelte schnell den Kopf. 

„Er hat es versteckt, aber er wollte mit Sicherheit nicht, dass du das findest", antwortete er, dann löste er eine Fußleiste und legte sie beiseite. Sie konnte nicht fassen, was gerade passierte. In ihrem Haus war ein Geheimfach? Was um alles in der Welt würde er vor ihr verstecken? 

„Ich hab Schiss, Johnny", gab sie zu und er warf ihr einen Blick über die Schulter zu. 

„Oskar und ich sind uns sicher, dass du damit etwas anfangen kannst. Aber.. bitte raste nicht aus, okay?", versicherte er sich und schnell nickte sie. Egal was er gleich aus dem Versteck holen würde, es war schlimm. Richtig schlimm. 

Johnny wandte sie wieder dem kleinen Spalt in der Wand zu und schob die Hand hinein. Er holte ein kleines Paket heraus, das in eine Plastiktüte gewickelt war. Waren das Drogen? Warum machte er so einen Aufriss, wenn es einfach nur Drogen waren? Das würde sie nicht überraschen, wenn es ein Paket voller Drogen wäre. Johnny hielt ihr die rote Plastiktüte hin und in seinen Augen lag eine Spur von Abscheu. 

„Sieh es dir an und entscheide dann, was du damit machst", sagte er ernst und sie musste einen Kloß hinunter schlucken. Sein Blick war so ernst und einfach nur untypischen für den sonst immer fröhlichen Johnny, dass ihre Hände unkontrolliert zitterten, als sie die Tüte nahm. 

Langsam wickelte sie sie auf und fühlte sich, als würde die Welt um sie herum stehen bleiben. Schließlich zog sie einen Stapel Papiere heraus. Zumindest dachte sie das, doch als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass es ausgedruckte Fotos waren. Schon das erste war zu viel. 

Sie wünschte, sie hätten das Versteck niemals gefunden. Sie zwang sich, die Fotos durchzusehen, doch ihr wurde schlecht, bevor sie sie alle hätte ansehen können. Sie packte die Bilder wieder in die Tüte und drückte sie Johnny an die Brust. Sie fühlte sich einfach nur angeekelt und ihre Abscheu gegen Ville stieg ins Unermessliche. 

„Hat Oskar das gesehen?", presste sie hervor und bei dem Gedanken wollte sie am liebsten vergessen, was Ville ihr erzählt hatte. Über seine Gedanken, die er angeblich nur hatte. Johnny nickte schwach. 

„Ist er okay?", presste sie hervor, doch Johnny schüttelte den Kopf. 

„Er ist ausgeflippt. Ich habe ihn noch nie so gesehen", gestand er, dann sah er sie eindringlich an. 

„Was willst du damit machen? Es würde ihn noch mehr belasten. Und du weißt, dass das illegal ist", fuhr er fort und legte ihr die Tüte auf den Schoß. Sie schien eine Tonne zu wiegen. 

Einen Moment brauchte ihr Hirn, bis es wieder seine Arbeit aufnahm. Sie hielt hier den Beweis in der Hand, dass Ville nicht nur pädophile Gedanken hatte. Er musste nach diesen Bildern gesucht haben und wer weiß, wo er sie herhatte. Schnell schlug sich sie die Hände vors Gesicht, denn sie wagte nicht, den Gedanken weiter zu denken. Keine Sekunde später spürte sie, wie Johnny die Arme um sie legte. 

„Ich bin für dich da, okay? Aber... wir fanden es wichtig, dass du das weißt. Das sollte dich in deiner Entscheidung gegen ihn bestärken", sagte er leise an ihrem Ohr. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sehr es das tat. Sie löste sich von ihm und stand auf. Johnny tat es ihr nach und warf einen Blick auf die Tüte in seiner Hand. 

„Ich verbrenne das", sagte sie dann bestimmt. Johnny erwiderte ihren Blick und nickte schließlich. 

„Okay", sagte er nur, dann atmete sie tief durch, nahm seine Hand und zog ihn hinter sich hier auf die Terrasse. 

Jonathan stand mit seinen Eltern im Garten und sie sahen sich noch immer die Blumenbeete an. Sie legte die Tüte auf den Tisch und lief schnell die kleine Treppe zum Hof hinunter, wo sie die Mülltonne aufriss und seinen Aschenbecher, den sie erst vor ein paar Tagen hier hinein geworfen hatte, herausholte. Sie spürte, dass Jonathan sie beobachtete, doch sie ignorierte ihn. Zuerst musste sie diesen Dreck vernichten. 

Sie lief zurück zu Johnny, der ein wenig unbeholfen da stand und stellte den Aschenbecher auf den Tisch. Die Tüte legte sie hinein, dann kramte sie aus ihrer Handtasche ein Feuerzeug und zündete eine Ecke der Tüte an. Es qualmte und stank furchtbar, als das Plastik anfing zu kokeln, doch sie wusste, dass es das Richtige war. 

Ja, sie wollte Ville nur allzu gerne eins reinwürgen, aber diese Fotos könnten sein Leben noch mehr zerstören. Sie wollte es einfach nur noch weg haben. Wie gebannt betrachtete sie das schwelende Plastik und bemerkte Jonathan und seine Eltern erst, als sie die kleine Treppe nach oben kamen. 

„Was macht ihr?", fragte Jonathan und legte seine Hand auf ihren Rücken. 

„Beweise vernichten", hörte sie sich sagen, doch dann riss sie den Blick vom Aschenbecher und sah ihm in die Augen. Er sah sie misstrauisch und gleichzeitig verletzt an. 

„Beweise wofür?", wollte er wissen, doch sie spürte, dass sie es ihm nicht sagen konnte. 

„Für seine Abartigkeit", rettete Johnny sie und stellte sich neben sie. 

„Guckt euch doch das Haus an, ich gucke hier, dass alles verschwindet", sagte er und lächelte. Er war einfach zu gut für diese Welt. Sheila nickte nur, dann schob sie Jonathan wieder ins Haus.

Slice of Life - A New Beginning IWhere stories live. Discover now