Kapitel 132 - Jonathan

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„Bist du aufgeregt?", fragte Jonathan Sheila, denn sie knabberte bereits die ganze Fahrt an ihren Fingernägeln. Wie ertappt ließ sie die Hände in ihren Schoß sinken und warf ihm einen langen Blick zu.

„Ja, ziemlich", gab sie zu und rutschte auf dem Beifahrersitz ein wenig hin und her. 

„Und du?", fragte sie ihn und musterte ihn aufmerksam. Jonathan horchte einen Moment in sich hinein, doch komischerweise war er nicht hibbelig, sondern eher versuchte er noch, diese einschneidende Veränderung zu begreifen. Es fühlte sich noch so an, als würde das nicht ihm, sondern jemand anderem passieren. 

„Ich glaube es dauert noch eine Weile, bis ich es wirklich fassen kann", gestand er. Sheila nickte gedankenverloren. 

„Geht mir genau so. Ich kann noch nicht glauben, dass du das für mich machst", sagte sie und und warf ihm wieder einen Blick zu. Jonathan musste grinsen. Es war einfach zu verrückt, aber er war sich sicher, dass es mit ihr etwas Ernstes war. Hoffentlich sahen seine Eltern das auch so. 

„Ich mache das nicht nur für dich, sondern für uns. Ich möchte mit dir zusammen wohnen und es ist einfach eine Chance dazu. Vielleicht kannst du mir gleich schon einmal zeigen, wie genau du es dir vorstellst", erwiderte er und lächelte sie an. Obwohl sie aufgeregt war, schien sie gleichzeitig nachdenklich zu sein. Sie erwiderte das Lächeln, doch es war nur kurz. 

„Ich habe ziemlich viele Ideen, aber die sprengen auf jeden Fall unser Budget", sagte sie dann und grinste in sich hinein. 

„Ach, wir werden es sicher auch so hinbekommen. Hauptsache ist, dass wir uns wohl fühlen", sagte er, woraufhin sie nur nickte. Trotzdem wirkte sie, als würde sie noch etwas vor ihm verheimlichen. Irgendetwas machte ihr Sorgen und er hätte zu gerne gewusst, was es war. Nicht nur, weil er neugierig war, sondern auch, damit er ihr vielleicht helfen konnte. Doch offensichtlich wollte sie nicht so recht mit der Sprache herausrücken. 

„An was denkst du?", fragte er dennoch, aber sie schnalzte nur mit der Zunge und schüttelte kurz den Kopf. Jonathan schluckte. Es tat ihm weh, dass sie nicht mit ihm darüber sprechen wollte. Er konzentrierte sich wieder auf die Straße und schwieg. 

Die ganze restliche Fahrt zermarterte er sich das Hirn, was ihr wohl ein solches Unbehagen bereitete. Ihm fiel immer nur eine Person ein, die dafür verantwortlich sein konnte. 

„Denkst du an Ville?", hörte er sich selbst sagen, ohne dass er es hätte verhindern können. Sie riss erschrocken den Kopf zu ihm herum und sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Sie stieß ein komisches Geräusch aus, dann schnaubte sie.

Einige Minuten später parkten sie vor ihrem Haus. Ein wenig ehrfürchtig sah er zum Haus, doch es stand noch immer einfach so da. Fast hätte er erwartet, dass sich ein riesiges schwarzes Maul öffnen würde und sie verschlang. So viele Erinnerungen verband er schon mit diesem Haus, wie musste es dann ihr gehen? 

„Komm, ich weiß, dass du viele Ideen hast, die du mir zeigen kannst", versuchte er sie aufzumuntern, doch sie lächelte nur schwach, bevor sie ausstieg und nicht ganz unsanft die Autotür zuknallte. 

Seine Eltern waren ebenfalls ausgestiegen und blickten zum Haus. Er konnte nicht recht einschätzen, was sie dachten, doch er spürte ein kleines Kribbeln im Bauch, wenn er daran dachte, dass dies bald sein Haus sein würde. Er ging mit ihr an der Hand ein Stück näher zu seinen Eltern. 

„Das hier ist es", sagte er und deutete mit dem Finger zum Haus. 

„Sieht doch ganz nett aus", sagte seine Mutter, doch sie wirkte angespannt. 

„Sollen wir reingehen?", fragte er Sheila, die nickte und eine Hand in ihre Hosentasche schob. Sie holte einen einzelnen Schlüssel heraus und ging zur Haustür. Erst als er näher kam, bemerkte er einen kleinen Zettel, der mit Klebeband an die Tür geklebt worden war. 

„Ruf mich an, wenn du rein gehst. Os", stand darauf. Sheila riss eilig den Zettel ab, dann warf sie ihm einen panischen Blick zu. 

„Ich...", fing sie an und drückte ihm den Schlüssel in die Hand. 

„Ich gehe kurz rüber und frage, was er will", sagte sie dann und kaum dass sie den Satz beendet hatte, rannte sie hinüber zu Oskars und Johnnys Haus. Sie klingelte gleich mehrmals. 

„Was hat sie?", fragte seine Mutter hinter ihm, doch er zuckte die Schultern. 

„Es war ein Zettel an der Tür, dass sie sich bei ihrem Nachbarn melden soll, bevor sie reingeht", antwortete er, doch gleichzeitig warf er einen besorgten Blick zu ihr hinüber. 

„Er ist sein Halbbruder", fügte er etwas leiser hinzu, doch dann sah er, wie Sheila wieder zurückkam. Hinter ihr ging Johnny, der mal wieder aussah, als würde er in einer Fernsehshow auftreten. 

„Hi", strahlte er, als sie wieder zu ihnen kamen und er stellte sich kurz vor. 

„Oskar ist arbeiten, aber ich weiß, worum es geht", berichtete er ernst, dann nahm er ihm den Schlüssel aus der Hand und schloss eilig die Tür auf. Sie gingen ihm hinterher und er merkte, wie seine Eltern sich umsahen. 

„Ich weiß nicht, ob Darren es dir gesagt hat, aber wir waren gestern Abend noch einmal hier und haben etwas gefunden", plapperte er daher und marschierte durch den Flur in das kleine Zimmer neben dem Bad. Abrupt blieb er stehen, sodass Sheila beinahe in ihn hineingelaufen wäre. Langsam wandte er sich um und sah ihr direkt in die Augen. 

„Das solltest nur du sehen", sagte er dann und warf ihm und seinen Eltern einen entschuldigenden Blick zu. Sheila nickte. 

„Ich kann euch ja schon einmal den Garten zeigen", warf Jonathan ein und sah, wie Johnny ihn erleichtert ansah. Er strich Sheila noch einmal über den Rücken, dann schob er seine Eltern zurück den Flur entlang. 

Slice of Life - A New Beginning IWhere stories live. Discover now